Schalke | Wagner ohne Zielsetzung: "Aus der Vorsaison lernen"

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Sein neues Kapitel bei Schalke 04 will David Wagner positiv angehen. Er betont weiterhin, dass es eine für ihn enorm spannende Aufgabe sei, die er unbedingt annehmen wollte. Im Interview mit dem kicker spricht er über seine Vorstellungen von Fußball, die Ziele mit S04, persönlichen Druck und die moderne Art der Arbeit, die heutzutage absolut notwendig ist.

Seit wenigen Wochen arbeitet David Wagner nun mit Schalke und um Schalke herum. Angefangen vom Einholen vieler Tests und Berichte über Leitungen und Werte der Spieler, befindet sich S04 derzeit inmitten der Saisonvorbereitung, wo man aktuell in Herzlake im Kurztrainingslager aufschlägt. Morgen steht ein Testspiel gegen Norwich City (18:30 Uhr) an.

Vor der Abreise interviewte der kicker noch Wagner und sprach neben seiner anstehenden Arbeit auf Schalke auch über persönliche Themen, beispielsweise wie er mit Druck umginge: "Damit habe ich tatsächlich kein Problem, nicht einmal vor ganz großen Spielen, von denen enorm viel abhängt. Ich arbeite nach dem Grundsatz, dass ich alles so gut mache, wie ich kann, und so immer behaupten kann, alles versucht zu haben." 

Der Druck sei zwischen Huddersfield und S04 ein ganz anderer, so Wagner. Während er bei seiner ersten Station als Profi-Trainer für gefühlt sämtliche Fragen verantwortlich war, sei auf Schalke die Arbeit auf die jeweiligen Kompetenzen verlagert - so fokussiere sich sein Druck natürlich besonders auf den sportlichen Bereich.

Während der Vorbereitung gibt es noch viel zu besprechen

Was Wagner momentan oft betont, ist, dass man sich zunächst keinerlei Zielsetzungen mache. Schon bei seiner ersten Pressekonferenz hat er das vorgegeben, er habe selbst erlebt, wie es ist, wenn man dauernd überperformen kann und dass etwaige Ziele dann ohnehin obsolet sind. Gerade nach der letzten Saison müsse man auf ganz andere Dinge achten: "Wir sind gut beraten, wenn wir erst einmal schauen, wo wir gerade herkommen. Schalke ist 14. geworden und hatte lange Schweißperlen auf der Stirn. Wir brauchen jetzt nicht von  Platz 4 oder 5 zu reden. Es geht darum, aus der Vorsaison zu lernen."

Ein Ansatzpunkt: Die Profis "allumfassend zu unterstützen"

Die neu aufgestellten Figuren, Rollen und Kompetenzen seien im "modernen Fußballbusiness inzwischen notwendig", urteilt Wagner. Mit dem Lizenzspieler-Koordinator,
Sascha Riether, Teambetreuer Massimo Mariotti und Sascha Lense als Sportpsychologe will man die Spieler und auch ihre Familien bestmöglich unterstützen, sodass die Rahmen für eine erfolgreiche Arbeit gegeben sind.

Dazu gehöre jedoch auch ​ein neu eingeführtes System, mit dem man schon im Urlaub und über die Vorbereitung sehr nah an den Spielern sein kann, beispielsweise bei Trainingsplänen in Urlaub. Ergebnisse und Werte werden "sogar in Echtzeit" übermittelt. "Das hat sehr gut funktioniert und dazu beigetragen, dass die leistungsdiagnostischen Daten schon in der Frühphase der Vorbereitung in einem überaus zufriedenstellenden Bereich lagen", urteilt Wagner. Seine Arbeit benötigt als Grundlage häufig viel Laufintensität und auch Laufbereitschaft, woran auch nun im Trainingslager weiter gearbeitet wird. "Es geht darum, die Spieler bestmöglich zu begleiten, und zu helfen, sobald etwas nicht gut funktioniert. [...] Wir hatten nur positive Rückmeldungen."

Zusammenarbeit des neuen Trios soll Früchte tragen

Die Zusammenarbeit zwischen Trainer Wagner, Sportvorstand Jochen Schneider und Kaderplaner Michael Reschke sei ebenfalls enorm wichtig. So soll es beispielsweise nur noch Transfers geben, wenn alle drei ihre Zustimmung geben. Dies sei "absolut richtig, wichtig und zeitgemäß", betont der 47-Jährige. "Wir pflegen einen intensiven, kritischen und offenen Austausch. Ein solches Teamwork schafft Qualität und Stärke." Auf den Ablauf eines Vorschlages zu einem Spieler angesprochen, Wagner weiter: "Jeder bringt seine Ideen ein. Mal kommt ein Name aus der einen Ecke, mal aus der anderen. Wir sind super vernetzt, konferieren per Telefon oder schicken uns gegenseitig per Handy Namen und Anregungen. Zudem ist Michael [Reschke] dabei, die Scoutingabteilung aufzubauen. Wir sind weit weg von fertig, sondern noch sehr nah dran am Beginn."

Der sportliche Bereich obliegt natürlich seinen Urteilen. An der Spielidee von Ralf Rangnick, von dem er viel gelernt habe, gefalle ihm besonders, dass sie "sehr temporeich, aggressiv, aktiv und dynamisch angelegt und dadurch auch emotional" sei. Das wolle er auch auf Schalke installieren. Eine klare Philosophie, mitgetragen und initiiert von Jochen Schneider.

Wagner im Austausch mit Rabbi Matondo - der 18-Jährige könnte in der kommenden Saison seinen Durchbruch schaffen und vom offensiven Stil profitieren

Ob er dabei etwas bevorzugt? "Ich bin flexibel, gleichzeitig aber weit davon entfernt, dass ich meinen Mannschaften acht verschiedene Systeme einimpfen will. Was ich auf jeden Fall bevorzuge, ist die Viererabwehrkette. Ich finde, dass man damit die defensive Stabilität sehr gut gewährleisten und gleichzeitig für einen guten Spielaufbau sorgen kann, auch über die Flügel. Die Dreierkette gehört allerdings auch zum Repertoire. Manchmal ist es ja auch von gewissen Faktoren abhängig, was man wählt", gibt Wagner zu Protokoll. Die Viererkette ist bislang auch immer Bestandteil der gespielten Testspiele gewesen.

Während aktuell im Kurztrainingslager in Herzlake vor allem grundlegende taktische Aspekte trainiert werden sollen, richte sich das richtige Trainingslager Ende Juli bis Anfang August im österreichischen Mittersill vor allem auf "die letzte nötige Grundlagenausdauer" - durch die Tests dort wolle man nochmal allen Spielern genügend Spielpraxis zukommen lassen.

Zunächst steht jedoch das morgige Testspiel gegen Norwich City an. Kurios: Man wird gegen den erst kürzlich verliehenen Ralf Fährmann spielen. "Es wird sicher ein eigenartiges Gefühl sein, für alle Beteiligten. Ich freue mich sehr, ihn so schnell wiederzusehen und bin neugierig zu erfahren, wie ihm die erste Zeit bei Norwich gefallen hat", so Wagner. 

Im Schalker Tor soll das Torwart-Trio Alex Nübel, Markus Schubert und Michael Langer in die kommende Saison gehen. "Wir sind auf dieser Position herausragend gut besetzt", urteilt der Coach. Doch ob es so bleibt? "Das steht für mich aktuell außer Frage. Das ist unsere feste Absicht, ebenso wie zu versuchen, ​mit Alexander den Vertrag zu verlängern. Es ergäbe für uns wenig Sinn, ihn in diesem Sommer abzugeben."

Zum Trainingslager in Mittersill wird dann auch​Weston McKenniezum Team zurückkehren, während Salif Sané durch den Finaleinzug beim Afrika-Cup mit dem Senegal zu dieser Zeit noch Urlaub haben wird.