Von der Jagd mit Katzen - der Fall Karim Benzema
Von Guido Müller
Es ist gut acht Jahre her, da José Mourinho einen flapsigen Spruch über einen seiner Star-Stürmer bei Real Madrid in die Welt brachte und ihn damit auf gewisse Weise bis heute stigmatisierte. Befragt nach den Kriterien, die für die Aufstellung seiner Offensiv-Formation eine Rolle gespielt hatten, antwortete der Portugiese mit der ihm eigenen Mischung aus weinerlichem Fatalismus und ätzender Ironie: "Wenn man keinen Jagdhund hat, muss man eben mit einer Katze jagen gehen."
Karim Benzema (31) - ein schnurrendes Kätzchen? Der einstige 35-Millionen-Mann (2009 von Olympique Lyon geholt) - nicht mehr als ein verspieltes Möchtegern-Raubtier, mit dem man die großen Kämpfe eher nicht ausfechten kann?
Seine Verteidiger werden da natürlich laut aufschreien und auf die Bilanz seiner nunmehr zehn Jahre "in Weiß" hinweisen. Die berichtet nämlich von 222 Toren in 462 Pflichtspielen für Real Madrid (laut transfermarkt.de). Eine stattliche Quote. Und Mourinho ist ja auch schon längst nicht mehr in Madrid.
Für seine Gegner ist jedoch die bloße Anwesenheit des Franzosen im Kader ein klares Signal dafür, dass die sportliche Führung nicht immer alles richtig macht. "Benzemal" wird er in diesen Kreisen auch gerne genannt, sowohl von Teilen des Boulevards als auch von den Fraktionen unter der Fan-Gemeinde, die dem Franzosen nicht so wohlgesonnen sind ("mal" heißt "schlecht" auf spanisch).
Dabei hat er eigentlich immer Tore geschossen. Mal weniger, mal mehr - so wie z.B. in den vergangenen Wochen. Da brach Benzema sogar Jahrzehnte alte Rekorde. Erst jüngst gegen Athletic Bilbao: mit seinem Dreierpack vom vergangenen Samstag hat Benzema jetzt die letzten acht Tore von Real Madrid erzielt. Selbst eine Klub-Ikone wie Ferenc Puskas (traf siebenmal in Folge und von keinem anderen Spieler unterbrochen für Real) lässt Benzema damit hinter sich.
21 Tore insgesamt sind es in der laufenden Meisterschaft. Wahrlich eine starke Ausbeute. Aber es sind Tore in einem Wettbewerb, in dem Real nicht mehr wirklich eingreifen kann. Die Meisterschaft ist gefühlt seit Monaten entschieden - Benzemas Tore wären gegen Ajax Amsterdam gefragt gewesen.
Und so ist Karim Benzema bis heute eigentlich nie so unumstritten gewesen, wie andere Real-Größen in den vergangen Jahren (Zizou, Ronaldo, CR7, Sergio Ramos, um nur ein paar zu nennen). Diesen Status wird er wohl auch nicht mehr erreichen.
Vielleicht ist es sein zurückhaltendes, beinahe phlegmatisches Wesen. Seine introvertierte Art. Benzema war und ist kein Lautsprecher. Und wird es auch nie sein. Aber in Madrid, zumal in der "Casa Blanca", muss man etwas energischer auftreten, wenn man vorne dabei sein will. In der Gunst der Fans, in der wohlwollenden Wahrnehmung der Medien. Oder man ist so göttlich gut wie sein Landsmann Zinédine Zidane. Der hat auch nicht viel außerhalb des Platzes gesprochen, aber dafür umso mehr auf dem Platz.
Deshalb ist es vielleicht auch kein Zufall, dass einer der wichtigsten Fürsprecher von Benzema dessen Trainer selbst ist. "Für mich ist Karim der beste Mittelstürmer der Welt", sagte Zidane bereits während seiner ersten Amtszeit als Trainer der Königlichen. Und auch ein absoluter Real-Insider wie Jorge Valdano vermutet: "Der Stammplatz für den Mittelstürmer ist auch in der nächsten Saison fest vergeben." An eine Katze, mit der Real in den letzten Jahren sehr erfolgreich Trophäen gejagt hat.