Alcacer begeistert alle - nur nicht Didi Hamann
In Zeiten schnell um sich schlagender überbordender Euphorie und voreiliger Bereitschaft, jede noch so zarte Andeutung von Talent postwendend mit der Geburt eines kommenden Megaweltstars gleichzusetzen, tun kritische Stimmen einfach mal gut. Eine von ihnen hat sich jetzt zu Wort gemeldet und über BVB-Torjäger Paco Alcacer ein Urteil abgegeben, das so gar nicht zu den Lobpreisungen passt, die seit Wochen über den Spanier regnen.
Didi Hamann (45) war schon als Spieler nicht dafür bekannt, Worthülsen zu fabrizieren und Dinge unbedacht einfach hinauszuposaunen. Seine ruhige, reflektierte Art wirkte zu seiner aktiven Zeit bisweilen anachronistisch. Der ehemalige Nationalspieler lebt heute in England, hat aber als Sky-Experte natürlich den Blick auch auf den deutschen Fußball nie verloren. Jetzt hat sich der frühere Bayern- und Liverpool-Spieler in der Personalie Paco Alcacer zu Wort gemeldet.
Dietmar Hamann teilt die helle Begeisterung für Alcacer nicht uneingeschränkt
In seiner Sky-Kolumne stellt Hamann zwar fest, dass die Borussia aus Dortmund "ohne die tollen und entscheidenden Tore von Paco Alcacer nie so erfolgreich" wäre (der Spanier traf in zehn Spielen zehnmal), doch moniert der einstige Mittelfeldstratege die ständige Rolle des Edeljokers für den in Torrent geborenen Ex-Barca-Spieler. Mit Sicherheit, so Hamann, habe die Borussia nicht 25 Millionen bezahlt, um lediglich einen genialen Joker in ihren Reihen zu haben.
Sollte der Angreifer aber nicht bald über diese Stellung hinauswachsen, könne sich etwas in dem Spieler selbst verfestigen. "Vor allem wenn er das immer hört und liest, glaubt er selbst, dass er "nur" ein Joker ist. Und dann wird es gefährlich", so der Experte. Doch es ist noch etwas anderes, was Hamann zweifeln läßt: Der noch nicht zufriedenstellende Fitnesszustand des 25-jährigen Spaniers. Hamann könne nicht nachvollziehen, dass der Spieler immer noch nicht das geforderte Level erreicht hat. "Wenn er jetzt noch nicht fit ist, wann denn dann?", fragt er in aller Deutlichkeit.
Mit Sicherheit ist an Hamanns Worten etwas dran. Alcacers Darbietung am vergangenen Mittwochabend beim Champions-League-Spiel gegen FC Brügge scheint ihn sogar zu bestätigen. Andererseits kann der Spanier mit Zahlen aufwarten, wie sie im Signal-Iduna-Park zuletzt von einem gewissen Robert Lewandowski erreicht wurden. Wie so oft im Fußball, wird man abwarten müssen, um zu sehen, in welche Richtung Alcacers Weg verläuft. Mit den gezahlten 25 Millionen Euro ist die Borussia, nach heutigen Maßstäben, ein vertretbares Risiko eingegangen. Und wenn der kleine, quirlige Spieler weiterhin so trifft wie bisher, wird er am Ende wohl auch Didi Hamann überzeugen.