Rangnick fassungslos: „Sowas habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt“

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Ralf Rangnick hat schon ruhigere Pressekonferenzen erlebt. Nach dem missglückten Auftakt in der Europa League stellt sich der Cheftrainer und Sportdirektor von ​RB Leipzig den Fragen der Journalisten. ​Eine 2:3-Pleite im heimischen Stadion gegen Schwesterverein FC Salzburg. Ein prestigeträchtiger Sieg für die Österreicher, der Leipzig umso mehr schmerzt, wie Rangnick auch heute noch anzumerken ist. Vor allem, als er disziplinarische Verfehlungen einzelner Spieler offenbar

Namentlich nennt er sie nicht. Rangnick sagt lediglich, dass er mindestens zwei Spieler nicht erst zur Halbzeit aus der Mannschaft genommen hätte, wenn er früher von deren Fehlverhalten erfahren hätte. Demnach dürften sich die Anschuldigungen gegen mindestens zwei der zur Halbzeit ausgewechselten Nordi Mukiele, Jean-Kévin Augustin und Bruma richten. Nachdem Rangnick heute von den „Vorfällen“ erfahren hat, sei er über das gestrige schlechte Spiel seiner Mannschaft nicht mehr verwundert. „Ich kann es auch bis heute noch nicht fassen“, bringt Rangnick seine Emotionen auf den Punkt.

Auch auf Nachfrage verrät der sportliche Leiter nicht, worum es sich im Detail handelte. Stattdessen bemängelt er die Abläufe vor einem Spiel im Allgemeinen. So erwähnt er eine Erneuerung des Handyverbots in der Kabine und kündigte Einzelgespräche mit Spielern an. “Manche haben sich nicht hundertprozentig auf das Spiel konzentriert“, spricht er der Mannschaft die richtige Einstellung ab. Das führe auch zu einer Kettenreaktion, wenn die ganze Mannschaft sieht, wie sich einzelne Spieler falsch verhalten, schimpft Rangnick weiter. Da könne man ja nur noch verlieren.

Rangnicks Interpretation: Der Europapokal wird bei vielen Spielern nicht ernst genommen. Auch taktisch hat sich seine Mannschaft nicht an die Vorgaben gehalten, kritisiert der Schwabe. So haben beispielsweise Nordi Mukiele und Stefan Ilsanker Querbälle gespielt, welche Rangnick deutlich angewiesen habe zu vermeiden; die Abwehr sei nicht energisch genug gewesen; Spieler seien in der Rückwärtsbewegung einfach stehen geblieben. Für Rangnick gibt es viele Faktoren in der Gleichung: „Das hatte überhaupt nichts mit einem Derby zu tun, wo zwei Mannschaften zeigen wollen, wer besser ist.“ Bei Salzburg habe das die komplette Mannschaft gewollt – bei RB Leipzig nur sechs oder sieben Akteure.

Das gestrige Schwesterduell gegen FC Salzburg fand Rangnick "grottenschlecht"

„Ich wusste, was auf uns zukommt.“ Sich selbst nimmt der ehemalige Sportdirektor des FC Salzburg weitgehend aus der Kritik heraus: „Einige Spieler [des FC Salzburg], die gespielt haben, habe ich damals geholt. Mir war schon klar, was für eine Qualität vom Gegner auf uns zukommt." Diese Moral habe seiner Mannschaft gefehlt: "Das hat offensichtlich leider ganz klar was mit Einstellung und Mentalität zu tun gehabt."

Dass er den FC Salzburg als Ausbildungsverein bezeichnet hat, tut ihm auch trotz der Beschimpfungen durch die Salzburger Fans im Stadion nicht leid. "Die gesamte österreichische Liga besteht aus Ausbildungsvereinen", bekräftigt er seine Aussage. Er fügt allerdings hinzu, dass sich auch Leipzig als Ausbildungsverein versteht, der nicht am oberen Ende der Nahrungskette steht.

„Man lernt offensichtlich auch mit 60 Jahren noch nicht aus“, so Rangnick fassungslos

Allerdings gesteht er ein, mit den Positionszuweisungen von beispielsweise Bruma und Mukiele einen Fehler gemacht zu haben. Er habe ihnen diese Positionen zugetraut und wurde laut eigener Aussage eines Besseren belehrt. "Manche sahen so aus als dachten sie: 'Na gut, wenn ich schon hier bin, stell ich mich eben auf den Platz'", moniert Rangnick.

Er nimmt die Spieler in die Pflicht: „Es wird wichtig sein, dass wir im Deckungsverbund stabiler werden, weniger Torchancen zulassen und so auch weniger Gegentore kassieren.“ Leipzig hat in dieser Saison bereits elf Gegentore in fünf Pflichtspielen hinnehmen müssen. ​Auch im DFB-Pokal ging man gegen FC Viktoria Köln zunächst früh in Rückstand. „Wir müssen als Mannschaft insgesamt kompakter und besser verteidigen", setzt Rangnick daher fort.

Gegen Hannover habe er schon gute Ansätze gesehen, aber das Spiel in Salzburg bezeichnet er als „zwei Schritte zurück“. Daher ist man gegen ​Eintracht Frankfurt am Sonntag in der Liga umso mehr gefordert. Gegen den Europa-League-Mitstreiter Frankfurt akzeptiert Leipzigs Trainer keine Entschuldigungen: „Frankfurt musste am Donnerstag auch spät antreten, von daher haben wir vor dem Duell am Sonntag physische Chancengleichheit.“

Personell müssen die „Roten Bullen“ zu Rangnicks Leidwesen weiterhin auf Lukas Klostermann verzichten. Der deutsche U21-Nationalspieler laboriert noch an einem geschwollenen Knie. Timo Werner könnte gegen Frankfurt eventuell wieder auflaufen, befindet sich bis dahin aber noch im individuellen Training. Daher kann sich Rangnick bei dem Stürmerstar noch nicht festlegen, würde sich aber freuen, wenn Werner fit wäre. Gute Nachrichten gibt es hingegen bei Marcelo Saracchi. Der Mittelfeldspieler wird Sonntag aller Wahrscheinlichkeit nach einsetzbar sein. Auch der gestern geschonte Emil Forsberg ist eine Option gegen die Eintracht.

Ralf Rangnick fordert eine Leistungssteigerung seiner Mannschaft - das Spiel am Sonntag müsse eine Reaktion auf die Niederlage gegen Salzburg werden.