Negativrekord und Abstiegsangst: Was bei Gladbach jetzt passieren muss
Von Leonard Schmidt

Die Krise am Niederrhein hat einen neuen, traurigen Höhepunkt erreicht. Mit der verdienten 1:3-Niederlage bei Union Berlin stellte Borussia Mönchengladbach einen negativen Vereinsrekord auf: 14 Bundesliga-Spiele in Folge ohne Sieg. Der vorübergehende Absturz auf den letzten Tabellenplatz ist die logische Konsequenz einer Entwicklung, die Fans und Verantwortliche alarmiert. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie tief die Fohlen noch fallen – und wie der Turnaround gelingen soll, bevor es zu spät ist.
Ein Offenbarungseid in Berlin
Das Spiel an der Alten Försterei war ein Spiegelbild der gesamten Misere. Gladbach wirkte in der Anfangsphase völlig überfordert, schläfrig und "nicht ready", wie Torschütze Haris Tabakovic es treffend formulierte. Nach naiven Abwehrfehlern und mangelnder Zuordnung lag man schnell mit 0:2 zurück. Interimstrainer Eugen Polanski sprach von verschenkten ersten 15 Minuten, in denen sein Team überhaupt nicht stattfand. Zwar kämpfte sich die Mannschaft durch Tabakovics Anschlusstreffer kurzzeitig zurück ins Spiel, doch unterm Strich fehlte es an fast allem: defensive Stabilität, offensive Ideen, Mut im Spiel nach vorne und die nötige Durchschlagskraft im letzten Drittel. Die schwächste Offensive der Liga (nur 6 Tore in 7 Spielen) offenbarte erneut ihre erschreckende Harmlosigkeit, während die Abwehr immer wieder unter Druck geriet und am Ende durch Rani Khedira den entscheidenden dritten Gegentreffer kassierte.
Der emotionale Weckruf der Fans als letzte Hoffnung
Trotz der desaströsen Serie und der enttäuschenden Leistung standen die mitgereisten Fans nach dem Spiel wie eine Wand hinter dem Team. Anstatt der erwarteten Pfiffe gab es einen außergewöhnlichen, emotionalen Appell per Lautsprecher, der durch Mark und Bein ging: "Der Verein ist das Größte [...] Dieser Verein darf nicht untergehen, vor allem nicht so. [...] Reißt Euch den Arsch auf, in jedem Spiel [...] lasst Euer Herz auf dem Platz!" Diese Worte, verbunden mit dem Versprechen, das Team immer zu unterstützen, wurden von den Spielern mit Applaus quittiert. Kapitän Rocco Reitz zeigte sich zwar sichtlich frustriert ("Es fällt momentan schwer, sich an Kleinigkeiten hochzuziehen"), betonte aber die Notwendigkeit, das Spiel gemeinsam aufzuarbeiten. Der Weckruf der Fans war unmissverständlich: Sie fordern Leidenschaft und Kampf, keinen Schönwetterfußball.
Statistiken lügen nicht: Die brutale Realität des Abstiegskampfes
Ein nüchterner Blick auf die Zahlen untermauert die dramatische Lage. Gladbach rangiert bei fast allen relevanten Offensiv-Statistiken laut Fotmob im unteren Tabellendrittel. Defensiv kassiert man zu viele Gegentore (2,1 pro Spiel) und lässt zu viele Chancen zu (nur Platz 11 bei xG zugelassen). Paradoxerweise gehört man bei Tackles pro Spiel (Platz 1) zur Ligaspitze – ein Indiz dafür, dass der Einsatzwille vorhanden ist, aber die taktische Struktur und individuelle Qualität fehlen. Noch alarmierender ist der historische Vergleich: Die aktuelle Punkteausbeute (3 Punkte nach 7 Spielen) und die Tordifferenz ähneln stark den Werten von Teams, die in den letzten Jahren abgestiegen sind. Ob Stuttgart, Köln oder Bochum - aus diesem tiefen Sumpf raus zu kommen ist ein wahrer Kraftakt. Für die genannten Teams war es nach dem siebten Spieltag schon zu spät und eine Verbesserung lies den Rest der Saison auf sich warten. Die Gefahr ist real und greifbar.
Schröders Mammutaufgabe beginnt jetzt
Alle Augen richten sich nun auf den neuen Sportchef Rouven Schröder. Er hat die Baustellen klar erkannt und bereits angekündigt, den Kader im Winter "anzuschauen", insbesondere die löchrige Defensive. Schröder deutete einen möglichen Umbruch an, bei dem Spieler mit auslaufenden Verträgen (Netz, Fraulo, Friedrich, Sippel) möglicherweise schon im Januar gehen könnten, um Transfereinnahmen zu generieren und Platz für dringend benötigte Verstärkungen zu schaffen. Er setzt auf Transparenz und klare Kommunikation mit Spielern und Beratern. Die Zeit drängt, denn der Kader braucht dringend frisches Blut, neue Impulse und vor allem Erfolgserlebnisse, um den drohenden Abstieg noch abzuwenden. Der emotionale Appell der Fans muss nun der Startschuss für eine Aufholjagd sein – angeführt von einem neuen Sportchef, der vor einer Mammutaufgabe steht.
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