Ist Harry Kane überhaupt noch ein Stürmer? - Darum war er so gut gegen den BVB

Nach seiner Gala gegen den BVB stellt sich die Frage: Was für eine Position spielt dieser Kane überhaupt?
Harry Kane - die Faust für Bayern
Harry Kane - die Faust für Bayern / Stefan Matzke - sampics/GettyImages
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Es war eine Leistung, die selbst im erfolgsverwöhnten Kosmos des FC Bayern herausragte. Beim knappen, aber verdienten 2:1-Sieg im Bundesliga-Klassiker gegen Borussia Dortmund war Harry Kane nicht nur Torschütze, sondern omnipräsenter Dreh- und Angelpunkt, Abräumer und Spielgestalter in Personalunion. Eine Performance, die selbst den bescheidenen Engländer zu einer seltenen Selbsteinschätzung verleitete.

"Eines der besten Spiele meiner Karriere"

Offiziell als Zehner hinter Nicolas Jackson aufgestellt, interpretierte Kane seine Rolle auf eine Weise, die alle taktischen Schablonen sprengte. Mal ließ er sich tief ins Mittelfeld fallen, um das Spiel aufzubauen, mal agierte er als Balleroberer auf der Sechs, nur um kurz darauf im eigenen Strafraum per Grätsche einen BVB-Abschluss zu verhindern. "Ich denke, es war eines meiner besten Spiele, wahrscheinlich sogar meiner Karriere", urteilte Kane nach der Partie bei Sky und erklärte seine Flexibilität: "Ich habe diese Rolle genossen. Es war körperlich anspruchsvoll, weil ich fast im Mittelfeld Box-to-Box gespielt habe."

Die Statistiken untermauern diesen Eindruck einer fast perfekten Vorstellung. Neben seinem Kopfballtor zum 1:0 verteilte er Bälle mit traumwandlerischer Sicherheit, was neun von zehn angekommenen langen Pässen belegen. Er gewann laut Fotmob zehn seiner dreizehn Zweikämpfe und war mit sechs erlittenen Fouls ständiger Unruheherd für die Dortmunder Defensive. Sein unermüdlicher Einsatz gipfelte in einer spektakulären Grätsche im eigenen Sechzehner zum Ende des Spiels.

Lobeshymnen von allen Seiten – Dennoch Kritik an den Bayern

Die Reaktionen auf Kanes Gala fielen entsprechend euphorisch aus. "Was er der Mannschaft alles gibt, ist herausragend", schwärmte Joshua Kimmich. CEO Jan-Christian Dreesen scherzte, man hätte "wahrscheinlich noch mehr bezahlt", wenn man gewusst hätte, dass Kane immer besser wird. Sportvorstand Max Eberl nannte ihn schlicht einen "Leader" und "Kopf dieser Mannschaft". Selbst Gegenspieler Nico Schlotterbeck musste neidlos anerkennen: "Er ist wahrscheinlich in Europa gerade der kompletteste Stürmer."

Doch bei aller Kane-Gala dürfen die Bayern die Augen vor den Problemen nicht verschließen. Die zweite Halbzeit war ein Ritt auf der Rasierklinge. Dortmunds hohes Pressing entblößte ungewohnte Münchner Schwächen und erzwang haarsträubende Fehler – Kimmichs Horror-Fehlpass direkt vor dem eigenen Sechzehner inklusive. Von dieser Kritik muss man aber einen Mann explizit ausnehmen: Harry Kane. Wo andere Weltklasse-Stürmer in solchen Zitterphasen abtauchen und vorne auf Bälle warten, rackerte der Engländer wie ein Berserker und war sich auch für die Drecksarbeit tief in der eigenen Hälfte nicht zu schade.

Olise glänzt, Jackson enttäuscht, Gnabry fehlt

Während Kane brillierte, erlebten andere Offensivkräfte unterschiedliche Abende. Michael Olise unterstrich mit seinem Treffer zum 2:0 und einer starken Gesamtleistung (Fotmob-Note 8,7) erneut seinen Wert. Leihgabe Nicolas Jackson hingegen erwischte bei seinem Startelf-Einsatz als Gnabry-Ersatz einen rabenschwarzen Tag (Note 6,7) und wurde folgerichtig nach 61 Minuten ausgewechselt. Sein schwacher Auftritt verdeutlichte, wie sehr der kurzfristig mit Adduktorenproblemen ausgefallene Serge Gnabry aktuell fehlt. Nicolas Jackson wirkte über weite Strecken wie isoliert im Bayern-Angriff. Zwar versuchte er, sich mit Läufen anzubieten, doch meist stand er verloren zwischen drei Dortmundern und war für seine Mitspieler keine echte Anspielstation.

Immerhin gab Max Eberl leichte Entwarnung: Gnabry könnte schon am Mittwoch in der Champions League gegen Brügge zurückkehren.


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