Gladbach in der Krise: Der Stand zur Seoane-Zukunft

Krisenstimmung bei Borussia Mönchengladbach. Nach einem 0:4 gegen Werder Bremen ließ Sportchef Roland Virkus die Zukunft von Trainer Gerardo Seoane offen. So ist der Stand beim Schweizer.
Ratlos: Gladbach-Coach Gerardo Seoane
Ratlos: Gladbach-Coach Gerardo Seoane / THOMAS KIENZLE/GettyImages
facebooktwitterreddit

Viel schlechter hätte die Bundesliga-Saison für Borussia Mönchengladbach nicht losgehen können. Nach einem eher enttäuschenden 0:0-Heimremis zum Start verloren die Fohlen vor der Länderspielpause in Stuttgart (0:1) - und kassierten nach der Länderspielpause im Borussia-Park eine krachende 0:4-Packung gegen Werder Bremen.

Ergebnis: Tabellenplatz 16, noch kein Tor in der neuen Bundesliga-Spielzeit, echte Krisenstimmung und eine Trainerdiskussion! Kommt es nach drei Spieltagen bereits zur zweiten Trainerentlassung am Rhein? In Leverkusen hatte Erik ten Hag bereits rekordverdächtig schnell seinen Hut nehmen müssen. Am Niederrhein könnte Gerardo Seoane folgen.

Der Schweizer stand bislang in 78 Pflichtspielen an der Seitenlinie für die Fohlen. 1,22 Punkte holte er dabei im Schnitt. In der Bundesliga warten die Fohlen unter Seoane nun aber schon seit zehn Partien auf einen Sieg. Nicht verwunderlich, dass Sportchef Roland Virkus am Sonntagabend kein Treuebekenntnis zum Trainer abgeben wollte.

Entscheidung über Seoane-Zukunft am Montag?

"Eine Nacht drüber schlafen - und dann muss man schauen."

Virkus über Seoane-Zukunft

"Ich verstehe die Nachfragen. Aber seht es mir bitte nach, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt, nach so einem Spiel, erstmal schauen muss, was die Gründe waren. Deswegen werdet ihr die Frage jetzt von mir nicht so beantwortet kriegen, wie ihr das vielleicht möchtet", erklärte er nach dem Spiel auf entsprechende Nachfrage in der Mixed Zone.

"Die Enttäuschung sitzt tief", gab Virkus zu und ergänzte: "Trotz alledem ist es meine Aufgabe, das Ganze sachlich zu besprechen, sicherlich nicht heute. Eine Nacht drüber schlafen - und dann muss man schauen." Ein klares Bekenntnis zum Trainer klingt sicher anders.

"Es ist kein positiver Trend."

Roland Virkus

Allerdings ließ Virkus auch durchblicken, dass es ebenfalls eine Option wäre, mit Seoane zu versuchen, aus der aktuellen Krise zu kommen: "Das ist schwer zu erklären, das muss ich ganz ehrlich sagen. Ich bin tief enttäuscht. Du musst jetzt gucken: Wo liegt das Hauptproblem? Und das musst du zusammen mit der Mannschaft und zusammen mit dem Trainer natürlich aufarbeiten und so schnell wie möglich abstellen."


Gladbach in der Krise: Die Zahlen

  • Seit saisonübergreifend zehn Bundesliga-Spielen ohne Sieg
  • Noch kein eigenes Tor an den ersten drei Spieltagen
  • Schlechter als 25/26 (0 Punkte, 0:5 Tore) ist Gladbach nur einmal in 58 Bundesliga-Jahren gestartet: 2015/16 (0 Punkte, 2:8 Tore)
  • 0:4 gegen Werder höchste Heimniederlage seit dem 5. Dezember 2021 (0:6 gegen Freiburg)

Fans fordern Seoane-Aus - Hack wird deutlich

Bei vielen Fans hat der Schweizer seinen Kredit aber längst verspielt. Nachdem die Fohlen in der Vorsaison eine mögliche Europa-Rückkehr in einem desolaten Endspurt aus der Hand gaben, ist in der neuen Spielzeit noch überhaupt keine Verbesserung zu erkennen. Schon zur Halbzeitpause gab es Pfiffe im Borussia-Park. "Es ist doch klar, dass die Fans ihren Unmut äußern, das kann ich völlig nachvollziehen", meinte Virkus dazu.

Die Klubführung dürfte zum Start dieser Woche auch intensiv über die Zukunft des Trainers reden. "Es ist sicher so, dass wir darüber reden werden und auch müssen, das aufarbeiten müssen - und dann schauen wir weiter", ließ Virkus offen, wie es weitergeht.

"Wir haben heute große Scheiße gespielt."

Robin Hack

Seoane selbst meinte zum nächsten bitteren Rückschlag: "Der Schlag fühlt sich für alle gleich an - für Fans, Spieler und Mitarbeiter. Diesen Rückschlag gilt es zu verarbeiten."

Flügelstürmer Robin Hack wurde da schon deutlicher: "Wir haben heute große Scheiße gespielt. Wir hatten trotzdem in der ersten Halbzeit viele Gelegenheiten, Tore zu machen. Das haben wir nicht geschafft, und dann bekommen wir aus zwei Situationen zwei Gegentore."

"Im Großen und Ganzen muss man einfach einiges ändern", so Hacks Fazit. Neu-Kapitän Rocco Reitz fügte hinzu: "Vorn zu kompliziert, das Tor nicht getroffen und hinten einfach viel zu leicht das Tor gefangen; keine richtige Zweikampfführung, immer falsch in den Räumen gestanden. Heute war vieles nicht gut."

Schwere Spiele in den kommenden Wochen

Während noch offen ist, ob Seoane am kommenden Spieltag noch Gladbach-Coach ist, dürfte ein Blick auf das kommende Programm nicht gerade für ein Aufhellen der Krisenstimmung sorgen. Für die Borussia geht es kommenden Sonntag nach Leverkusen. Dann stehen bis Ende Oktober Duelle gegen Frankfurt, Freiburg, Union Berlin und den FC Bayern an.

"Wenn du ein paar Mal nicht gewonnen und auch nicht getroffen hast, dann wird es ganz sicher nicht leichter. Dann baut sich schon Druck auf. Doch damit müssen wir umgehen können. Und dann bilden sich Charaktere heraus, die vorangehen", blickte Hack am Sonntag voraus. Und gab sich optimistisch: "Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir die Situation meistern. Wir müssen weitermachen, es heißt jetzt: Kopf hoch."

Horror-Debüt für Engelhardt

Für Last-Minute-Neuzugang Yannik Engelhardt, der als Joker sein Bundesliga-Debüt ausgerechnet gegen Jugendklub Werder Bremen feierte, war die Premiere im deutschen Oberhaus ein völliger Reinfall. "Mein erstes Bundesligaspiel habe ich mir komplett anders vorgestellt. Eine 0:4-Heimniederlage ist das Schlimmste, was passieren kann. Ich kann mich im Moment gar nicht über meine Premiere freuen", wird er von der Bild zitiert.

Engelhardt weiter: "Ich glaube, es hat jeder gesehen, dass Bremen einfach galliger war. Die waren in den Zweikämpfen voll da. Ich hatte das Gefühl, sie sind dreckig, wir nicht. Wir hatten schon Chancen, aber Bremen ist immer dazwischengekommen. Das hat bei uns gefehlt."

In Leverkusen müsse man "auf jeden Fall ein anderes Gesicht zeigen": "Es ist natürlich kein leichtes Auswärtsspiel. Aber diese Kompaktheit, genau das, was Bremen gezeigt hat, diesen Willen zu verteidigen, das müssen wir auch zeigen – und das ist nicht schwer. Das ist einfach nur eine Einstellungssache, die du ändern kannst. Die anderen Sachen kommen danach von allein."


feed