Krämpfe statt Kunststücke: Die harten ersten Wochen für Wirtz & Woltemade

Sie waren die Königstransfers des Sommers: Für über 200 Millionen Euro wechselten die DFB-Stars Florian Wirtz und Nick Woltemade von der Bundesliga nach England. Doch die Anfangsphase auf der Insel entpuppt sich als harte Bewährungsprobe - aber warum ist die Premier League so schwer?
Die beiden deutschen Exporte mit einem holprigen Start in die PL
Die beiden deutschen Exporte mit einem holprigen Start in die PL / Stuart Franklin/GettyImages
facebooktwitterreddit

Ganz Deutschland blickte im Sommer gespannt nach England und genauer auf Florian Wirtz (für 125 Mio. Euro zum FC Liverpool) und Nick Woltemade (für 90 Mio. Euro zu Newcastle United). Die ersten Wochen zeigen jedoch: Der Übergang in die als beste Liga der Welt geltende Premier League ist selbst für Spieler ihrer Klasse eine massive Herausforderung.

Physische Grenzen und deutliche Worte von Mitspielern

Wie Sport1 sehr gut beschreibt, sind besonders die körperlichen Anforderungen für beide Spieler eine große Herausforderung. Nick Woltemade erlebte zwar mit dem Siegtreffer bei seinem Debüt einen Einstand nach Maß, doch ein Blick hinter die Kulissen offenbarte sein Teamkollege Bruno Guimarães: "Wir haben gesehen, dass er noch nicht an die Geschwindigkeit der Premier League gewöhnt ist. Nach 45 Minuten bekam er Krämpfe."

Noch deutlicher sind die Probleme bei Florian Wirtz. Der einstige Leverkusen-Star wartet nach fünf Einsätzen für Liverpool noch immer auf seine erste Torbeteiligung und musste gegen Arsenal bereits mit Oberschenkelproblemen ausgewechselt werden. Ein Vorfall, den sein Trainer Arne Slot treffend als "Willkommen in der Premier League" bezeichnete.

Vor allem für Künstler wie Wirtz dürfte die hohe defensive Disziplin in der Premier League ein Problem sein. Mannschaften wie Wolverhampton oder Brighton sind es gewohnt, gegen 100-Millionen-Spieler zu verteidigen und zu kontern. Ob Manchester City, Liverpool oder Arsenal, die Dichte an Teams mit herausragenden Offensiven und Defensiven ist enorm.

Experten: Höheres Tempo, mehr Härte und Psychospielchen

Für Kenner der englischen Liga wie Kommentator Joachim Hebel sind diese Startschwierigkeiten folgerichtig. "Die Premier League ist intensiver, das Tempo ist noch höher", analysiert er und spricht von einer nötigen Anpassungszeit von etwa einem Jahr. Er verweist auf eine Physis, die in der Bundesliga selten zu finden sei: "Wenn in der nächsten Woche jemand kommt, der dich physisch auseinandernimmt - das hast du in der Bundesliga so vielleicht noch nicht erlebt."

Zusätzlich spiele der immense finanzielle Druck eine Rolle. Insbesondere bei einem Transfer wie dem von Wirtz sei die Motivation der Gegenspieler enorm: "Ich kann mir gut vorstellen, dass die Gegner sich da sagen, pass auf, dem zeigen wir es jetzt."

Brighton-Trainer und Ex-St.-Pauli-Coach Fabian Hürzeler bestätigt den Eindruck. Er verweist auf die großzügigere Linie der Schiedsrichter, die das Spiel "wilder" mache, und auf Statistiken, die belegen, dass in England mehr Zweikämpfe und Tacklings geführt werden.

Nicht zu vergessen ist auch die Fan-Kultur in England. Ein Blick auf Clubs wie Manchester United zeigt, wie massiv der Druck der unzufriedenen Fans sein kann. Ob man sich hier einen Kai Havertz, Thomas Tuchel, André Onana oder Antony anschaut - die Geschwindigkeit, in der die eigenen Fans lautstark gegen den Verein und die Spieler das Wort erheben, ist unvergleichlich. Wobei letztere eindrucksvoll bewiesen haben, wie befreit man aufspielen kann, sobald man aus diesem Strudel der Kritik entflieht.

Trotz der harten Anfangsphase bleibt Experte Hebel optimistisch. Er ist überzeugt, dass sich beide am Ende durchsetzen werden, denn die grundsätzliche Qualität sei unbestritten: "Wirtz hat auch schon Spiele gehabt, wo du gesehen hast, der hat es einfach. Das wird auf jeden Fall funktionieren, aber es wird Zeit brauchen."


feed