Die DFB-Frauen im EM-Formcheck: Der Angriff - Wie heiß läuft die Tormaschine?

Vorne gewinnst du die Spiele, hinten Meisterschaften – ein Spruch, den man im Fußball oft hört und der sich so auch bei zahlreichen Turnieren bestätigte. Im Fall der DFB-Frauen könnte man diesen Leitspruch allerdings auch kurzerhand umdrehen, denn die Offensive der deutschen Frauennationalmannschaft ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Europameisterschaft in der Schweiz. Eins ist nämlich klar: Ohne Tore gewinnt man kein Spiel. Und gerade im Frauenfußball, der immer temporeicher und technisch anspruchsvoller wird, ist ein starker Angriff oft der entscheidende Faktor.
Sturm-Trio in Höchstform?
Das Herzstück des deutschen Angriffs bilden ohne Zweifel Klara Bühl, Jule Brand und Lea Schüller. Die drei Offensivspielerinnen werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei einer Vielzahl der EM-Partien gemeinsam von Anfang an auf dem Rasen stehen. Damit haben die DFB-Frauen im Angriff etwas, das auf den anderen Positionen vermisst wird - Konstanz und Eingespieltheit. Denn Schüller, Bühl und Brand wissen, wie es ist, zusammen für die A-Nationalmannschaft zu spielen und offensiv für Furore zu sorgen. Andere Nationen würden sich die Flügelzange aus Bühl und Brand wohl regelrecht in ihrem Sortiment wünschen, denn beide gehören zu den Top-Außenstürmerin Europas. Während Klara Bühl das Interesse der besten Teams auf sich zog, wechselt Jule Brand im Sommer zu Olympique Lyon.
Brand und Bühl sind vom Spielerinnentyp so ähnlich wie unterschiedlich: Beide lieben es, sich mit ihren Gegenspielerinnen in Eins-gegen-Eins-Situationen zu messen und in die Box zu ziehen. Dabei kommt es allerdings auch nicht selten vor, dass die beiden dynamischen Spielerinnen hängen bleiben oder den Ball verlieren. Doch genau dieser Mut und die Frechheit braucht es, um gegen die Großen zu bestehen - auch wenn nicht immer alles gelingt. Denn sollten sie fünf Mal die Kugel verstolpern, aber kommen ein Mal durch und treffen, kann das den DFB-Frauen extrem weiterhelfen und Spiele entscheiden.
Doch Klara Bühl und Jule Brand sind ja auch nicht alleine dafür verantwortlich. Ganz vorne stürmt mit Lea Schüller eine Mittelstürmerin, die rechtzeitig zur EM wieder zurück zu alter Stärke gefunden hat. Gegen Ende der Saison kam die 27-Jährige bei Bayern wieder mehr zum Zug und nutzte ihre Spielzeit, um Leistung abzurufen. Christian Wück setzt auf die Stürmerin der Bayern und ließ sie in jedem Länderspiel in diesem Jahr von Beginn an auflaufen. Dabei traf Schüller in vier der sechs Spiele (sie erzielte fünf Tore).
Sei es mit dem Kopf, nach Solodribblings oder klassisch als eiskalte Abstauberin: Lea Schüller scheint zuletzt so ziemlich alles zu gelingen. Die deutsche Frauennationalmannschaft darf hoffen, dass es auch bei der EM in wenigen Wochen ordentlich "schüllert".
Starke Ersatzspielerinnen in der Hinterhand
Hinzu kommt, dass Christian Wück mit Selina Cerci, Giovanna Hoffmann und Cora Zicai drei starke Ersatzspielerinnen auf der Bank hat. Individuell bringen alle drei unterschiedliche Qualitäten auf den Platz, die je nach Gegner dem Spiel noch mal einen neuen Anstrich verpassen können. Während Hoffmann Wücks Positionsprofil einer Mittelstürmerin nahezu perfekt ausfüllt, kann Cerci flexibel auf außen oder im Zentrum eingesetzt werden. Der Bundestrainer sah die Hoffenheimerin zuletzt eher auf den Flügel. Bei den Kraichgauerinnen überzeugte Selina Cerci aber vor allem als Mittelstürmerin, netzte dort zuverlässig und gewann somit auch die Torjägerinnenkanone der abgelaufenen Bundesligasaison. Auch bei den DFB-Frauen macht die 25-Jährige mit fünf Toren in neun Spielen auf sich aufmerksam.
Internationaler Vergleich: Deutschland braucht sich nicht verstecken
Bei der Europameisterschaft misst sich wie zu erwarten die europäische Crème de la Crème - so auch in der Offensive. In England sorgen beispielsweise die Champions-League-Siegerinnen Alessia Russo und Chloe Kelly für Torgefahr, während die Offensive der Spanierinnen mit Mariona Caldentey , Claudia Pina und Salma Paralluelo ähnlich prominent besetzt ist. Große Namen gibt es also in jedem Kader, doch das ist ja bei Deutschland nicht anders. Mit am stärksten dürfte aber die französische Offensivriege um Katoto und Diani sein. Dort ist nämlich neben ordentlich Tempo auch ein hohes Maß an Dribbelfertigkeit vorhanden, wo bei jeder Verteidigerin die Knie schlottern.
Im Vorfeld der EM zeigte sich aber keine der Top-Nationen in so einer Trefferlaune wie die deutsche Frauennationalmannschaft. Wenn es gelingt, diesen Flow mit in das Turnier zu nehmen, brauchen sich die DFB-Frauen nicht verstecken. Denn sowohl Bühl, Brand als auch Schüller verfügen über eine hohe individuelle Qualität. Ein entscheidender Vorteil könnte sogar sein, dass die drei trotz ihres relativ jungen Alters (22, 24 und 27 Jahre) mehrere Turniererfahrungen sammeln durfte.
Fazit: Die Offensive der DFB-Frauen ist der Mannschaftsteil, der am meisten Hoffnung macht. In letzter Zeit strotzten die Angreiferinnen vor Spiellust und vor allem Treffsicherheit. Bundestrainer Christian Wück hat in der Offensive verschiedene Spielerinnen dabei, die zu unterschiedlichen taktischen Ausrichtungen passen und dadurch ein hohes Maß an Flexibilität versprechen. Hoffentlich feuern die DFB-Frauen bei der EM ein ähnliches Offensivfeuerwerk ab, wie das zuletzt in der Nations League der Fall war. Während in der Vergangenheit nämlich häufig die Chancenverwertung in die Mangel genommen wurde, landete in letzter Zeit nahezu jeder Ball im gegnerischen Kasten.
Die weiteren Formchecks:
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