Bayern-Boss Dreesen steigt in Debatte um Überbelastung ein - und kritisiert drohenden Spieler-Streik
Von Lennart Sörnsen
Die Debatte um die Überbelastung von Spielern im Profifußball wird derzeit intensiver denn je geführt. Auslöser waren Ende September die beiden Profis Kevin De Bruyne und Rodri von Manchester City. Beide hatten FIFA und UEFA scharf kritisiert. Die beiden Mittelfeldspieler bemängelten, dass es höchstem Niveau zu viele Pflichtspiele gebe. Hintergrund sind vor allem die zuletzt deutlich ausgeweiteten Wettbewerbe Champions League und Klub-Weltmeisterschaft. Künftig drohen Spieler so bis zu 80 Pflichtspiele in einer Saison. Für Rodri und De Bruyne eindeutig zu viel.
Insbesondere Rodri hatte die Debatte mit seinen Aussagen richtig angeheizt. Der 28-Jährige droht erstmals in der Öffentlichkeit mit einem Streik. Es gebe laut Rodi kaum noch andere Möglichkeiten, wenn die Warnungen der Spieler nicht endlich gehört würden. Daraufhin hatten sich mehrere Spieler mit dem Spanier solidarisiert, eine ganze Reihe von Profis aus verschiedenen Ligen dachte ebenfalls über einen Streik nach. In Deutschland war die Debatte allerdings noch nicht wirklich angekommen. Zwar gab es vereinzelte Äußerungen, insgesamt wurde das Thema aber eher wenig diskutiert. Bis jetzt.
Denn im Rahmen der aktuellen Länderspielpause wird das Thema auch in Deutschland immer heißer. Zunächst musste die Nationalmannschaft zahlreiche Absagen hinnehmen. Insgesamt sechs Profis, die bei der Europameisterschaft noch für die DFB-Elf auf dem Rasen standen, fehlen Bundestrainer Julian Nagelsmann im aktuellen Aufgebot.
Es steht daher im Raum, dass die Länderspielpause womöglich als Erholungspause genutzt wird und dafür Verletzungen vorgeschoben wurden. Kapitän Joshua Kimmich hatte diese Möglichkeit jedenfalls ins Spiel gebracht. "In der Vergangenheit war es schon so, dass der ein oder andere die Länderspielpause als Pause genutzt hat. Ich hoffe, dass wir viele Spieler haben, die das nicht tun", sagte der 29-Jährige im Rahmen einer Medienrunde. Aussagen, die aufhorchen lassen. Auch wenn er letztlich betonte, dass er sicher sei, "dass, diejenigen, die abgesagt haben, wirklich verletzt sind."
Bayern-Boss Dreesen sieht zwei Seiten des Problems
Am Freitag äußerte sich auch Jan-Christian Dreesen zur Belastung der Spieler. Für den CEO des FC Bayern München ist das Problem nicht so klar, wie es derzeit dargestellt wird.
Kritisch zeigte sich Dreesen zu den Streikdrohungen einiger Spieler. "Es ist nicht richtig, uns mit einem Streik von Leuten zu drohen, die in Bezug auf das Einkommen an der Spitze stehen", so der 57-Jährige. Dreesen betonte in diesem Zusammenhang, dass nicht alle Spieler gleich seien und verwies auf Kimmich. Dieser habe kürzlich gesagt, dass er sich "wahrscheinlich unbeliebt macht, aber immer gerne spielt - und gerne viele Spiele hat".
Dennoch betonte auch Dreesen, dass die Belastung der Spieler ein wichtiges Thema sei. Vor allem bei den Teams an der Spitze des Weltfußballs könne dies zu einem Problem werden. "Wenn wir eine Mannschaft wie unsere haben, mit 16 oder 18 Nationalspielern, die rund um den Globus zu verschiedenen Nationalmannschaftswettbewerben reisen, bedeutet das eine Menge ernsthafter Dinge in Bezug auf die Reisezeit, die sie benötigen. Für sie ist es definitiv schwer, die Arbeit zu erledigen, und wir müssen uns um ihr Wohlergehen kümmern."
Dass das Thema in Deutschland weniger heiß gekocht wird, mag auch daran liegen, dass die Bundesliga mit nur 18 Vereinen und einem Pokalwettbewerb schlichtweg weniger von den Problemen betroffen ist als etwa die spanische La Liga oder die Premier League in England. Für den FC Bayern sei die Belastung in den vergangenen Jahren sogar zurückgegangen, erklärte Dreesen. "Wir haben die letzten fünf Jahre im Schnitt 50 Spiele gemacht, davor waren es zehn Jahre lang durchschnittlich 52. Die Zahl unserer Spiele ist also de facto zurückgegangen."
Dreesen zeigte zwar Verständnis dafür, dass das Thema in anderen Ligen deshalb größer sei. Es gehöre aber "auch zur Wahrheit", dass die Trainer heute mehr Wechselmöglichkeiten hätten und die Profikader der Topteams größer seien als früher. Dadurch hätten die Mannschaften zumindest theoretisch mehr Möglichkeiten, zu rotieren und Spieler zu schonen.