Made in Bilbao - Das wohl beeindruckendste Phänomen des Weltfußballs

Der im Jahr 1898 gegründete Athletic Club de Bilbao hat schon einiges an Tradition vorzuweisen. Der Underdog aus dem spanischen Baskenland ist jedoch weitaus mehr als nur irgendein Verein aus der spanischen La Liga. Dieser Text soll genau das zeigen und dient als eine Art Hommage an diesen besonderen Verein aus dem spanischen Norden. Er soll dessen Werte und seine wahrscheinlich einmalige Geschichte aufzeigen, die definitiv mehr Wertschätzung und Aufmerksamkeit verdienen.

Ein spanischer Gigant über den keiner redet

Athletic Bilbao wie der Klub hierzulande meist genannt wird, ist seit der Gründung der La Liga bzw. der Primera División zur Spielzeit 1928/29 ununterbrochen Teil der höchsten spanischen Spielklasse. In diesem Zeitraum - der sich allmählich seinem hundertjährigen Jubiläum nähert - landeten die Basken insgesamt nur 16-mal nicht auf einem einstelligen Tabellenplatz. In ihrer langen Historie gewannen sie beachtliche achtmal die spanische Meisterschaft, unglaubliche 24-mal den spanischen Pokal, dreimal den spanischen Supercup und einmal die Copa Eva Duarte. Siebenmal wurde Bilbao spanischer Vizemeister und landete insgesamt 25-mal unter den Top drei Spaniens. Seit 2009 stand Bilbao sechsmal im Copa-Finale und gewann den spanischen Pokal zuletzt im vergangenen Jahr.

Dennoch fliegt der Athletic Club außerhalb Spaniens beinahe gänzlich unter dem Radar. Kaum jemand dürfte wirklich wissen, wie besonders dieser Verein aus dem Norden der iberischen Halbinsel ist und was ihn so besonders macht.

Erfolge:

• 8x spanischer Meister (letztmals 1984)
• 24x spanischer Pokalsieger (letztmals 2024)
• 3x spanischer Super-Cup-Sieger (letztmals 2021)
• 25x in den Top 3 der La Liga

Made in Bilbao

In den Statuten des Vereins ist verankert, dass nur baskische Spieler für Athletic Club auflaufen dürfen. Im Detail nur Spieler die aus den baskischen Provinzen Bizkaia, Gipuzkoa, Álava und Navarra (Spanien) sowie Labourd, Soule und Nieder-Navarra (Frankreich) stammen oder in der Jugend eines Fußballklubs aus diesen Provinzen ausgebildet wurden. Einkäufe großer Stars? Fehlanzeige! Fast alles, was Bilbao heute ist und je war, basiert auf der unglaublichen Arbeit aus dem eigenen Jugendbereich und regionalem Scouting. Alle Erfolge dieses Klubs zeugen von einer weltweit wohl einzigartigen Herangehensweise und machen ihn – nicht nur für mich – so groß und besonders, auch wenn er in seiner Außendarstellung so klein und unscheinbar wirkt.

Falls bis hier hin noch nicht klar ist was Bilbao so besonders macht: Stellt euch einfach vor, der 1. FC Nürnberg hätte acht deutschen Meistertitel und 24 Pokalsiege auf seinem Briefkopf stehen, ohne dabei jemals abgestiegen zu sein und überhaupt nur in zwei Spielzeiten überhaupt in die Nähe eines Abstiegsplatzes gekommen zu sein. Außerdem so gut wie jedes Jahr international vertreten und in der K.o.-Phase des jeweiligen Wettbewerbs sowie des nationalen Pokals – und das ausschließlich mit Spielern aus Franken! Wäre ganz schön beeindruckend, oder? Genau das ist aber mehr oder weniger der Weg der Basken aus Bilbao und findet meiner Meinung nach international viel zu wenig Anerkennung und Nachahmung.

Zu den nationalen Erfolgen gesellen sich in Bilbao auch regelmäßig wahre Festwochen im internationalen Geschäft. Erst in der abgelaufenen Saison hätten es die Basken beinahe ins Finale der Europa League geschafft, doch sie schieden gegen Manchester United aus und verpassten das Finale im heimischen Estadio San Mames. Die K.o.-Phase auf europäischer Bühne gehört für die "Los Leones" aber beinahe schon zum alljährlichen Selbstverständnis. 2012 verlor Bilbao erst im Finale der Europa League gegen Liga-Rivale Atletico Madrid.

Athletic Bilbao leistet unglaubliche Ausbildungsarbeit

Mit Wunderkind Nico Williams, Abwehrspieler Dani Vivian und Keeper Unai Simon stehen derzeit drei Profis von Athletic Bilbao im aktuellen Kader der spanischen Nationalmannschaft. Zuletzt war auch Bilbaos Mittelfeldstar Oihan Sancet immer wieder Teil der Selección und auch Innenverteidiger Aitor Paredes debütierte im vergangenen Jahr für die spanische Auswahl. Spaniens dritter Torwart, Alex Remiro, stammt zudem aus der Bilbao-Jugend. Unter anderem der 21-jährige Mittelfeld-Youngstar Mikel Jauregizar ist Teil der spanischen U21-Nationalmannschaft.

Aktueller Gesamt-Marktwert des Kaders der Basken: 367 Millionen Euro - und damit im Vergleich ganze 37 Millionen Euro über dem des VfB Stuttgart.

Die aktuell wertvollsten Bilbao-Stars:

• Nico Williams 70 Mio. €
• Oihan Sancet 60 Mio. €
• Dani Vivian 40 Mio. €
• Unai Simon 28 Mio. €
• Aitor Paredes 22 Mio. €

Unscheinbarer Klub mit großen Namen

In der Vergangenheit zählten in Bilbao zudem Spieler wie Iker Muniain, der ehemalige Chelsea-Torwart Kepa Arrizabalaga, der ehemalige Manchester-City-Star Aymeric Laporte, Ex-United-Star Ander Herrera, Sturm-Legende Aritz Aduriz, Torwart-Ikone Andoni Zubizarreta oder die ehemaligen Bayern-Stars Javi Martínez und Bixente Lizarazu zu den großen Stars von Bilbao.

Rekordtorschütze des Vereins ist bis heute Telmo Zarra mit 355 Toren in 351 Spielen. Der wertvollste Akteuer der jemals im Kader Bilbaos stand ist auch aktuell noch Teil des Teams: Nico Williams. Auch der Rekordspieler des Vereins steht mit Oscar de Marcos noch immer für Bilbao auf dem Platz.

Zu den bekanntesten Trainern der Vereinsgeschichte zählt die deutsche Trainerlegende Jupp Heynckes, der Athletic Bilbao von 1992 bis 1994 und von 2001 bis 2003 trainierte. Weitere große Namen auf der Trainerbank in Bilbao waren beispielsweise Marcelo Bielsa, Javier Clemente und Dragoslav Stepanović. Aktuell ist Ernesto Valverde Trainer der Leones, der den Verein bereits in der Vergangenheit erfolgreich trainierte.

Schaffe, schaffe Häusle baue

Bilbao ist kein großer Sponsorenmagnet. Angesichts der großen Konkurrenz durch den FC Barcelona, Real oder Atlético Madrid fällt es auch nicht gerade leicht aus dem Image der grauen Maus zu treten. Nebenher laufen andere Klubs wie der FC Valencia, Villarreal oder die Klubs aus Sevilla mit. Auch dank zahlreicher Top-Verkäufe – wie die Transfers von Kepa (für 80 Millionen Euro zum FC Chelsea), Laporte (für 65 Millionen Euro zu Manchester City), Javi Martínez (für 40 Millionen Euro zum FC Bayern München) oder Ander Herrera (für 36 Millionen Euro zu Manchester United) – steht Bilbao vermeintlich finanziell gut da. So konnte sich der Verein nach Planungsbeginn 2006 im Jahr 2013 auch den Umzug ins neu erbaute Estadio San Mamés ermöglichen, das direkt neben dem alten San Mamés aus dem Jahr 1913 errichtet wurde. Das Schmuckkästchen von Bilbao fasst 53.289 Zuschauer und kann bei Bedarf auf 58.000 erweitert werden. In der abgelaufenen Saison diente das San Mamés als Austragungsort für das Finale der Europa League.

Athletic Bilbao - eine Fußballromanze mit Alleinstellungsmerkmal

Athletic Club - ein Traditionsverein aus einer Stadt mit einer vergleichbaren Einwohnerzahl deutscher Städte wie beispielsweise Bielefeld oder Bochum. Die Stadt Bilbao zeichnet sich durch die harmonische Verbindung von Tradition und Moderne aus – und ihr Fußballverein steht dem in nichts nach. Dieser bodenständige Verein misst sich auf bescheidene Art und Weise mit den Größen des spanischen Fußballs, hält beeindruckend Schritt und bleibt dabei seinen Werten und Traditionen stets treu, ohne die heutigen Ansprüche des Profifußballs außer Acht zu lassen.

Eine Fußballromanze, die weltweit ihresgleichen sucht. In einer von Kommerz bestimmten und schnelllebigen Welt scheint die Zeit der Identifikation und Werte bei Athletic Bilbao beeindruckend und herrlich still zu stehen. Genau das macht diesen Verein so besonders.