Wie die ersten Monate von Leroy Sané beim FC Bayern zu bewerten sind
Von Florian Bajus

Seit Juli steht Leroy Sané beim FC Bayern unter Vertrag. In den ersten Monaten hat der Neuzugang sein Potenzial angedeutet, aber längst nicht ausgeschöpft. Mittelfristig dürfte er mehr als nur ein torgefährlicher Joker sein.
Ein Jahr lang hat der FC Bayern um Leroy Sané gekämpft, vor wenigen Monaten konnte der Rekordmeister endlich Vollzug melden. Mit einem Angebot in Höhe von kolportierten 45 Millionen Euro inklusive Boni über weitere 15 Millionen Euro konnten die Münchner Manchester City in den Verhandlungen überzeugen, kurz darauf unterzeichnete der deutsche Nationalspieler einen bis 2025 datierten Vertrag an der Säbener Straße.
Langfristig soll Sané die Außenbahnen des FC Bayern prägen und in die Fußstapfen von Franck Ribéry und Arjen Robben treten. Symbolisch erbte er infolgedessen die Trikotnummer des Niederländers, der sich mit seinem Siegtor im Champions-League-Finale 2013 zum Helden von Wembley gekürt hat.
Leicht ist ihm der Vereinswechsel aber nicht gefallen. Das hat allen voran mit dem vergangenen Jahr zu tun. Im August 2019 verletzte sich Sané am Kreuzband, sein Comeback feierte er im Februar bei Citys U23, für die er 57 Minuten im Spiel gegen den FC Arsenal auf dem Platz stand. In der Premier League durfte er Ende Juni noch einmal für elf Minuten gegen den FC Burnley ran, kurz darauf wurde der Wechsel nach München vollzogen.
Ohne Spielpraxis von 0 auf 100
Der Rekordmeister befand sich nach dem gewonnenen Double mitten in der Vorbereitung auf das Champions-League-Turnier in Lissabon. Da Sané weder für City noch für Bayern spielberechtigt war, hatte er einerseits genügend Zeit an seiner Fitness zu arbeiten, andererseits hatte er bis zu seiner Premiere beim Bundesliga-Auftakt gegen den FC Schalke 04 (8:0) ein Jahr ohne Wettkampfpraxis hinter sich. Glanzleistungen waren also nicht unbedingt zu erwarten - erst recht nicht, nachdem ihn anschließend eine Kapselverletzung den halben Oktober außer Gefecht setzte.
Seit seiner Rückkehr stehen praktisch nur noch englische Wochen an, zusätzlich wurde er im September und November für die Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft berufen. Ohne richtigen Rhythmus wurde er in den eng getakteten Spielplan geworfen. Das hat zur Folge, dass er sich einer hohen Belastung ausgesetzt sieht, die ihm angesichts der jüngsten Verletzungshistorie zu schaffen machen dürfte - und andererseits kann er sich aufgrund der raren taktischen Trainingseinheiten nur schleppend an die Anforderungen von Bayern-Coach Hansi Flick anpassen.
FC Bayern: Sané überzeugt als torgefährlicher Joker
In der Startelf vermag Sané aufgrund der Umstände noch nicht zu 100 Prozent zu überzeugen, vielmehr macht er seine Sache als Joker sehr gut: In elf Pflichtspieleinsätzen über 503 Spielminuten erzielte er fünf Tore und bereitete drei Treffer vor. Durchschnittlich ist er alle 63 Minuten direkt an einem Tor beteiligt.
"Man kann sagen, die Effizienz, die er hat, ist sehr gut", sagte Flick Ende November über Sané (zitiert via fussball.news). "Wenn er ins Spiel kommt, ist einfach noch mal eine Dynamik da - eine Steigerung der Dynamik. Und in den letzten Spielen, wenn er reingekommen ist, ist er immer für ein Tor gut - das zeichnet ihn aus."
Das hat der Flügelspieler allein in seinen letzten fünf Bundesliga-Einsätzen unterstrichen: Viermal kam er als Joker zum Einsatz, stand dabei insgesamt 154 Minuten auf dem Rasen. Das Resultat: Zwei Tore und eine Vorlage. Auch in den beiden Champions-League-Spielen gegen RB Salzburg traf er innerhalb von 43 Minuten zweimal.
Sané habe "enorme Qualität", sagte Flick, der weiß: "Nach so einer langen Verletzung ist auch klar, dass er immer noch braucht - und die Zeit bekommt er." Denn der 55-Jährige ist sich den Defiziten seines Schützlings bewusst: "Er hat aber - genau so wie viele andere Spieler gegen Salzburg [3:1, Anm.] - einige und unnötige Ballverluste gehabt. Und dann ist er auch im Eins-gegen-Eins nicht ganz so nachgesetzt. Es gibt aber auch Gründe dafür, und über die haben wir gesprochen."
Wo und mit wem könnte Sané mittelfristig von Beginn an spielen?
Mittelfristig ist Sané ein Stammplatz zuzutrauen. Die entscheidenden zwei Fragen lauten allerdings: Auf welcher Außenbahn will Flick ihn bevorzugt einsetzen? Und welcher Spieler wird für ihn weichen müssen? Sollte Kingsley Coman seine derzeitige Verfassung beibehalten, ist der Franzose nicht aus der Startelf wegzudenken - aber er fühlt sich wie Sané auf dem linken Flügel am wohlsten. Demnach müsste Flick einen der beiden auf die rechte Seite beordern und infolgedessen Serge Gnabry auf die Bank versetzen.
Eine erste Tendenz deutet darauf hin, dass Sané in einer Flügelzange mit Coman die rechte Angriffsseite übernehmen würde. Auf dieser wurde er in dieser Saison siebenmal eingesetzt - und rechtfertigte mit ebenso vielen Torbeteiligungen das Vertrauen des Trainers.