Hey, Werder: Am Ende der Jagd werden die Hasen gezählt

Werder Bremens Ziel sollte klar kommuniziert werden
Werder Bremens Ziel sollte klar kommuniziert werden / Martin Rose/GettyImages
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Bei Werder Bremen pocht man nach der Verpflichtung von Ole Werner endlich auf ein wenig Ruhe am Osterdeich. Klare Ziele werden in der Hansestadt noch immer nicht kommuniziert. Trotzdem sollten Marschroute und Einstellung klar sein. Ein Kommentar.


Der SV Werder schoss sich am Freitag gegen Erzgebirge Aue den Frust von der Seele. Vier Buden, darunter das erste Pflichtspieltor von Spielgestalter Romano Schmid, ein "Tor des Monats" würdiger Scorpion-Kick von Abwehrmann Milos Veljkovic und zwei Treffer des mehr als intakten Sturmduos aus Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug, ließen das Bremer Herz höher schlagen.

Die Kommentare von außen waren ebenso nervig wie deplatziert: "Wow, 4:0 gegen den Tabellenfünfzehnten. Das ist doch ein Pflichtsieg". Ja, ist es auch. Aber: Diese 2. Bundesliga ist die schwerste aller Zeiten. Das ist hinlänglich bekannt. Und ein Klub wie Aue hält sich seit nunmehr sechs Jahren ununterbrochen und tapfer im Unterhaus. Die letzten 19 Spielzeiten verbrachten die Veilchen nur drei Mal eine Etage tiefer - in Liga drei.

Werder-Profi Romano Schmid nach seinem Tor gegen Aue
Romano Schmid traf gegen Aue bilderbuchartig zum 1:0 für die Grün-Weißen / Martin Rose/GettyImages

Noch dazu ist die 0:4-Pleite im Bremer Weserstadion Aues bis dato höchste Pflichtspielniederlage der laufenden Spielzeit. Gegen Bremer Konkurrenten wie St. Pauli, Schalke, Nürnberg und den HSV spielte man gar unentschieden. Und ganz egal, wie namhaft (oder eben nicht) der Gegner erscheint: Jeder Sieg bringt Selbstvertrauen. Speziell in dieser Höhe und bei den genannten Torschützen. Endlich - nach 42 Spielen - hat auch Ösi Schmid seinen ersten Werder-Treffer auf dem Konto.

Wo sind die konkreten Ziele?

Jeder Sieg beflügelt die durch den Abstieg ein Stück weit zerbrochene Werder-Elf. Er beflügelt für den Wiederaufbau, aber auch Wiederaufstieg. Denn die Hanseaten müssen sich weiter klare Ziele setzen. Als Absteiger, der zuvor 40 Jahre ununterbrochen in der Bundesliga gekickt hat, 2004 das Double gewann, 2009 den Pokalsieg umjubelte, erst im UEFA-Cup-Finale nach Verlängerung gegen Donezk verlor und in der ewigen Tabelle auf Platz drei rangiert, kann es nur eine Zielrichtung geben: den verdammten Wiederaufstieg.

Doch Werder hat Angst, erneut zu scheitern. Wie bereits vor etwa vier Jahren, als man sich noch die Europa League auf die Stirn geschrieben hatte, am Ende das Ziel aber knapp verfehlte. Viele Fans nehmen nun eine Art Schutzhaltung ein. Der Verein kommuniziert - zumindest extern - überhaupt keine konkreten Ziele.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, lieber SVW!

Nun zu sagen: "Wir werden eh nicht aufsteigen", ist schlicht die falsche Einstellung. Am Osterdeich sollte so lange die Hoffnung über einen möglichen Wiederaufstieg herrschen, bis dieser punktetechnisch nicht mehr möglich ist - oder besser: geschafft wurde. Sich konkrete Ziele zu setzen, ist das A und O. Und zwar überall. In der Schule, in der Uni, im Unternehmen, im Fitnessstudio. Aber eben auch im Fußball.

Werder muss kämpfen, alles auf dem Platz lassen, nur auf sich blicken und - wie heißt es so schön - von Spiel zu Spiel schauen. Bis zur Winterpause möchten die Bremer gerne neun Punkte aus drei Spielen einfahren. Nach dem Sieg über Aue ist ein Drittel dieses Stufenziels bereits erledigt. Nun folgen wichtige Partien gegen Regensburg und Hannover. Der dritte Platz ist mit fünf Punkten Abstand definitiv noch in Reichweite.

Also: Die Hoffnung stirbt zuletzt, lieber SVW. Gerade jetzt, mit neuem Trainer und einem starken Sturm-Duo. Eine Saison ohne Hoffnung und Emotionen zu spielen, ist so unnötig wie alkoholfreies Stadionbier. Am Ende der Jagd werden die Hasen gezählt.