Werder-Doku: Bremen zeigt intime Einblicke - und das ziemlich gut
Von Simon Zimmermann

Am Montag wurden die ersten beiden Folgen der Doku von Bundesliga-Aufsteiger Werder Bremen veröffentlicht. Vier weitere werden unter dem Titel "Ein Jahr zweite Liga" folgen. 90min liefert einen ersten Eindruck. Achtung: Spoiler-Alarm!
Die Doku - zu sehen auf DAZN - geht emotional los. Es werden die letzten Momente des Werder-Spiels gegen Mönchengladbach in der Saison 2020/21 gezeigt - und dann ist Werder abgestiegen. Doch nur kurz darauf beginnt der "Wiederaufbau". Dieses Wort wird in den Sequenzen danach immer wieder vorkommen. Markus Anfang wird als neuer Cheftrainer vorgestellt, es werden Bilder von seiner Ankunft in Bremen gezeigt. Die Momente, in denen erst zum ersten Mal den Videokonferenzraum sieht, die Kabine - und den engen Fahrstuhl auf der Geschäftsstelle.
Dann bereitet sich die Mannschaft auf die neue Saison vor. Es werden interne Besprechungen gezeigt, Ansprachen von Ömer Toprak oder Anfang. Doch ein Gedanke schwebt bei den Spielern immer wieder mit: Bleibe ich - oder muss ich gehen? Markus Anfang sitzt in einer Szene unter anderem mit Clemens Fritz und Frank Baumann zusammen und erfährt, dass Yuya Osako vor dem Abschied steht. Ein Schlag für den damaligen Werder-Trainer, der Osako wenige Momente vorher noch für einen guten Auftritt gelobt hat.
Baumann rechnete mit Entlassung bei Niederlagenserie
Und was ist mit Ömer Toprak? Anfang will wissen, ob er bleiben kann oder bei einem Angebot verkauft werden muss. Fritz macht deutlich: Kommt ein Angebot, ist Werder wirtschaftlich gezwungen, ihn gehen zu lassen. Anfang nimmt es hin. Und Baumanns darauffolgende Worte sind bemerkenswert: "Wenn Ömer geht und wir zwei Spiele in Folge verlieren, bin ich weg." Denn der Manager, und das weiß er zu dem Zeitpunkt auch, war an der Weser angezählt. Nach dem Abpfiff beim 1:4 gegen den SC Paderborn brechen alle Dämme. "Baumann raus", hallt es von den Tribünen, die Spieler sind wütend. Und der Trainer auch.
Besonders interessant sind die Passagen, wo es um Werders angespannte finanzielle Situation und um mögliche Transfers geht. Anfang drängt in einem Gespräch förmlich darauf, jetzt mal endlich einen neuen Spieler zu holen. Und dann kommt er: Marvin Ducksch von Hannover 96. Bei der ersten Begegnung zwischen dem Trainer und dem Stürmer fällt der Satz: "Duckschi, jetzt verdienst du so viel Geld und hast noch immer keine heile Hose an…"
Nur einer von vielen Schmunzlern. Apropos Ducksch: Der erzielt in seinem ersten Spiel gegen Hansa Rostock gleich zwei Tore. Und Niclas Füllkrug, der sich selbst als zukünftiger Bankdrücker bezeichnet, sagt im Halb-Witz-Halb-Ernst-Modus: "Ich bin fit. Kauft mich, kauft mich."
Hoch interessant ist es auch, wie Werder den Last-Minute-Transfer mit Mitchell Weiser abwickelt. Die Verantwortlichen sitzen in einem Büro und diskutieren am Deadline-Day über Weiser. Anfang ruft den Spieler dann kurzerhand per Facetime an. Und Weiser? Der nimmt das Telefonat unter der Dusche an. Später mischt sich auch noch Leo Bittencourt in den Deal mit ein. Spannende Einblicke in so einen Transfer!
90min-Fazit nach den ersten beiden Folgen: Ein sehr gelungener Start in die Dokumentation. Sehr nah dran und interessante Einblicke ins interne Vereinsleben bei Werder Bremen. Vor allem ist es bemerkenswert, dass auch negative Momente - wie der "Bin ich weg"-Satz von Baumann nicht einfach raus geschnitten wurden. Jetzt stellt sich die Frage: Wird Werder sich in den kommenden Folgen ebenfalls so "nackt" präsentieren? Stichwort: Impfpassskandal.