Starke Transfers: Welche Rolle spielen Wolfsburgs Neuzugänge in der neuen Saison?
Von Helene Altgelt

Ein brandgefährlicher Angriff und eine aggressive Abwehr könnte der VfL Wolfsburg nächste Saison aufbieten. Der deutsche Meister hat sich in der Sommerpause mit fünf Akteurinnen verstärkt. Von Ergänzungsspielerinnen über Startelf-Kandidatinnen bis hin zur gesetzten Nummer eins im Tor ist alles dabei - was kann von den neuen Spielerinnen im grünen Trikot diese Saison erwartet werden?
Merle Frohms
Keine Frage: Frohms wurde als Nummer eins verpflichtet und wird, außer im Falle einer Verletzung oder ähnlichem, wahrscheinlich bei allen Spielen des VfL zwischen den Pfosten stehen. Damit ist es Wolfsburg gelungen, die in die USA abgewanderte Almuth Schult adäquat zu ersetzen. Frohms spielt seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau und hat bei der EM gezeigt, dass sie auch unter Druck ihre Leistung bringen kann. Auf internationalem Niveau hatte die 27-Jährige davor noch keine Erfahrung und wird somit bald ihr Debüt in der Champions League geben.
Mit Frohms hat Wolfsburg eine Torhüterin gewonnen, die mit dem Ball am Fuß die vermutlich sicherste in der Bundesliga ist. Vom gegnerischen Pressing lässt sie sich nur selten irritieren, ihre Abschläge sind genau. Teilweise könnte ihre Entscheidungsfindung noch besser sein, wenn der gegnerische Angriff heran rollt - herauskommen oder warten ist dann die Frage, und manchmal kommt Frohms etwas zu früh heraus. Andererseits klärt sie mit diesem aktiven Verhalten oft schon Bälle, bevor sie gefährlich werden und ist sehr in das Spiel eingebunden. Ihre Reflexe aus kurzer Distanz können sich ebenfalls sehen lassen.
Marina Hegering
Auch bei Marina Hegering gilt: Wenn sie fit ist, wird die deutsche Abwehrchefin auf dem Platz stehen. Ihre Qualitäten im Spielaufbau, in der Luft und in den Zweikämpfen sind für Wolfsburg unverzichtbar, ihre Mischung aus Robustheit und Intelligenz lassen sie aus der Masse von Innenverteidigerinnen herausstechen. Bei der EM war sie eine der Garantinnen für die deutschen Erfolge, in der Abwehrschlacht gegen Spanien etwa klärte sie viele Bälle und hatte noch dazu bei langen Pässen eine Genauigkeit von 78% - ein Grund dafür, dass Deutschland für Entlastung sorgen konnte. Es war kein Zufall, dass Deutschland im Finale ins Wackeln geriet, nachdem Hegering ausgewechselt werden musste.
Die Auswechselung lag, wie so oft, an einer Verletzung: Hegering hat sich am Fuß verletzt und wird nun für mehrere Wochen ausfallen. Nicht die erste Zwangspause in der Karriere der verletzungsanfälligen Hegering - das Wenn in "wenn sie fit ist" ist bei ihr deutlich größer als bei anderen Spielerinnen. Daher ist es schwer abzuschätzen, wie viel ihr Körper sie diese Saison spielen lässt. Falls Hegering aber über einen längeren Zeitraum fit bleiben kann, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie zu einer von Wolfsburgs Leistungsträgerinnen in dieser Saison wird.
Jule Brand
Dynamik, Schnelligkeit, Technik: Jule Brand gilt als eins der größten deutschen Talente derzeit, ihre Verpflichtung war auch ein Zeichen von Wolfsburg an die Konkurrenz. Andere Topclubs hätten Brand ebenfalls gerne aus ihrem Vertrag herausgekauft, aber Wolfsburg machte das Rennen - für Brand war das Gesamtpaket entscheidend, zudem hatten sich die Verantwortlichen sehr um sie bemüht, erklärte sie bei der Vertragsunterzeichnung. Brand hat einen kometenhaften Aufstieg hinter sich: 2019/20 spielte die 19-Jährige noch in der zweiten Bundesliga, ein Jahr danach wurde sie bereits von Martina Voss-Tecklenburg in die Nationalmannschaft eingeladen. Ihr Debüt, bei dem sie zwei Minuten nach der Einwechselung ein Tor erzielte und nochmal drei Minuten später eins auflegte, wird noch einigen in Erinnerung geblieben sein.
Gegen ein solches Debüt hätte Brand vermutlich auch bei Wolfsburg nichts einzuwenden. Ob sie dabei wieder von der Bank kommt, ist noch nicht klar. Sicher ist aber, dass Tommy Stroot im Angriff sehr viele Optionen hat: Für den rechten Flügel im 4-3-3 System, der Jule Brand am besten liegt, kommen auch Svenja Huth und Tabea Waßmuth infrage. Möglich ist auch, dass Huth diese Saison eher auf links eingesetzt wird, da Wolfsburg auf rechts jetzt einige Optionen hat. Brand kann auch im Mittelfeld spielen, die Position als Schienenspielerin bei einer Dreierkette liegt ihr ebenfalls. Diese Flexibilität ist auf jeden Fall ein Pluspunkt für die junge Nationalspielerin.
Sara Agrez
Agrez ist Verteidigerin und war bei ihrem vorherigen Club Turbine Potsdam Kapitänin - die 23-Jährige kann also Verantwortung übernehmen. Sie kann sowohl auf links als auch als Innenverteidigerin spielen, wobei sie bei Wolfsburg vermutlich eher als Back-up für Felicitas Rauch eingeplant ist. Im ersten Testspiel gegen Eindhoven kam sie auch auf dieser Position zum Einsatz. Trotzdem kann ihre Flexibilität natürlich nicht schaden, gerade angesichts Hegerings Verletzungsanfälligkeit. Außer ihr und Janssen hat Wolfsburg schließlich keine Spielerinnen, deren eigentliche Position die Innenverteidigung ist - auch wenn Hendrich, Wedemeyer und Demann dort schon gespielt haben.
Agrez ist vermutlich der Ersatz für Sofie Svava, die im Winter zu Real Madrid gewechselt war. Unter Stroot war sie wenig zum Zug gekommen, zumindest nicht in den großen Spielen. Auch Agrez wird vermutlich eher gegen Meppen und Co. spielen, um Rauch zu entlasten, besonders in den englischen Wochen. Bei Potsdam war sie aber eine absolute Leistungsträgerin und hat das Potenzial, früher oder später auch bei Wolfsburg zur Stammspielerin zu avancieren.
Kristin Demann
Demann ist vor allem eine Spielerin für die Kaderbreite, was auch Ralf Kellermann, Wolfsburgs sportlicher Leiter, bei ihrem Wechsel andeutete: "Mit Kristin verstärkt uns zur neuen Saison eine Spielerin, die national und international über große Erfahrung verfügt. Mit ihren sportlichen Qualitäten im defensiven Mittelfeld sowie als absolute Teamplayerin wird sie unserem Kader in jeder Hinsicht guttun", erklärte er.
Demann ist wohl primär als Back-up für Lena Oberdorf gedacht, die für die wichtigen Spiele ausgeruht und fit sein soll. Auch für den - bei ihr nicht ganz so unwahrscheinlichen - Fall einer Gelbsperre, wäre Demann zur Stelle.
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