Schalke geht einer Schicksalswoche entgegen: Ein wahrer Offenbarungseid

Auf Schalke wackelt der Trainerstuhl von David Wagner nach wie vor
Auf Schalke wackelt der Trainerstuhl von David Wagner nach wie vor / DeFodi Images/Getty Images
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Eine Niederlage gegen den FC Bayern an sich ist - zurecht - längst kein Todesurteil. Die Umstände machen Schalke nach der großem Blamage vom Freitagabend aber schwer zu schaffen. Trainer David Wagner scheint nur noch am seidenen Faden zu hängen, gegen Bremen wartet ein Schicksalsspiel. Dass es am zweiten Spieltag soweit gekommen ist, ist ein Offenbarungseid.

Die Umstände der peinlichen 0:8-Blamage aus der Sicht von Schalke 04, eingefangen am Freitagabend gegen den FC Bayern, sind glücklicherweise schnell erklärt. Amateurhaft verteidigt und ausgespielt worden, offensiv weiterhin keinerlei Ideen oder Konzepte, ein augenscheinlich zerrüttetes Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft.

Nicht falsch verstehen: Gegen eine Mannschaft, die so gut besetzt und in einer so bestechenden Form ist, wie es die Münchener derzeit sind, gut auszusehen, ist wahrlich keine einfache Aufgabe. Dass es nahezu widerstandlose Zustimmung gibt, wenn man sagt, gegen die Bayern könne man gut und gerne verlieren, ist angesichts des Zustands der Bundesliga zwar ein anderes Thema, im Bezug auf dieses S04-Spiel aber wahr. Und trotzdem muss am Ende eine erneut blamable Leistung konstatiert werden.

Die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben: Benjamin Stambouli
Die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben: Benjamin Stambouli / CHRISTOF STACHE/Getty Images

Nimmt man die letzte Saison mit dazu, war es das siebzehnte sieglose Liga-Spiel in Folge für Königsblau. Eine Serie, die schwarzer und desaströser eigentlich nicht werden kann. Damit aber nicht genug: Die Auftritte, die diese Resultate mittlerweile über mehr als ein halbes Jahr (!) begleiten, sind mindestens ebenso peinlich wie die Ergebnisse selbst. Die wöchentlichen Fazits seitens Wagner, der seit Februar durchweg betont, er wisse um die Probleme, wirken da nur noch nach dem Phrasendreschen, das bei manch einer Sport-Sendung so manches karikatives Projekt alleine finanzieren könnte.

Schalker Fokus auf Bremen: Wagner-Aus am zweiten Spieltag denkbar

Die Partie müsse schnellstmöglich abgehakt und vergessen werden, so der angeschlagene S04-Coach sinngemäß weiter. Da hat er völlig Recht. Der absolute Fokus muss nun der Partie gegen Werder Bremen gelten, die man am Samstagabend in der Veltins-Arena empfangen wird. Ein Spiel, das eine Schicksalswoche einleiten kann und womöglich auch wird. Die WAZ vermutet bereits, dass Wagner seine Sachen packen muss, sollte es keine eindeutige Reaktion der Mannschaft geben. Heißt: Liefert Schalke am kommenden Samstag nicht ab, könnte es schlussendlich doch zum Aus des Trainers kommen.

Mit Sieglos-Partie Nummer 18 könnte das Aus für David Wagner folgen
Mit Sieglos-Partie Nummer 18 könnte das Aus für David Wagner folgen / Alexander Hassenstein/Getty Images

Dabei ist diese Situation so bezeichnend für die letzten Entwicklungen des Vereins: Auf der einen Seite wäre eine Entlassung Wagners wohl längst überfällig und ein Festhalten an ihm nicht zu erklären gewesen. Kontinuität ist wichtig, sollte forciert werden - aber nicht um der reinen Kontinuität willen. Auf der anderen Seite wäre es ein absolutes Armutszeugnis, sollte es am zweiten (!) Spieltag einer neuen Saison zu einem Trainer-Rauswurf kommen. Es würde nur eindrucksvoll beweisen, wie die letzten Wochen der Saisonvorbereitung und die letzten Monate weggeworfen wurden.

Kurioserweise könnten diese Worte auch dem Gegenüber am nächsten Wochenende gelten. Bei Werder Bremen ist Florian Kohfeldt auch nicht mehr der Zukunfts-Trainer, den er über eine lange Zeit zurecht hat darstellen können. Zwar ist die Lage (noch?) nicht so aufgezeigt und drastisch wie beim S04, doch wirklich entspannter ist sie auch nicht. Die Auftakt-Niederlage gegen Hertha BSC (1:4) hat - ebenfalls ähnlich wie bei den Gelsenkirchenern - ungute Erinnerungen an die letzte Saison geweckt.

Mit dem kontinuierlichen Scheitern Wagners steht auch Jochen Schneider in der Kritik
Mit dem kontinuierlichen Scheitern Wagners steht auch Jochen Schneider in der Kritik / DeFodi Images/Getty Images

Bei Blau-Weiß scheint die Krise, die sowohl sportlich, als auch finanziell seit geraumer Zeit anhält, sehr vielfältig zu sein. Natürlich ist David Wagner nicht ausnahmslos für den aktuellen Zustand der Mannschaft und des Vereins verantwortlich, keineswegs. Große Probleme gibt es seit vielen Jahren, der Verschleiß an Trainern ist ein gutes Sinnbild dafür. Auch das bislang als marode umschriebene Scouting ist immer wieder ein großes Thema, wenn es darum geht zu erklären, wie ein so großer Klub den Anschluss so verlieren konnte.

Schalke steuert der Schicksalswoche entgegen - Kaum Hoffnung auf Besserung

Nichtsdestotrotz steht Wagner derzeit im Fokus und in der Verantwortung, ebenfalls zurecht. Dass er das tut, sowohl im Erfolg, als auch in der Krise, hat er selbst in der Saison-Analyse erklärt. Ein ganz wichtiger Punkt, der zurzeit für viele Sorgenfalten sorgt: Der Zusammenhalt der Mannschaft in Verbindung zum Coach. Es scheint sie schlichtweg nicht (mehr) zugeben. Die sportliche Talfahrt, in Kombination mit so manchen zweifelhaften öffentlichen Aussagen gegen das eigene Team mitsamt so mancher eher fragwürdigen Personalentscheidung auf dem Platz dürfte das Band schon vor Monaten zerschnitten haben.

Dass es angesichts einer solche Lage zu Unruhe innerhalb der Mannschaft kommt, ist ebenso verständlich wie gefährlich. Sport1-Reporter Patrick Berger erklärte im Doppelpass am Sonntagvormittag, dass sich Amine Harit und Suat Serdar in der Kabine keinesfalls mit geäußerten Wechselwünschen zurückhalten würden. Ganz ehrlich: Wer würde es ihnen verübeln? Junge Spieler, die eine Menge Potenzial haben, möchten derzeit einfach nicht langfristig für Schalke spielen. Dahinter steckt eine Menge Arbeit.

Eine Vertragsverlängerung ist bei Suat Serdar wohl kein Thema mehr
Eine Vertragsverlängerung ist bei Suat Serdar wohl kein Thema mehr / DeFodi Images/Getty Images

Und so läuft es in der kommenden Woche, Tag für Tag, auf eine Art Schicksalsspiel hinaus. Die Begegnung gegen Bremen, von Pay-TV-Sender Sky zum Top-Spiel ernannt, wird richtungsweisend sein. Mit sehr viel Unruhe, einer großen Portion Verunsicherung, einem offenbar dysfunktionalen internen Verhältnis und fehlenden Strukturen, an denen sich ein Team festhalten kann, bangt Schalke dem nächsten Wochenende entgegen. Sollten dann noch ein paar Tausend Fans im Stadion sein, kann es sehr ungemütlich werden.


Autor Yannik Möller ist auch bei Twitter zu erreichen