Schalke braucht Fans und "Neuzugänge ohne Geld" - Neuer Kredit durch fehlende Tickets

INA FASSBENDER/Getty Images
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Die derzeit äußerst angespannte finanzielle Lage auf Schalke ist - den Umständen entsprechend - erst einmal unter halbwegs sicherer Kontrolle. Schon jetzt aber kann der angeschlagene Verein mit fehlenden Einnahmen von etwa 15 Millionen Euro rechnen. Sportvorstand Jochen Schneider betont das notwendige Umdenken innerhalb von S04.

Die durch den ausgesetzten Spielbetrieb zunächst eingefrorenen TV-Gelder bereiteten so manchem Bundesligisten Sorgen, auch Schalke 04 war von der finanziellen Ungewissheit betroffen. Bedeutsame und eingeplante Einnahmen in Millionen-Höhe, die bei S04 zwar bereits zweckentfremdet, aber doch enorm wichtig waren.

Mit der geplanten Fortsetzung der Liga am kommenden Wochenende fließen auch die Medien-Einnahmen. Ein wichtiger Schritt für Königsblau: Zuvor musste sich der Verein mit zahlreichen Sparmaßnahmen über Wasser halten - von Gehaltsverzicht bei den Profis, über Kurzarbeit im Verein bis hin zum nahezu Anbetteln der Fans, auf Kostenerstattung bei (Dauer-)Karten und Logen zu verzichten.

15-Millionen-Euro-Loch durch fehlende Dauerkarten-Einnahmen: Schalke plant im Gegenzug mit Fremdfinanzierung

Schlechte Aussichten gibt es allerdings trotzdem: Zur neuen Saison drohen satte 15 Millionen Euro zu fehlen, die sich sonst aus den Dauerkarten speisen. Kommunikations- und Marketing-Vorstand Alexander Jobst hatte gegenüber der WAZ erklärt, dass Schalke seinen 43.000 Dauerkarten-Inhabern zu Saisonbeginn keine Tickets anbieten kann (via Reviersport):

"Wir können jetzt schon festhalten, dass wir nicht wie in den vergangenen Jahren im Sommer den Dauerkarten-Einzug unserer Dauerkarten-Inhaber erbitten werden, weil wir nicht von 17 Bundesliga-Heimspielen mit Zuschauern ausgehen können."

Alexander Jobst steht zurzeit oft im Fokus: Häufig mit eher schlechten Nachrichten
Alexander Jobst steht zurzeit oft im Fokus: Häufig mit eher schlechten Nachrichten / TF-Images/Getty Images

Ein wichtiger Punkt, den Jobst damit anspricht. Die Bundesliga wird am kommenden Wochenende, Mitte Mai, zwar fortgeführt - aber auf äußerst wackeligen Füßen und ohne Zuschauer. Da auch ein sicherer wie marktfertiger Impfstoff weiterhin nicht für die nächsten Monate in Aussicht steht, wird man wohl davon ausgehen können, dass es in diesem Kalenderjahr - auch zur neuen Saison - keinerlei Fußball-Spiele mit Zuschauern im Stadion geben wird. Das hatten auch Experten wie der Virologe Alexander Kekulé vorhergesagt.

Die fehlenden 15 Millionen Euro sollen, so die WAZ weiter, vermutlich durch eine sogenannte Fremdfinanzierung ausgeglichen werden. Im Klartext wird das wohl heißen, dass Finanzvorstand Peter Peters erneut auf Kredite zurückgreifen muss. Schalke knabbert im Hintergrund noch immer an fast 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten, obwohl die Veltins-Arena bereits vor etwa einem Jahr abgezahlt wurde.

Zahlreiche Millionen Euro, die die Vereinsführung in nicht eingeschlagene Transfers investierte, während Kredite offenbar notwendig waren und zukünftige Fernsehgelder bereits im Vorfeld investiert wurden. Diese Art der jahrelangen Finanzierung fällt dem Verein nun auf die Füße, verschärft und verdeutlicht durch die Corona-Krise.

Schalke muss sich "ganz sicher in Zurückhaltung üben" - Sportvorstand Schneider fordert ein Umdenken bei Königsblau

Auch Sportvorstand Jochen Schneider ist sich der Situation bewusst. "Ganz sicher üben" müsse Schalke Zurückhaltung, was Personalentscheidungen und Transfers betrifft (via kicker), so der 49-Jährige. Dies sei "aus zwei Gründen" notwendig: Zum einen führt Schneider "unsere wirtschaftliche Situation" an, womit er die generellen Zahlen der Knappen meint.

"Unumwunden ja", antwortete er andererseits auch auf die Frage, ob der S04 angesichts der großen Verbindlichkeiten ein Umdenken anstoßen und Lehren aus der aktuellen Krise ziehen muss. Seit seinem Amtsantritt im März 2019 muss der Sportvorstand auf größere Transfers verzichten, selbst Vertragsverlängerungen gestalten sich in finanzieller Sichtweise schwierig.

S04-Sportvorstand Jochen Schneider fordert ein Umdenken in Finanzierungs-Fragen
S04-Sportvorstand Jochen Schneider fordert ein Umdenken in Finanzierungs-Fragen / TF-Images/Getty Images

Dennoch betont Schneider, es sei vor wenigen Wochen "noch unvorstellbar gewesen, dass sichere Einnahmen durch Stadion-Auslastung oder TV-Verträge plötzlich nicht mehr sicher sind." Keine Entschuldigung, sondern eher eine Erklärung scheint er daraus formulieren zu wollen. Gerade da diese Einnahmen als sicher gelten, wird man wohl davon ausgehen können, dass diese Millionen bereits investiert oder zumindest verplant waren. Dementsprechend heikel gestalteten sich die letzten Wochen ohne den Spielbetrieb.

Schneider gab jedoch auch offen zu, dass der S04 "ein Unternehmen" sei, "das sich in einem extremen Wettbewerb befindet und finanziell ein Stück weit auf Kante genäht ist". Für die Anhänger, Fans und Mitglieder des derzeit Tabellensechsten ist das jedoch längst keine Überraschung mehr.

Fokus auf die Knappenschmiede - Leihspieler werden Personalkosten noch erhöhen

Das Resultat: In Zukunft müsse der Verein "insgesamt noch gelassener und besonnener die Geschäfte machen und noch viel weiter denken, als an die nächste oder übernächste Saison". Ein Punkt darin: "Wieder verstärkt auf den eigenen Nachwuchs setzen", so Schneider weiter. Die Knappenschmiede dürfte bereits im kommenden Sommer stark in den Fokus geraten. Dort wartet das ein oder andere vielversprechende Talent, während das Budget für externe Transfers und Verpflichtung erneut knapp bemessen sein wird.

Ein anderes Problem, was sich zur neuen Saison auftun wird, ist die Rückkehr von einigen derzeit ausgeliehenen Spielern. Bei Akteuren wie Cedric Teuchert, Sebastian Rudy oder Nabil Bentaleb hatte Königsblau auf Einnahmen und Gehalts-Einsparungen gehofft - doch diese scheinen so unsicher wie noch nie zu sein. Jeder einzelne Leihspieler der zurückkehrt, wäre ein weiterer Kostenpunkt im Bereich der Personalkosten. Auf "Neuzugänge ohne Geld" freue sich Peter Peters, sagte er vor Kurzem. Eine bizarre Vorstellung, auf die es - drastisch formuliert - wohl ankommen wird.