Schalke bei Standards viel zu harmlos: Die Waffe der Unterlegenen fehlt
Von Yannik Möller

Wer sich spielerisch zu selten durchsetzen und so kaum Torgefahr entwickeln kann, der muss möglichst viel aus den eigenen Standards herausholen. Das trifft zweifelsohne auf den FC Schalke zu. Allerdings sorgen die Ecken und Freistöße viel zu selten für Torerfolge.
Insbesondere für Mannschaften im Abstiegskampf ist es wichtig, eine möglichst hohe Standardgefahr zu entwickeln. Immerhin können sie zumeist nicht mit spielerischer Klasse oder individueller Qualität glänzen. Gerade wenn es dann gegen die vermeintlichen Favoriten geht, in denen hier und da auch mal Überraschungs-Punkte geholt werden müssen, können Standards ein geeignetes Mittel sein.
Doch anstatt auch in dieses Muster zu passen, scheint sich bei Schalke 04 eher eine Standard-Phobie durchgesetzt zu haben. Die Erfolgserlebnisse, die auf einen Freistoß oder eine Ecke zurückzuführen sind, können im wortwörtlich an einer Hand abgezählt werden.
Das ist nicht nur nicht gut, das ist gefährlich schlecht. Für spielerisch schwache Teams, zu denen man die Knappen definitiv zählen muss, gibt es nur selten größere Torchancen als eine Ecke oder einen Freistoß. Entsprechend wichtig ist es dann, diese möglichst häufig in Tore und somit in Punkte umzumünzen.
Das Spiel gegen Bayer Leverkusen kann dahingehend als gutes Negativ-Beispiel angesehen werden. Sieben Ecken durfte S04 schlagen, sechs davon bereits in der ersten Halbzeit. Die Ausbeute? Nicht existent. Auch aus den weiteren Freistößen wurde kein Profit geschlagen. Dabei wäre das gegen einen in Spielstärke und Qualität deutlich überlegenen Gegner so wichtig gewesen.
Reis beklagt zurecht: Schalke muss mehr aus den Standards herausholen
"Die Standards hätten nicht besser kommen sollen - sie hätten besser kommen müssen", kritisierte Thomas Reis nach dem Spiel (via WAZ). Er führte aus: "Wenn dir so viel Qualität gegenübersteht und man aus dem Spiel heraus so wenige Gelegenheiten bekommt, muss man etwas aus den Standards machen. Das haben wir nicht geschafft."
Dabei gab es auch Kritik an Rodrigo Zalazar, dessen Eckbälle gar nicht erst in gefährliche Räume vorstoßen konnten. "In erster Linie gibt es einen Schützen, der die Bälle dahin bringen soll, wo sie gebraucht werden. Das war leider nicht gegeben. Was die Standards angeht, war es zu dünn", so Reis weiter, ohne einen Namen zu nennen.
Die WAZ hat die dazugehörigen Statistiken ausgegraben. Das Bild, das sie abgeben, ist ebenso deutlich wie grausig. Von den ohnehin wenigen 21 Toren, die Schalke bislang erzielen konnte, fanden acht den Weg nach einem Standard ins gegnerische Gehäuse. Was diese Auswertung betrifft, gehört Königsblau wenig überraschend zu den schwächsten drei Teams der Liga. Und das obwohl die drei von Marius Bülter verwandelten Elfmeter das Bild künstlich sogar noch etwas aufhübschen.
Weitere Kernpunkte: Nicht ein einziger Freistoß wurde bisher direkt verwandelt. Dazu gab es nur drei Tore nach einer Freistoß-Flanke und nur ein mickriges Eckball-Tor. Das gilt auch für die Treffer nach einem Einwurf - oder besser für den einen Treffer nach einem Einwurf. Wie gesagt: Insgesamt sind diese Torerfolge an einer Hand abzuzählen.
Hoffnung auf mehr Standard-Stärke? Wohl kaum...
Gibt es noch eine berechtigte Hoffnung, dass aus dieser Schwäche noch eine Stärke wird, für die letzten acht Spiele? Wohl kaum.
Es wird nicht urplötzlich ein Standard-Experte im Trainerteam auftauchen, der nicht schon zuvor zum Team gehörte. Es wird nicht aus heiterem Himmel ein Spieler seine Begabung für Ecken und Freistöße entdecken. Womöglich kann aber ein wenig an den Symptomen herumgedoktert werden. Die nach wie vor erhoffte Rückkehr von Thomas Ouwejan wäre beispielsweise eine Verbesserung, das war bereits im letzten Testspiel während der Länderspielpause zu sehen.