Salihamidzic nutzte Vetorecht bei 5 Transfers - Bayerns neuer Sportvorstand dreht auf

Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic hat kritische Stimmen längst verstummen lassen
Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic hat kritische Stimmen längst verstummen lassen / Pool/Getty Images
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Am Mittwoch ist der Sportdirektor Hasan Salihamidzic Geschichte. Dann steigt der Bosnier zum Sportvorstand des FC Bayern auf. Wurde er zu Beginn für seine Außendarstellung noch belächelt, so hat er sich in den vergangenen drei Jahren weiterentwickelt. Hinter den Kulissen überzeugt Salihamidzic mit klaren Ideen, weshalb er laut dem kicker entscheidend daran beteiligt war, dass fünf Spieler nicht in München gelandet sind.

Zahlreiche Spieler werden jedes Jahr mit einem Wechsel zum FC Bayern in Verbindung gebracht, tatsächlich werden davon aber nur die wenigsten an der Säbener Straße präsentiert. Die Verantwortlichen achten bei der Sichtung nach neuem Spielermaterial haargenau auf fußballerische und mentale Qualitäten, wohl auch deshalb verliefen die vergangenen Transferperioden schleppend.

So brauche es einerseits Spieler, die sich "auf engem Platz unter Druck technisch durchzusetzen", erläuterte Salihamidzic gegenüber dem kicker. Darüber hinaus sollen sie "einen guten Charakter haben". Der Star sei nicht der einzelne Spieler, sondern die Mannschaft. "Die Jungs, die diese Mannschaft verstärken können, sind immer etwas Besonderes, sind starke Charaktere, die aber fähig sein müssen, alles für die Mannschaft zu geben", so Salihamidzic.

In der jüngeren Vergangenheit gab es einige kuriose Gerüchte, die sich hartnäckig gehalten haben, etwa über Abwehrspieler Kevin Vogt oder Angreifer Ante Rebic, den Ex-Trainer Niko Kovac seit der gemeinsamen Zeit bei Eintracht Frankfurt kennt und schätzt. Bei beiden Spielern soll Salihamidzic jedoch sein Veto eingelegt haben; genau wie bei Luka Jovic, Thorgan Hazard und Timo Werner. Letzterer wechselt überraschend von RB Leipzig zum FC Chelsea, im Januar erklärte der Noch-Sportdirektor, warum die Bayern am Ende Abstand genommen haben: "Timo Werner ist ein guter Spieler, der eine hervorragende Hinrunde gespielt hat. Allerdings haben wir Robert Lewandowski. Robert ist ein Stürmer, der zu unserer Spielweise passt."

Salihamidzic hat sich weiterentwickelt

Es ist durchaus streitbar, ob und inwiefern das genannte Quintett den aktuellen Bayern-Kader verstärkt hätte. Werner und Jovic hätten sich hinter Robert Lewandowski anstellen müssen, Hazard und Rebic hinter Serge Gnabry und Kingsley Coman, Vogt wäre in Anbetracht der Konstellation in der Innenverteidigung sogar wohl nur auf der Tribüne gelandet. Insofern hat Salihamidzic den Klub vor einigen Fehlinvestitionen bewahrt. Angerechnet hätte ihm das aber kaum jemand.

Hasan Salihamidzic musste in den Sportdirektor-Posten hineinwachsen. Die Kritik war daher besonders zu Beginn seiner Amtszeit groß.
Hasan Salihamidzic musste in den Sportdirektor-Posten hineinwachsen. Die Kritik war daher besonders zu Beginn seiner Amtszeit groß. / Soccrates Images/Getty Images

Dass der Bosnier zu Beginn seiner Tätigkeit nicht die beste Reputation genossen hat, lag allen voran an seinen öffentlichen Auftritten. In Interviews redete er um den heißen Brei herum, er kam nie wirklich zum Punkt, präsentierte sich weniger selbstbewusst als heute und wirkte deshalb wie eine Marionette von Ex-Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Doch der 43-Jährige hat in puncto Körpersprache und Rhetorik Fortschritte gemacht, tritt viel souveräner auf und drückt sich deutlicher aus, ohne zu offensive Aussagen zu tätigen - man denke an Interviews über Benjamin Pavard und Callum Hudson-Odoi im Januar 2019.

Das zahlreiche Lob der Klubverantwortlichen hat er sich vor allem aber hinter den Kulissen redlich verdient. Denn unter seiner Leitung wurde der Nachwuchs umgekrempelt: Ex-U23-Trainer Holger Seitz wurde vor einem Jahr in die Nachwuchsleitung befördert, Sebastian Hoeneß betreut seitdem die Amateure, mit denen er aktuell an der Tabellenspitze der 3. Liga steht. Danny Schwarz und Martin Demichelis sind für die U19 zuständig, das Duo führte die Mannschaft ebenfalls an die Tabellenspitze. Allerdings wurde die Saison abgebrochen - genau wie bei der U17, mit der Miroslav Klose vor einem Jahr das Halbfinale der B-Junioren Bundesliga erreicht hatte. Der beste WM-Torschütze aller Zeiten wird zur neuen Saison den Trainerstab von Hansi Flick erweitern, nach Informationen von Sport1 übernimmt Schwarz die U17.

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen

In dieser Saison durften sich einige Talente in der Bundesliga präsentieren, einige weitere dürften künftig ihre Chance erhalten. Dass der Bayern-Nachwuchs boomt, ist ein großer Verdienst von Salihamidzic. Sein größter Stolz ist jedoch der Transfer von Alphonso Davies. Mit sportlichen Argumenten und einem klaren Karriereplan hat er den Kanadier vom FC Bayern überzeugt, schon in dieser Saison ist ihm der Durchbruch gelungen. Salihamidzic verspricht jungen Spielern Zeit und ein ruhiges Umfeld, um sich weiterzuentwickeln. Früher oder später kommt ihre Chance; wie für Mickael Cuisance, der nach dem Corona-Re-Start häufig zum Zug kam.

Es verwundert nicht, dass seine Beförderung zum Sportvorstand bereits im November beschlossen wurde. Salihamidzic hat in einem für ihn neuen und ungewohnten Aufgabenfeld seinen ganz eigenen Führungsstil etabliert und eine eigene Philosophie entwickelt, die zum Verein passt und von der alle überzeugt sind, dass sie den FC Bayern in eine erfolgreiche Zukunft führen wird. Unterschätzen dürfte ihn niemand mehr. Vielmehr hat er sich einen Namen gemacht und Respekt verschafft. Es ist eben noch kein Meister vom Himmel gefallen.