Romano Schmid im Werder-Interview: Vom Käfigkicker in die Bundesliga

Werder-Youngster Romano Schmid (20) befindet sich nach anfänglichen Schwierigkeiten auf der Überholspur
Werder-Youngster Romano Schmid (20) befindet sich nach anfänglichen Schwierigkeiten auf der Überholspur / Christian Kaspar-Bartke/Getty Images
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Romano Schmid kann seine Fußballschuhe eigentlich an den Nagel hängen. Denn der 20-Jährige hat es geschafft, seinen Traum zu erfüllen: einmal in der Bundesliga spielen. Bei Werder Bremen steht der Jungspund erst am Anfang seiner Karriere, möchte weiter voll angreifen und scheint dabei sehr reflektiert und selbstkritisch. Im vereinseigenen Podcast sprach der sympathische Österreicher detailliert über seine Karriere, sein Privatleben sowie seine Visionen und Ziele.

Er habe immer von Deutschland und der Bundesliga geträumt. Mit seinem Debüt gegen den VfB Stuttgart am zehnten Spieltag der laufenden Saison sei ein riesiger Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, untermauerte Schmid gleich zu Beginn des Gespräches abermals. Dabei sei es schon immer sein Ziel gewesen, eines Tages Österreich zu verlassen, um eine große Fußballbühne vor Augen zu haben. Der erste Step für die wirklich große Bühne ist Schmid in Bremen nach anfänglichen Schwierigkeiten super gelungen.

"Der Step von Österreich nach Deutschland ist schon riesig - größer, als ich mir vorgestellt habe."

Romano Schmid im Werder-Podcast

Nach 15 Spieltagen stehen dem Bremer Offensiv-Allrounder sechs Ligapartien zu Buche, dreimal ließ Chefcoach Florian Kohfeldt seinen Schützling dabei gar von Beginn an auflaufen. Das Potenzial des österreichischen U21-Nationalspielers ist unverkennbar. Bereits 2017 veröffentlichte die englische Zeitung The Guardian eine Liste der 60 größten Talente der Class of 2000 und nannte in jener auch Romano Schmid - und das in einem Atemzug mit aktuellen Megastars wie Jadon Sancho, Vincius Junior und Moise Kean. Eine riesige Ehre, die auch daraus resultierte, dass der gebürtige Grazer sämtliche U-Nationalmannschaften (U15 - U21) der Ösis durchlief und entsprechend viele Scouts die Spiele des talentierten Youngsters verfolgten.

Obwohl der Name Schmid längst in Kreisen des internationalen Fußballmarktes umherschwirrte, entschied er sich vorerst für eine Ausbildung in seinem Heimatland. 2015/16 unterschlug er gar ein Angebot aus dem Kölner Geißbockheim. Stattdessen kickte Schmid ab seinem 15. Lebensjahr für die Reservemannschaft seines Heimatklubs Sturm Graz in der dritten Liga Österreichs, ehe er 2017 den Schritt zu RB Salzburg wagte. Mit seinen 17 Jahren war er noch zu jung, wollte zu früh zu viel und wurde vorerst beim Salzburger Abstellklub FC Liefering deponiert. Ein Jahr später dann der Wechsel an die Weser und die direkte Leihe zum Wolfsberger AC, wo er seine fußballerische Klasse unter anderem in sechs gelungenen Gruppenspielen der Europa League unter Beweis stellte.

Für Schmid unvergessen: Die Wolfsberger gewannen im September 2019 mit 4:0 bei Borussia Mönchengladbach
Für Schmid unvergessen: Die Wolfsberger gewannen im September 2019 mit 4:0 bei Borussia Mönchengladbach / Chris Bauer/Getty Images

Schmid als Käfigkicker und Defensivboss

In der Hansestadt kommt der kreative Mittelfeldspieler langsam aber sicher auf Betriebstemperatur. Sein erstes Profi-Tor scheint nach dem ärgerlichen Abseitstreffer gegen Union Berlin greifbar nah. Möglichst viele Tore und Vorlagen zu verbuchen sei ohnehin das klare Ziel des lebendigen Wirbelwindes. Zuletzt adelte Kohfeldt ihn allerdings wegen seiner markanten Defensivstärke (trotz mickriger Größe von 1,68 Metern), die ihn zum defensivstärksten Offensivakteur des Bremer Kaders avancieren lässt. Seinen unbändigen Willen - auch in der Rückwärtsbewegung - führt Schmid selbst auf seine Zeit als sogenannter "Käfigkicker" zurück. Schon damals habe er sich auf kleinen Bolzplätzen immer gegen deutlich ältere Gegenspieler durchsetzen müssen.


Schmids Leistungen pro Verein:

  • Wolfsberger AC: 45 Spiele, 4 Tore, 12 Assists
  • FC Liefering: 30 Spiele, 9 Tore, 8 Assists
  • Werder Bremen: 7 Spiele
  • Sturm Graz: 6 Spiele, 1 Tor, 1 Assist
  • RB Salzburg: 1 Spiel

Neben der starken Fähigkeit im Spiel gegen den Ball, fällt allerdings besonders seine Ballkontrolle auf engem Raum ins Auge. Nicht umsonst benannte man Schmid im Laufe seiner Karriere immer wieder - mehr oder weniger ernst - als "Zauberer". Acht Buchstaben, die mittlerweile konstant die Fußballschuhe des Messi-Liebhabers schmücken. Dass Schmid sich am Spielstil seines Idols Lionel Messi orientiert, ist unverkennbar. Tatsächlich erinnert er auch ein wenig an Marko Marin, der zu seiner damaligen Zeit im grün-weißen Hemd als deutscher Messi galt. Schmid dribbelt viel, bewegt sich gut, sieht entsprechende Räume und Lücken, kann aber auch torgefährlich werden. Ein großes Manko: Schmid fällt zu oft. An der Robustheit muss er - allein der Größe wegen - enorm arbeiten.

Gebre Selassie als Vaterfigur

Ein Mann, der den entscheidenden Impuls für Schmids Wechsel an den Osterdeich gab, heißt Zlatko Junuzovic. Mit ihm habe Schmid sich im Vorfeld seiner Entscheidung selbstverständlich gründlich ausgetauscht. Die beiden kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei den Roten Bullen aus Salzburg. Werders einstiger Kapitän gab Schmid im Podcast per Sprachnachricht einen besonderen Tipp auf den Weg: "Er soll sich sehr, sehr an Theo Gebre Selassie orientieren", so Junuzovic, der die Kompetenzen seines guten Freundes bestens kennt: "Wenn einer die Situation kennt, was wir durchgemacht haben in den letzten Jahren, wie schwierig alles war, dann ist Theo der beste Ansprechpartner dafür."

Durch Gebre Selassie würde er Werder am besten kennenlernen, meint 'Zladdi'. Und das kann Schmid bereits bestätigen, denn "an Theo habe ich mich schon gewendet, ich sitze auch neben ihm. Er ist wirklich entspannt, hilft mir viel und kann junge Spieler sehr gut führen." Mit seiner Eingewöhnung am Osterdeich hatte Schmid sichtlich wenig Probleme. Zu seinen engsten Freunden innerhalb des Teams zählen Ilia Gruev, Jean Manuel Mbom und Marco Friedl, aber eigentlich sei er "ein Allrounder in der Mannschaft" und verstehe sich mit jedem prima.

Schöne, abschließende Worte, die den Charakter des Bremer Jungspunds auf den Punkt bringen. Schmid ist selbstbewusst und zugleich kritisch, hat seine Ziele klar vor Augen, genießt aber auch den Augenblick im Fußball. Offen und äußerst gesellig rappt der junge Österreicher gen Ende des Podcasts gar einige Zeilen seines Lieblingssongs und beweist damit ganz klar: in Bremen fühlt er sich pudelwohl. Übrigens: Auf die Frage seines Kollegen Gruev, wie er denn einen Angriff Neymars verteidigen würde, findet Schmid die plumpe, wenngleich lustige Antwort: "Ich glaube, ich würde ihn kurz ziehen - dann wäre er natürlich sauer -, aber ich würde ihn gleich im Anschluss umarmen und sagen: 'Du bist der Beste'."