Vinicius Jr über sein Form-Hoch: "Wenn es nicht klappt, versuche ich es halt noch mal"

Verstehen sich immer besser auf dem Platz: Vinicius Jr und Karim Benzema
Verstehen sich immer besser auf dem Platz: Vinicius Jr und Karim Benzema / Quality Sport Images/Getty Images
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Sich in bester körperlicher Verfassung befindend, präsentiert sich der brasilianische Außenstürmer Vinicius Jr derzeit in der wohl besten Form, seitdem er im Sommer 2018, gegen eine Ablösesumme von immerhin 45 Millionen Euro, von Flamengo zu Real Madrid gewechselt ist. Vier Tore hat der früher als Chancentod verschriene bereits für die Blancos erzielt - nur Torjägerlegende Karim Benzema hat bislang noch öfter (5) getroffen. Gegenüber der Madrider Sportzeitung as erklärte der 21-Jährige nun sein Formhoch.


Beim 5:2-Heimsieg der Madrilenen am vergangenen Sonntag gegen ein spielstarkes aber defensiv fragiles Celta Vigo kam alles zusammen: Rückkehr der Fans (nach 560 Tagen) ins Bernabéu-Stadion, neuerliche Sternstunde von Karim Benzema (erzielte drei Treffer) und eine sehr starke Partie des Brasilianers.

Über die Rückkehr ins Bernabéu-Stadion

Der sah vor allem in der Präsenz der so lange vermissten Fans einen der Schlüssel zum Kantersieg. "Das war schon alles sehr besonders. Wir wussten, dass unsere Fans hinter uns stehen würden. Mit dem 1:2 zur Pause waren wir uns sicher, dass die Unterstützung der Fans wichtig für die Aufholjagd sein würde. Dieser Zuspruch war ganz wesentlich für uns. Du spürst den Rückhalt - und alles wird einfacher."

Auf die Frage, wie er die großen Sympathien, die ihm von den Fans entgegengebracht werden, sagte der 21-Jährige: "Ich glaube, es hat mit meiner Art zu spielen zu tun. Ich versuche immer wieder, ins eins gegen eins zu gehen, und wenn es nicht klappt, versuche ich es halt noch mal. Ich hoffe, dass diese gute Beziehung zu den Fans noch lange Zeit anhält."

Wie gut das Verhältnis zu den Real-Fans ist, konnte man bei Vinicius' Torjubel nach seinem Treffer zur 3:2-Führung der Hausherren gegen die Galicier erkennen. Völlig losgelöst rannte der Brasilianer in die Kurve und ließ sich von den aficionados drücken und herzen.

Über seinen nicht corona-konformen Torjubel

Einziges Problem: Der Corona-Virus ist auch im September 2021 noch lange nicht verschwunden, weshalb dieser sehr körpernahe Jubel von einigen Seiten scharf kritisiert wurde.

Vinicius Junior
Vinicius verschwindet beinahe in der Fan-Menge während seines Torjubels nach dem 3:2-Führungstor / Soccrates Images/Getty Images

"Es war ein Moment voller Emotionen, und vielleicht hat auch die ganze zurückliegende Zeit eine Rolle gespielt. Wir haben lange nicht vor unseren Fans spielen können, und vielleicht bin ich deshalb ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Eigentlich war es eine Riesenumarmung mit dem ganzen Bernabéu-Stadion in unserem Wiedersehen mit den Fans."

Gefragt, was denn nun sein Erfolgsgeheimnis für die Leistungsexplosion der letzten Wochen sei, antwortet der junge Angreifer mit Bescheidenheit: "Das ist das Ergebnis von langer und harter Arbeit in Valdebebas [dem Trainingszentrum von Real, Anm. d. Red.], wo ich immer wieder gerade auch an den Abschlüssen hart gearbeitet habe."

Vielleicht haben ja auch die Worte seines Trainers Carlo Ancelotti einiges bewirkt. Der hatte nach dem Spiel in Vitoria bei Deportivo Alavés moniert, dass Vinicius bisweilen noch zu lange den Ball führe.

"Er sagt, dass ein oder zwei Ballberührungen vor dem Abschluss besser seien. Für mich ist es tatsächlich besser. Man sieht es ja an den Statistiken. Ich habe diesen Rat immer im Hinterkopf. Der Mister arbeitet in Valdebebas sehr viel mit mir und hilft mir, noch besser zu werden."

Zur Zeit ist also alles rosarot im weißen Paradies von Vinicius. Doch es gab auch schon schwierige Phasen, seit er als 18-Jähriger sein Heimatland Richtung Europa verließ. Doch psychologische Hilfe hat er dennoch nie in Anspruch genommen.

Über die schwierige Anfangszeit

"Trotz der schlechten Zahlen in diesen Phasen habe ich nie den Kopf verloren. Im Nachwuchs von Flamengo habe ich viele Tore geschossen und war mir sicher, dass das auch irgendwann bei Real der Fall sein würde."

Ein für einen kaum dem Teenager-Alter entsprungenen Spieler ein bemerkenswertes Selbstbewusstsein. Das auch dafür sorgte, dass er den vielen Ratschlägen in diesem Sommer, sich verleihen zu lassen, um auf Spielzeiten zu kommen, eine Absage erteilte.

"Ich wollte immer nur eines: in Madrid triumphieren. Für meinen Präsidenten, für die Fans, die mich immer bedingungslos unterstützt haben. Meine Familie und ich wollen noch viele Jahre in Madrid bleiben. Ich will keine Erfahrungen anderswo sammeln. Hier gibt es Spieler, die seit vielen Jahren hier spielen und viele Titel gewonnen haben. Ich will einer von ihnen sein."

Über Sturmpartner Karim Benzema

Natürlich konnte während des Interviews die ganz spezielle Beziehung zu Karim Benzema nicht unerwähnt bleiben. Unvergessen die Anekdote aus dem vergangenen Jahr, als Real in der Königsklasse bei Borussia Mönchengladbach zu Gast war.

Im Spielertunnel, während der Halbzeitpause, fingen die TV-Kameras ein, wie der Franzose seinen Landsmann Ferland Mendy darum bat, doch bitte nicht mehr Vinicius anzuspielen, da dieser in seinen Augen "gegen die Mannschaft" spielte. Das wiederum löste damals in Brasilien einen Sturm der Empörung aus.

Doch groß kommentieren wollte Vinicius diesen Zwischenfall gar nicht mehr. "Mit Karim zu spielen, ist unglaublich. Seit meiner Kindheit bin ich Fan von ihm. Es ist ein Genuss, an seiner Seite zu spielen. Er hilft mir immer. Karim ist einer der besten Spieler der Fußball-Geschichte. Wir sprechen viel miteinander."

Karim Benzema, Vinicius Junior
Na, wie hab ich das gemacht?, scheint Vinnie hier sein Idol Benzema zu fragen, nachdem er den Elfmeter zum 5:2 herausgeholt hat / Quality Sport Images/Getty Images

"Vor dem Celta-Spiel sagte er mir, dass ich ihm helfen würde, ein Tor zu erzielen. Und tatsächlich wurde ich elfmeterreif gefoult. In diesem Moment habe ich zu ihm geschaut, weil ich wusste, dass er den Elfer verwandeln würde."

Über die Champions League

Ver- bzw. umwandeln will Vinicius und der ganze Klub auch die zuletzt etwas frustbelastete jüngere Geschichte in der Champions League.

In seiner ersten Saison in Madrid war er im Achtelfinal-Hinspiel gegen Ajax einer der besten Real-Spieler - bis er in der 81. Minute verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste. Das Rückspiel im Bernabéu-Stadion (1:4) geriet dann zum Debakel. In den Folgejahren waren dann englische Klubs (Manchester City und FC Chelsea) zu hohe Hürden für die Spanier.

Für Vinicius freilich kein Grund, nicht auch weiterhin nach dem größtmöglichen Erfolg in Reals Lieblingswettbewerb zu streben. "Solche Erfahrungen helfen dir, als Spieler zu wachsen und zu reifen. Hoffentlich läuft es in diesem Jahr besser und wir holen den Cup. Aber die Champions League zu gewinnen ist sehr schwierig. City war im letzten Jahr das beste Team - und hat sie trotzdem nicht gewinnen können. Wir sollten nur auf uns schauen und darauf vertrauen, dass uns die Dinge gut gelingen."

Den ersten Schritt können "Vinnie" und seine Teamkollegen am Mittwochabend (21.00 Uhr) machen. Im Stadio Giuseppe Meazza erwartet Inter Mailand die Madrilenen zu einer Neuauflage dieses europäischen Klassikers.