Problemzone Rechtsverteidigung: Wer kann Giulia Gwinn ersetzen?

Sophia Kleinherne (links) und Nicole Anyomi (rechts) kommen als Ersatz für Giulia Gwinn in Frage
Sophia Kleinherne (links) und Nicole Anyomi (rechts) kommen als Ersatz für Giulia Gwinn in Frage / DAMIEN MEYER/GettyImages
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Giulia Gwinns Kreuzbandverletzung hat nicht nur den FC Bayern, sondern auch den DFB schwer getroffen. Neun Monate vor der WM ist unklar, wer die Rechtsverteidigerin ersetzen könnte.


Bei der Europameisterschaft im Juli stand Gwinn in allen sechs Partien in der Startformation, spulte die meisten Kilometer (65,2) aller Akteurinnen überhaupt ab und überzeugte die UEFA von der Nominierung für das Team des Turniers. Mit Blick auf die WM in Australien und Neuseeland schien klar, dass an der 23-Jährigen kein Weg vorbeiführt.

Gwinns Kreuzbandriss, der zweite bereits in ihrer jungen Karriere, bringt diese Gewissheit ins Wanken. Zwar geht bis zum WM-Start am 20. Juli noch viel Zeit ins Land. Ob sich die Münchnerin bis dahin aber von ihrer schweren Verletzung vollständig erholt und wieder ihre Form gefunden hat, steht in den Sternen.

Martina Voss-Tecklenburg bleibt einerseits die Hoffnung, dass sich ihre Leistungsträgerin rechtzeitig wieder zurückkämpft. Andererseits muss die Bundestrainerin die kommenden neun Monate nutzen, um einen Plan B zu entwickeln.

Anyomi zuletzt schwach - Kleinherne in der Pole Position?

Die Kader-Nominierung für die beiden Testspiele gegen die USA legt den Verdacht nahe, dass MVT gegenwärtig noch unschlüssig ist, wer den Platz auf der rechten Defensivbahn einnehmen könnte. Mit Maximiliane Rall, Joelle Wedemeyer und Paulina Krumbiegel stehen gleich drei Rückkehrerinnen im Aufgebot, die alle als Gwinn-Backup in Frage kommen. Hinzu kommen die beiden etablierten Frankfurterinnen Sophia Kleinherne und Nicole Anyomi.

Während Kleinherne - anders als im Verein - im DFB-Team bislang noch nicht auf der Rechtsverteidigerposition zum Einsatz kam, stand Anyomi bereits im letzten Test gegen Frankreich sowie im WM-Quali-Spiel gegen die Türkei für Gwinn in der Startaufstellung. Gerade das Duell mit den Französinnen nährte jedoch Zweifel an der Tragfähigkeit dieses Modells.

Nicole Anyomi
Beim 2:1-Testspiel-Sieg gegen Frankreich konnte Nicole Anyomi nicht überzeugen / Thomas Eisenhuth/GettyImages

Anyomi bringt zwar enorme Dynamik mit, als gelernte Offensivspielerin fehlen der 22-Jährigen aber die Erfahrung und das taktische Verständnis für die anspruchsvolle Außenverteidiger-Position. Dass sie bei der Eintracht unter Niko Arnautis ausschließlich im Angriff zum Zug kommt, macht die Dinge für den DFB nicht leichter.

Anders sieht es bei Sophia Kleinherne aus. Anyomis Teamkollegin rückte in dieser Saison vom Abwehrzentrum nach rechts und zählt dort zu den Frankfurter Leistungsträgerinnen. Zuletzt gegen Hoffenheim gelang ihr ihr erstes Saisontor. Zudem ist die Außenverteidiger-Rolle auch in der Nationalelf kein Neuland für die gebürtige Münsterländerin. In Vertretung von Linksverteidigerin Felicitas Rauch wusste Kleinherne schon bei der EM als robuste Zweikämpferin zu überzeugen.

Ersetzt Rall ihre Bayern-Kollegin auch beim DFB?

Aus dem Trio Rall, Wedemeyer und Krumbiegel bringt Erstgenannte die besten Voraussetzungen für einen dauerhaften Platz im DFB-Team mit. Rall, wie Gwinn beim FC Bayern unter Vertrag, hat bereits in München den Platz der verletzten Teamkollegin eingenommen und verpasste schon den Sprung in den EM-Kader nur knapp. Die 28-Jährige gehörte zu den vier Akteurinnen, die nach dem Pre-Camp in Herzogenaurach aus dem vorläufigen Aufgebot gestrichen wurden.

Maximiliane Rall
Maximiliane Rall hat bislang acht Länderspiele bestritten / Visionhaus/GettyImages

Zu Saisonbeginn war Rall auch unter dem neuen Bayern-Trainer Alexander Straus nicht erste Wahl, rückte nach dem Gwinn-Ausfall aber in die Münchner Startformation. Eine Verlegenheitslösung ist
die großgewachsene Ex-Hoffenheimerin nicht. Rall hat zwar Schwächen im technischen Bereich und im Kombinationsspiel auf engem Raum. Im Gegenzug verkörpert sie in puncto Athletik internationale Klasse, verrichtet ihre Defensivaufgaben solide und bringt einen erstaunlichen Offensivdrang mit. Zudem hat Rall ihr Kopfballspiel - trotz ihrer Größe von 1,80 Meter bislang keine Stärke - erkennbar verbessert.

Dass sich die Bundestrainerin für Joelle Wedemeyer und Paulina Krumbiegel entschieden hat, überrascht hingegen. Auf Wedemeyers Tacho stehen bislang erst elf Bundesliga-Minuten, Krumbiegel hat sich nach ihrer Kreuzbandverletzung stark zurückgekämpft, fungiert bisher jedoch vorwiegend als Jokerin. Die Hoffenheimerin ist laut offizieller Kadernominierung für das Mittelfeld eingeplant. Da sie bei der TSG zuletzt rechts hinten zum Einsatz kam und keine schlechte Figur abgab, dürfte sie für Voss-Tecklenburg auch eine Option für die Viererkette sein. Im Rennen um die Gwinn-Vertretung sind beide Spielerinnen in einer Außenseiterrolle, bringen aber grundsätzlich das Potenzial mit, um dem DFB-Team weiterzuhelfen.

Die beiden Testspiele gegen die USA werden spannende Rückschlüsse darüber liefern, wie sich der Konkurrenzkampf um die Rechtsverteidiger-Position entwickeln könnte. Gut möglich, dass die Weltmeisterinnen aus Übersee die Gwinn-Vakanz als Achillesferse im deutschen Team erkannt haben. Wem auch immer die Bundestrainerin das Vertrauen schenkt - Anyomi, Kleinherne und Co. können und müssen sich auf höchstem Niveau beweisen.


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