Pável Pardo über seine Zeit beim VfB Stuttgart: "Es war unglaublich!"

Pavel Pardo feierte mit dem VfB Stuttgart 2007 die deutsche Meisterschaft
Pavel Pardo feierte mit dem VfB Stuttgart 2007 die deutsche Meisterschaft / THOMAS LOHNES/Getty Images
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Trotz seines nur zweieinhalb Jahre währenden Aufenthalts in der deutschen Liga, dürfte der Mexikaner Pável Pardo den Fans hierzulande (vor allem denen des VfB Stuttgart) immer noch in bester Erinnerung sein. Unseren südamerikanischen Kollegen von 90min stand der Mittelfeldspieler exklusiv Rede und Antwort.


90min: Pável, warum sehen wir so wenige Mexikaner in der Bundesliga?

Pardo: Dazu muss man sagen, dass der interne Markt in Deutschland sehr stark ist. Sie geben dort nicht viel Geld für Neuzugänge aus. Die Spitzen bewegen sich zwischen vier und zehn Millionen Euro. Außer bei den Bayern und in Dortmund werden in dieser Liga kaum kostspielige Transfers realisiert.

Der mexikanische Fußballer ist jedoch teuer - für Europa und für die Bundesliga. In Südamerika sind die meisten Vereine "Verkaufsklubs", aber in Mexiko gibt es eine große Kaufkraft, die es den Klubs erlaubt, ihre Talente zu halten.

90min: Die mexikanische Liga wird ein wenig belächelt. Und dennoch nutzen viele Spieler diese Rampe, um sich für Europa interessant zu machen.

Pardo: Die mexikanische Liga ist sehr attraktiv. Guido Rodríguez ist ein gutes Beispiel. Zuerst spielte er bei Tijuana, dann wechselte er zu América - und spielt heute bei Betis. Jetzt soll er auch bei englischen Klubs auf dem Schirm sein. Die europäischen Scouts wissen, dass es in Mexiko gute Spieler gibt und dass dieses Land eine Startrampe Richtung Europa ist.

90min: Was sind deine schönsten Erinnerungen aus der Meister-Saison mit dem VfB?

Pardo: Nun, stell dir vor: Zwei Mexikaner (Pável Pardo und Ricardo Osorio, die Red.), die kaum einer kannte. Und so wie die Deutschen sind....es sind einfach nur schöne Erinnerungen.

Wir kamen zu einem Verein, der seit 15 Jahren keinen Titel mehr gewonnen hatte. Es war unvergesslich. Der Traum eines jeden Spielers. Nach Europa zu kommen, im ersten Jahr Meister zu werden und Spuren zu hinterlassen, war etwas Unglaubliches.

90min: Die WM 2006 fand in Deutschland statt und unmittelbar danach bist du dann nach Stuttgart gewechselt.

Pardo: Wir hatten vorher schon den Confed-Cup verfolgt. Der und die WM fanden in Deutschland statt. Die mexikanische Nationalelf hatte dabei gute Eindrücke hinterlassen, weshalb sie uns für tauglich hielten. Sie wussten, wen sie da verpflichtet hatten, und ich glaube, die Leute waren zufrieden mit uns.

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Das mexikanische Duo des meisterlichen VfB Stuttgart: Pardo und Osorio / TORSTEN SILZ/Getty Images

90min: Der VfB war vor deiner Ankunft 15 Jahre ohne Titel. Jetzt sind wieder 15 Jahre ins Land gegangen - doch die Vormachtstellung der Bayern scheint größer geworden zu sein.

Pardo: Es wird heutzutage immer schwieriger. In Italien lief es in den letzten Jahren ähnlich, mit Juventus als Dauergast an der Spitze. In dieser Saison gibt es mit Inter und Milan wieder mal zwei ernsthafte Konkurrenten. Es wäre gut, wenn dies auch in Deutschland geschehen würde.

Dortmund war immer irgendwie dabei, aber wenn es ernst wurde, versagten sie. Die Bayern haben halt einen Kader mit 22 annähernd gleichwertigen Top-Spielern. Sie dominieren, weil sie einen Kader haben, der um alle Trophäen mitspielen kann.

90min: Dein früherer Mannschaftskollege Thomas Hitzlsperger ist nun einer der mächtigsten Männer beim VfB. Wie schätzt du seinen Weg ein?

Pardo: Er hat es gut gemacht bisher. Als Spieler war er sehr professionell. Er übernahm dann im Klub eine Art Botschafter-Rolle und ist Stück für Stück seinen Weg gegangen. Zur Zeit stellen sie ein sehr dynamisches Mannschaftsgerüst auf. Ihre Fans sind sehr leidenschaftlich, aber auch anspruchsvoll. Ich glaube, dass Hitzlsperger einen guten Job macht.

90min: Welche waren deine besten Mitspieler?

Pardo: Hitzlsperger war technisch sehr stark. Auch Sami Khedira war ein guter Spieler, der mit seinen Qualitäten später sogar bei Real und Juventus überzeugen konnte. Ich erinnere mich auch an Cacau. Ein sehr gewitzter Stürmer mit Torgefahr.

Mario Gómez war vielleicht spielerisch nicht so stark, deutete aber damals schon interessante Facetten an. Und Osorio natürlich. Der konnte links und rechts spielen, weil er mit beiden Füßen gleich stark war.

90min: Verfolgst du die Geschicke der jetzigen VfB-Mannschaft?

Pardo: Ja, tue ich. Tatsächlich bin ich ja auch Bundesliga-Botschafter für Mexiko, Südamerika und die Vereinigten Staaten. Ich persönlich habe eine sehr innige Beziehung zum VfB. Von dem aktuellen Kader würde ich Nicolás González hervorheben. Er kam, fand seinen Platz im Team und ist mittlerweile zu einem der wichtigsten Spieler im Kader gereift.

90min: Als Spielerberater habt ihr natürlich ein Auge für Talente. Welche fünf Mexikaner könntest du dir in der Bundesliga vorstellen?

Pardo: Es gibt eine neue, interessante Generation von Spielern. Sie stellen das Grundgerüst für die olympische Auswahl Mexikos. Spieler wie Santiago Naveda, José Juan Macías, Luis Romo, Alexis Vega y César Montes sind mittlerweile Stammspieler in ihren Klubs und haben durchaus das Zeug, nach Europa zu gehen.

90min: Du kennst diesen mexikanischen WM-Fluch von wegen des verflixten fünften Spiels. Glaubst du, dass dieser Fluch von Tata Martino gebannt werden kann?

Pardo: Ja. Ich habe immer gesagt, dass jedes Projekt seine Zeit braucht. Deutschland gab seinerzeit zwei bis drei Milliarden Euro für Talentförderung aus. Es dauerte mehr als zehn Jahre, um die Früchte dieser Investition einzufahren. Am Ende stand der WM-Titel von 2014. Ich sehe Mexiko sehr nah dran an diesem ominösen fünften Spiel (sprich: WM-Viertelfinale, die Red.).

Ich mag Tata, weil er vom Stil her Bielsa ähnelt. Wenn er einen 17-Jährigen sieht, der ihn überzeugt, nominiert er ihn. Er achtet nicht aufs Alter. Zudem war er Trainer in Paraguay, Argentinien, Barcelona und Atlanta und hat überall einen guten Job gemacht.

90min: Wenn du deine gewonnenen Titel, von den Meisterschaften 2002 und 2005, über die Conca-Champions mit América 2006 bis zum Bundesliga-Titel 2007 in eine Reihenfolge nach Wichtigkeit bringen müsstest - wie sähe sie aus?

Pardo: An erster Stelle der Bundesliga-Titel 2007. Dann die beiden Meisterschaften mit América und schließlich die Conca-Champions.