Geht Schalke finanziell am Stock? NRW-Bürgschaft offenbart potenzielle Gefahr

Krisenstimmung auf Schalke: Zwischen Werte-Achtung und finanzieller Bedrohung
Krisenstimmung auf Schalke: Zwischen Werte-Achtung und finanzieller Bedrohung / INA FASSBENDER/Getty Images
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Seit Wochen gibt es auf Schalke immer neue Entwicklungen an der Finanz-Front - längst war klar: Der Verein ist wirtschaftlich nicht gesund. Die NRW-Bürgschaft offenbart derweil eine neue Gefahr, die auch ein neues Licht auf die Geschehnisse der letzten Tage wirft - gleichzeitig aber auch bedeutsam für die Zukunft ist.

Am Montagabend berichtete das Handelsblatt exklusiv, dass Schalke 04 eine Bürgschaft der Landesregierung Nordrhein-Westfalen erhalten soll. Später zog die WAZ nach und erklärte, diese Informationen decken sich mit der eigenen Recherche. Dabei soll es um ein Volumen von etwa 30 bis 40 Millionen Euro gehen.

Schalke bedarf Unterstützung von Staatsgeldern: NRW bürgt für Königsblau
Schalke bedarf Unterstützung von Staatsgeldern: NRW bürgt für Königsblau / Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Zur Erklärung in Kurzform: Das Land NRW bürgt für den S04, damit sich der Verein einen neuen Kredit bei der Bank genehmigen kann. Da Schalke fast 200 Millionen Euro an Verbindlichkeiten hat und immer wieder auf Kredite angewiesen ist, scheinen die Banken keine gesicherte Rückzahlung mehr zu sehen. An dieser Stelle springt die Landesregierung ein und bürgt für den Klub - sollte er den Kredit, aus welchen Gründen und zu welchem Zeitpunkt auch immer, nicht mehr zurückzahlen können, würde das Land einspringen.

Schalke gibt ein desaströses Bild ab: Finanzielle Schieflage könnte eskalieren

Ob es tatsächlich soweit kommen könnte, ist ungewiss. Dass dieses Szenario jedoch besteht und dass eine solche Bürgschaft augenscheinlich notwendig ist, spricht jedoch Bände über die wirtschaftliche Lage beim traditionsreichen Bundesligisten. Neben den lauernden Verbindlichkeiten und der erneuten sportlichen Misere wird der Verein auch von der Coronakrise getroffen. Sogar Nachbar Borussia Dortmund rechnet mit einem Fehlbetrag von 45 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2019/2020.

Wirft man nun einen Blick zurück, über die letzten Tage, Wochen und Monate, angesichts dieser Bürgschaft, ergibt sich ein bedrohliches Bild: Beinahe erbettelter Verzicht auf Rückerstattungen vom Verein an die Fans, der Härtefall-Antrag, bereits verpfändete TV-Gelder, entlassene Busfahrer auf Mindestlohn-Niveau. Schalke versucht an allen Ecken und Enden, wo es nur möglich ist, zu sparen. Offenbar ist das notwendig, um den Klub am Leben zu halten.

Früh wurde auf Schalke von einer womöglich "existenzbedrohenden Situation" durch die Coronakrise gesprochen
Früh wurde auf Schalke von einer womöglich "existenzbedrohenden Situation" durch die Coronakrise gesprochen / SASCHA SCHUERMANN/Getty Images

Dass Königsblau nicht über einen wirtschaftlichen gesunden Hintergrund verfügt, sondern sich mit Altlasten herumschlagen und mit sehr niedrigen Transferbudgets arbeiten muss, ist längst keine Neuigkeit mehr. Doch es gibt eine Trennlinie zwischen einem Verein, der zwischendurch Sparmaßnahmen ergreifen muss, und zwischen einem Verein, der auf eine Bürgschaft aus potenziellen Steuergeldern angewiesen ist, um sich einen Kredit anleiern zu können.

Es ist eine gefährliche Entwicklung, die der S04 und somit auch alle Fans, Mitglieder und Sympathisanten mitmachen müssen. Erfolgreiche Saisons sind mittlerweile zu positiven Ausreißern geworden, ernüchternde sportliche Entwicklungen fast zum gefühlten Alltag. Währenddessen scheint ein finanzieller Kollaps zu drohen, auch wenn dieser noch entfernt sein mag. Diese Abwärtsspirale, angetrieben durch die beiden Zweige des Vereins (Sport und Wirtschaft), muss durch jahrelange souveräne, weitsichtige und professionelle Arbeit durchbrochen werden.

Lichtblick beim S04: Verein muss ordentliches Konzept vorlegen - Bürgschaft als "Belohnung"?

Wenn man sich bemüht, kann jedoch auch ein kleiner Lichtblick vernommen werden. Die Landesregierung von NRW würde Schalke nicht einfach eine Bürgschaft gewähren, wenn der Verein nicht ein ordentliches, vernünftiges und gutes Konzept für die Zukunft vorgelegt hätte - da kann man sich durchaus sicher sein.

Möglicherweise gehört bereits die vermutlich geplante Gehaltsobergrenze dazu, um zukünftig auf gesünderen Beinen zu stehen, während derartige Maßnahmen auch den sportlichen Bereich (langfristige Arbeit mit jungen Talenten) verbessern sollen. So wird der S04 die Regierung aus CDU und FDP überzeugt haben, dass sie demnächst - wann auch immer das sein soll - wieder auf eigenen Beinen stehen kann.

"Tönnies raus" - Das fordern viele S04-Anhänger wegen diverser Probleme im und am Klub
"Tönnies raus" - Das fordern viele S04-Anhänger wegen diverser Probleme im und am Klub / INA FASSBENDER/Getty Images

Natürlich ist es nahezu zynisch, dass ausgerechnet der Verein von Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies, der das Land NRW durch seinen Coronavirus infizierten Betrieb in die Negativschlagzeilen rückt, Unterstützung von eben diesem erhalten muss. Es ist diese Absurdität, welche die Lage auf Schalke erneut verdeutlicht.

Schalker Sehnsucht nach Ruhe und Stabilität - Vereinsführung muss endlich liefern

Zwischen Sehnsucht nach einem sportlich aussichtsreichen Weg, der lautesten Kritik und den lautesten Rücktritts-Wünschen an Tönnies aus dem Fanlager, die es je gab, und den finanziell drohenden Schäden, kommt die Emotionen durch, durch die der ganze Verein getragen wird. Es ergibt sich ein Bild, das den S04 so verwundbar zeichnet, wie seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr.

Sportvorstand Jochen Schneider steht dieser Tage regelmäßig im Fokus
Sportvorstand Jochen Schneider steht dieser Tage regelmäßig im Fokus / TF-Images/Getty Images

Die Verantwortlichen sind nun in der Pflicht, über Jahre hinweg eine stabile und professionelle Arbeit zu leisten, damit Königsblau wieder auf einen stabilen Boden zurückfinden kann. Am Mittwoch, wenn auf der angekündigten Pressekonferenz die nun zurückliegende Saison analysiert und eine Marschrichtung für die nächste Spielzeit ausgegeben wird, droht der nächste Rückschlag.

Wer weiß, was in diesem Mediengespräch noch alles verkündet und erklärt werden muss...