Neustart-Rufe in Gladbach werden lauter: Wer sollte bleiben - und wer muss gehen?
Von Simon Zimmermann
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Die Fohlen liegen nach 15 Spieltagen nur auf dem 13. Tabellenplatz. Der Abstand zu Relegationsrang 16 beträgt nur noch mickrige zwei Zähler. Nach der niederschmetternden Pleite in Leipzig - der dritten in Folge, inklusive Derby-Niederlage und 0:6-Heimblamage - ist die Stimmung bei den Fohlen am absoluten Nullpunkt angekommen.
"Schuld tragen wir alle", formulierte es Sportchef Max Eberl am Samstagabend im ZDF-Sportstudio. "Ich möchte keinen sehen, der auf irgendeinen anderen zeigt, sondern dass alle diesen Griff machen, sich selber an die Nase packen", so der Gladbach-Manager weiter.
Am Ende bemühte er auch noch das legendäre Kahn'sche Sprichwort: "Wir müssen schon Eier zeigen jetzt!" Eine Aussage, die die derzeitige Hilflosigkeit am Niederrhein ausdrückt.
Was ist passiert, liebe Fohlen?
Doch was ist passiert mit einer Mannschaft, die man vor der Saison zu den Top-Kandidaten für die Europa-Plätze zählte? Mit einer Mannschaft gespickt von Nationalspielern und Stars? Mit einer Mannschaft, die in der laufenden Saison in der Bundesliga gegen den BVB gewann und den Bayern zum Auftakt ein Remis abtrotzte. Mit einer Mannschaft, die im DFB-Pokal den Bayern eine 5:0-Packung einschenkte?
So richtig greifbar ist die Talfahrt der Fohlen nicht. Klar, unter dem neuen Trainer Adi Hütter brauchte das Team eine gewisse Anlaufzeit. Doch immer, wenn man dachte, Gladbach hat in die Spur gefunden, folgte der nächste Rückschlag.
Am Trainer allein will Eberl die Krise nicht festmachen. Eine Freistellung von Hütter kommt für ihn zum aktuellen Zeitpunkt nicht infrage. Schließlich war es Eberl, der den Österreicher als Wunschtrainer für 7,5 Millionen Euro Ablöse aus Frankfurt loseiste.
Am Mittwochabend (18.30 Uhr) kommt es für diesen nun zum Aufeinandertreffen mit der eigenen Vergangenheit. Gladbach empfängt die Frankfurter Eintracht - und muss unbedingt gewinnen. Gelingt das, hat man trotz der schwachen Hinrunde Europa weiter im Blick (Rückstand aktuell auf Platz sechs: fünf Punkte). Gelingt das nicht, werden all die Worte Eberls früher oder später zur Makulatur. Der Trainer ist und bleibt das schwächste Glied einer Krisen-Kette.
Forderungen nach einem Neustart: Welche Spieler sollen bleiben? Wer muss gehen?
Doch in Gladbach mehren sich auch die Rufe nach einem "Neustart". Ein Kader-Umbruch muss nach Meinung von vielen Fohlen-Fans her. Personelle Fragezeichen gibt es innerhalb der Mannschaft nicht erst seit gestern. Die Vertrags-Poker um Zakaria, Ginter und Co. zehren am Klub.
"Jedes halbe Jahr muss man den Kader mal durchforsten und schauen, was wir da in der Winterpause machen."
- Adi Hütter
Wie sollte ein solcher Umbruch nun aussehen? Wer sollte unbedingt gehalten werden - und bei welchen Spielern wäre eine Trennung das Beste?
1. Denis Zakaria
Vertrag bis: 2022
So gut wie der Schweizer unter Adi Hütter in die Saison gekommen ist - so klar fällt das Urteil aus: Gladbach sollte sich vom 25-jährigen Schweizer trennen. Vielleicht sogar schon in der Winterpause.
Denn die ständigen Diskussionen um Zakaria nerven einfach nur noch. Zudem wollte der Schweizer eigentlich schon vor der Saison den Klub verlassen. Eine Verlängerung wäre - wenn überhaupt - nur mit einem finanziellen Kraftakt möglich. Ein zu hohes Risiko.
Im Winter könnte man dagegen zumindest noch eine kleine Ablöse kassieren. Trotz seiner Stammspieler-Rolle gibt es im aktuellen Kader genug Spieler, die Zakaria ersetzen könnten.
2. Matthias Ginter
Vertrag bis: 2022
Bei Matthias Ginter ist die Lage schon kniffliger. Der Abwehrchef musste lange auf ein Angebot der Fohlen warten. Bislang hat er sich noch nicht klar positioniert.
Seine Leistungen waren zuletzt ähnlich katastrophal, wie die des gesamten Teams. Von einem Führungsspieler wie Ginter sollte man mehr erwarten können.
Der Optimalfall wäre sicherlich eine schnelle und langfristige Verlängerung. Sollte das nicht gelingen, muss Gladbach in den sauren Apfel beißen und Ginter am Saisonende ablösefrei ziehen lassen. Ein Winter-Abgang sollte nicht infrage kommen.
3. Jordan Beyer
Vertrag bis: 2022
Der Vertrag mit dem Eigengewächs läuft ebenfalls aus. Beyer hat bereits bewiesen, dass er auf gehobenem Bundesliga-Niveau agieren kann. Die Entscheidung beim 21-Jährigen sollte daher recht klar sein: unbedingt verlängern.
Zumal ein neuer Vertrag mit Beyer finanziell nicht so stark ins Gewicht fallen würde. Der flexibel einsetzbare Abwehrspieler könnte eines der Gesichter des Neustarts werden.
4. Ramy Bensebaini
Vertrag bis: 2023
Wenn man den Algerier in Leipzig gesehen hat, hätte man meinen können, da steht sein talentfreier Zwillingsbruder auf dem Feld. Solch unterirdische Leistungen ist man von Bensebaini überhaupt nicht gewohnt.
Beim 26-Jährigen sollte diese Leistung den Blick aufs Wesentliche aber nicht verklären. Bensebaini ist ein Typ, der dem Gladbacher Kader sehr gut tut - und der entsprechend gehalten werden sollte.
Zudem kann er in verschiedenen Systemen als Links- und Innenverteidiger eingesetzt werden.
5. Tony Jantschke
Vertrag bis: 2023
Der "Fußballgott" spielt seit der U17 beim VfL. Auf Jantschke ist immer Verlass! Für die erste Garde reicht es beim 31-Jährigen aber nicht mehr. Eberl könnte ihm eine Funktion als Backup anbieten und ihn früher oder später in anderer Funktion in den Klub einbauen. Jantschke muss bleiben!
6. Florian Neuhaus
Vertrag bis: 2024, mit Ausstiegsklausel
Keiner symbolisiert das Fohlen-Rätsel so gut wie Florian Neuhaus. Unter Hütter kommt der neunfache Nationalspieler einfach nicht in Tritt. Einige Highlights können die reihenweise schwachen Auftritte des 24-Jährigen nicht kaschieren.
Die Transferspekulationen um seine Person scheinen nicht spurlos an ihm vorbeigegangen zu sein. Die Frage muss gestellt werden: Ist Neuhaus mit dem Kopf noch zu 100% in Gladbach?
Zweifel, diese Frage mit 'Ja' beantworten zu können, gibt es große. Und so scheint die korrekte Frage nicht zu lauten, ob er Gladbach verlassen wird, sondern wann das der Fall sein wird.
Unter diesem Gesichtspunkt würde Neuhaus einem Neustart nur im Wege stehen. Für beide Seiten wäre eine Trennung am Saisonende die beste Lösung.
7. Christoph Kramer
Vertrag bis: 2023
Der 30-jährige Weltmeister fehlte sechs Spieltage verletzt und blieb zuletzt zweimal nur auf der Bank. Davor pendelte er zum Saisonstart zwischen Startelf und Reservisten-/Joker-Rolle.
Kramer ist einer der Charakterköpfe in der Mannschaft und bleibt weiter wichtig - auf und neben dem Platz. Zudem macht er wenig Aufsehen, wenn er nicht in der ersten Elf steht und ist als Joker immer eine gute Option.
Einen Neustart sollte Eberl mit Kramer angehen.
8. Jonas Hofmann
Vertrag bis: 2023
Jonas Hofmann muss sich einer Knie-OP unterziehen und kann 2021 nicht mehr spielen. Zuvor war er einer der wenigen konstanten Lichtblicke der Saison. Mit sieben Toren ist der 29-Jährige der Toptorschütze der Fohlen.
Ein Spieler seiner Qualität und auch Flexibilität ist nicht leicht zu finden - und wenn, dann sehr teuer. Sollte es möglich sein, täte Eberl gut daran, mit Hofmann zu verlängern. Gibt es kommenden Sommer allerdings Angebote jenseits der 20 Millionen Euro, könnte man auch über einen Verkauf nachdenken.
Fazit: Eine Trennung macht nur Sinn, wenn es eine sehr lukrative finanzielle Entschädigung gibt.
9. Lars Stindl
Vertrag bis: 2023
Der Capitano hat in der laufenden Saison schon überragende Leistungen gezeigt. Die Konstanz kommt Stindl aber etwas abhanden. Mit 33 Jahren geht er in den Herbst seiner Karriere.
Kurzfristig wird man in Gladbach weiter auf Stindl bauen. Ob eine Verlängerung über 2023 hinaus Sinn macht, sollten erst die kommenden zwölf Monate 2022 zeigen.
10. Alassane Plea
Vertrag bis: 2023
Beim 28-jährigen Franzosen ist das Urteil klar und eindeutig: Plea muss spätestens im Sommer 2022 verkauft werden. Dann kann Gladbach zumindest noch auf weite Teile der 2018 gezahlten 23 Millionen Euro hoffen.
Dessen geschätzter Marktwert betrug einst 38 Millionen Euro. Mittlerweile sind 20 Millionen davon Geschichte. Was sich Plea höchstselbst zuzuschreiben hat. Der Stürmer wirkt häufig wie eine launische Diva. Konstanz ist bei ihm schon länger ein Fremdwort.
Was nutzt das enorme Potenzial, wenn es Plea nur bedingt und unregelmäßig abrufen kann? In Gladbach ist es besonders in der Offensive Zeit für einen Umbruch. Und im Zuge dessen sollte man sich von Plea trennen.
11. Marcus Thuram
Vertrag bis: 2023
Ähnlich gestaltet sich die Lage bei Landsmann Thuram. Tikus ist in Gladbach perfekt eingeschlagen und schaffte es auf Anhieb zum Bundesliga-Shootingstar. Doch seit seiner Spuck-Affäre kommt der 24-Jährige nicht mehr in die Gänge. Verletzungen taten ihr Übriges dazu.
Analog zu Neuhaus scheint auch Thuram nicht mehr mit vollem Fokus in Gladbach zu sein. Nach den diversen Abgangs-Gerüchten im letzten Sommer sollte es spätestens ein Jahr später soweit sein. Eine Trennung scheint unvermeidlich.
12. Yann Sommer
Vertrag bis: 2023
Yann Sommer ist die ärmste Sau in Gladbach. Der 32-Jährige gehört zu den besten Keepern der Bundesliga und ist eigentlich in konstant guter Form. Zuletzt flogen ihm die Gegentore nur so um die Ohren - viel vorwerfen kann sich Sommer aber nicht.
Im Tor sollte man weiterhin auf den Schweizer Nationalkeeper bauen, der sich zuletzt sehr offen gegenüber einer Vertragsverlängerung zeigte. Dafür braucht es aber auch die Aussicht auf eine schlagkräftige Mannschaft in der Zukunft. Bedingungslos wird Sommer den Fohlen nicht die Treue halten.
13. Patrick Herrmann
Vertrag bis: 2022
Bei Flaco wird es richtig knifflig. Der 30-Jährige spielt schon seit der U19 für die Fohlen. Entsprechend sollte man mit dem Urgestein auch umgehen.
Mehr als ein Joker ist Herrmann aber schon lange nicht mehr, auch wenn er zuletzt mal wieder in der Startelf stand. Eberl muss ein offenes Gespräch mit dem Routinier führen: Entweder er ist dazu bereit, weiterhin als klarer Backup zu fungieren - oder eine Trennung ist unumgänglich.
14. Hannes Wolf
Vertrag bis: 2024
Ungeachtet des von Beginn an kritisch betrachteten Transfers muss man klar festhalten: Hannes Wolf ist ein Fehleinkauf! Die Leistungen des 22-jährigen Österreichers sprechen eine klare Sprache. Insgesamt waren die elf Millionen Euro Ablöse eine Fehlinvestition.
Entsprechend sollte man sich von Wolf so schnell wie möglich trennen. Sollte es keine passenden Angebote geben, wäre auch eine Winter-Leihe eine Option.
15. Breel Embolo
Vertrag bis: 2023
Im Bestfall verkörpert Embolo Wucht, Dynamik und Torgefahr. Im schlechtesten Fall ist er mal wieder verletzt. Oder sorgt abseits des Rasens für Unruhe.
Es ist ein Auf und Ab mit dem 24-jährigen Schweizer am Niederrhein. Will man die Offensive komplett neu aufstellen, sollte man einen Verkauf zumindest in Betracht ziehen. Aber nur dann, wenn man eine Ablöse über den 2019 an Schalke gezahlten elf Millionen Euro erhalten würde.
16. Laszlo Benes
Vertrag bis: 2024
2016 zahlte Gladbach fünf Millionen Euro für den damals 19-Jährigen Benes. Mittlerweile ist der Slowake 24 Jahre alt und hat bereits zwei Leihen hinter sich (Kiel und Augsburg).
Der zentrale Mittelfeldspieler hat einen starken linken Fuß und kann gefährliche Standards treten. Nachhaltig konnte er aber nie zeigen, dass er sich gegen die Konkurrenz in Gladbach durchsetzen kann.
Dass ihm das noch gelingt, ist höchst fraglich. Eine endgültige Trennung wäre für alle Seiten das Beste. Nach 90min-Infos hat Werder Bremen Interesse. Eine Leihe mit anschließender Kaufoption/-pflicht könnte schon im Winter eine gute Option sein.