Maximilian Beisters Sturz von der HSV-Hoffnung zum gefallenen Pechvogel

Maximilian Beister - vom einstigen hoffnungsvollen Talent in die 3. Liga
Maximilian Beister - vom einstigen hoffnungsvollen Talent in die 3. Liga / TF-Images/Getty Images
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Maximilian Beister - ein extrem talentierter Kicker. Dynamisch, schnell und mit einer feinen Schusstechnik ausgestattet, sprach vieles für eine verheißungsvolle Karriere, die auch vielversprechend begann. Verletzungen machten den Plänen des langjährigen Hamburgers jedoch einen Strich durch die Rechnung. Sein Absturz führte über Australien vorübergehend in die Vereinslosigkeit. Heute scheint der ehemalige Juniorennationalspieler die Lust zum Fußball wiedergefunden zu haben - in der 3. Liga.

Es war ein starker Beginn seiner Laufbahn. Maximilian Beister, geboren in Göttingen und aufgewachsen in Lüneburg, vor den Toren der Hansestadt Hamburg, wurde früh von den Scouts des HSV entdeckt. Bereits mit vierzehn Jahren wechselte der Angreifer von seinem Jugendverein, dem VfL Lüneburg, in das Nachwuchsleistungszentrum des Hamburger Sport-Vereins.

Die Anfänge eines großen Talents

Maxi Beister durchlief alle Jugendmannschaften der Rothosen und überall zeigte er, welch großes Talent in ihm schlummert. Seine Fähigkeiten waren außergewöhnlich und schienen ein Garant für eine erfolgreiche Karriere zu sein. Er überzeugte mit seinen Leistungen, vor allem in der A-Jugend und der zweiten Mannschaft, wo er bereits mit 18 Jahren regelmäßig Luft im Seniorenbereich schnuppern durfte.

Der Lohn folgte zur Saison 2009/2010. Maximilian Beister unterschrieb einen Profivertrag in Hamburg. Die erste Hürde war genommen, aber die Unterschrift machte den Stürmer nicht automatisch zu einem Stammspieler in der Bundesliga. Beister musste sich vorerst mit der Regionalliga zufrieden geben, denn der damalige Trainer Bruno Labbadia setzte nicht sofort auf Beister.

Am 22. November 2009 hatte das Warten allerdings endlich ein Ende. Beister wurde in der Partie gegen den VfL Bochum in der 89. Minute für Guy Demel eingewechselt. Es waren zwar nur wenige Minuten, die Beister auf dem Platz sammeln durfte, für einen Spieler seines Alters ist das Debüt jedoch unglaublich wichtig. Nun war der Stürmer offiziell Profi des HSV, jedoch folgte in der Saison nur noch ein einziger Bundesligaeinsatz am 31. Spieltag gegen Mainz.

Der Durchbruch in Düsseldorf

Am Talent Beisters zweifelte in Hamburg niemand. Junge Spieler können sich aber nur bestmöglich entwickeln, indem sie Spielpraxis auf hohem Niveau erhalten. Der HSV konnte diese Notwendigkeit nicht bieten, weshalb eine zweijährige Leihe zu Fortuna Düsseldorf Abhilfe schaffen sollte. Ein absoluter Glücksfall für den damaligen U21-Nationalspieler, denn in der 2. Bundesliga gehörte Beister zu den besten Spielern. Nicht nur seine Torgefahr, sondern auch seine Qualitäten als Spielgestallter konnte der Leistungsträger der Fortuna merklich weiterentwickeln.

In der Rückrunde der Saison 2010/2011 hatte sich Beister, der zumeist im offensiven Mittelfeld aufgeboten wurde, zum unangefochtenen Stammspieler in Düsseldorf entwickelt. Es wurde aber noch besser: In der Folgesaison bestätigte Beister seine positive Entwicklung und setzte sogar noch einige Prozentpunkte drauf. Mit acht Toren und elf Vorlagen in der Hinrunde avancierte der Mittelfeldmann zum Top-Scorer der 2. Bundesliga. Er hatte großen Anteil daran, dass Düsseldorf Herbstmeister wurde und vom Aufstieg träumte.

Maximilian Beister nach seinem Führungstor in der Relegation gegen Berlin
Maximilian Beister nach seinem Führungstor in der Relegation gegen Berlin / PATRIK STOLLARZ/Getty Images

In der Rückrunde zeigte die Fortuna jedoch ein anderes Gesicht und auch Beister spielte nicht so stark auf wie in er Hinserie. Trotzdem erreichte Düsseldorf die Relagation zur Bundesliga. Der Gegner hieß Hertha BSC und genau in dieser Relegation erwachte die Fortuna zu alter Stärke. Für Beister waren es die letzten Spiele für Düsseldorf und er verabschiedete sich so, wie er es kaum besser hätte machen können. Im Rückspiel traf Beister zum 1:0 bereits nach 25 Minuten - das Tor zum Aufstieg. Nach einem 2:1-Sieg der Rheinländer im Hinspiel und einem 2:2 aus dem Rückspiel war der Aufstieg Düsseldorfs perfekt und Beister kehrte als Held zum HSV zurück.

Hoffnungen, Verletzungen und ein unrühmliches Ende

Beister überzeugte in Düsseldorf. Die Vorfreude auf die Rückkehr des Aufstiegshelden in Hamburg war riesig. Dementsprechend hoch auch die Erwartungen, die das Umfeld des Vereins auf die Schultern des Offensivspielers legten.


Die Anfänge seiner Rückkehr nach Hamburg gestalteten sich allerdings schwierig. Das Niveau in der 1. Liga war deutlich höher als im Unterhaus, weshalb Beister nicht so frei aufspielen konnte, wie während seiner zweijährigen Leihe in Düsseldorf. Er hatte einen schwierigen Stand in Hamburg und kam zumeist als Einwechselspieler zum Zug. An sein erstes Bundesligator wird sich allerdings nicht nur Beister erinnern, denn es war ein Tor, wie es besser nicht zu "Maxi" passen konnte.

Unhaltbar für Schalke-Keeper Lars Unnerstall schlägt der Schuss von Beister im Tor ein
Unhaltbar für Schalke-Keeper Lars Unnerstall schlägt der Schuss von Beister im Tor ein / ODD ANDERSEN/Getty Images


Am 27. November 2012 war der FC Schalke 04 zu Gast im Volkspark und dann kam der Moment, auf den ganz Hamburg gewartet hatte: in der 52. Minute nahm sich Beister ein Herz und hielt aus über 20 Metern einfach mal auf das Tor der Gäste drauf. Der Ball schlug mit 121 km/h unhaltbar im Tor der Schalker ein. Es war das zwischenzeitliche 1:0 für den HSV. Ein wunderschönes Tor, das den 3:1-Heimerfolg zusätzlich versüßte. Das i-Tüpfelchen: Beister verlängerte seinen Vertrag in Hamburg vorzeitig bis 2016.

Aber auch dieses Erfolgserlebnis bedeutete nicht automatisch den Durchbruch. Unter Trainer Thorsten Fink blieb Beister häufig nur der Platz auf der Ersatzbank. Die Saison 2014/2015 begann allerdings vielversprechend. Mittlerweile coachte Bert van Marwijk die Hamburger und der Niederländer setzte in seinem bevorzugten 4-2-3-1 auf Beister. Auf der rechten Außenbahn fühlte sich Maximilian Beister sichtlich wohl und kam immer besser in Fahrt. In der Hinrunde erzielte der Deutsche gute sieben Tore und steuerte sechs Vorlagen bei.

Beister zeigte beim HSV vielversprechende Leistungen, wurde aber von Verletzungen ausgebremst
Beister zeigte beim HSV vielversprechende Leistungen, wurde aber von Verletzungen ausgebremst / CHRISTOF STACHE/Getty Images

Im Januar 2014 dann das Drama: In einem Testspiel gegen Vitesse Arnheim riss sich Beister das vordere Kreuzband. Ein harter Einschnitt in seine immer besser werdende Form. Diese schwere Verletzung hatte eine monatelange Zwangspause zur Folge. Ganze 199 Tage fehlte Beister dem HSV, 38 Spiele musste der Angreifer pausieren. Und als hätte es nicht schlechter laufen können, erlitt Beister kurz nach seiner Rückkehr auf den Platz einen Meniskusschaden. Kombiniert war Beister damit rund ein Jahr ohne Spielpraxis auf hohem Niveau. Seine Karriere litt merklich unter den Verletzungen, denn der Alte wurde "Maxi" leider nie mehr.


Die Situation spitze sich sogar so sehr zu, dass die Zeichen des ehemaligen Hamburger Hoffnungsträgers bereits ein Jahr vor Vertragsende auf Abschied standen.

Der HSV, schon damals knapp bei Kasse und von fragwürdigen Personalentscheidungen zerrüttet, leistete sich einen riesigen Bock im Zuge der Trennung von Beister. Sportchef Knäbel zahlte dem Angreifer für die vorzeitige Auflösung des Vertrags eine hohe Geldsumme und begründete diesen Schritt damit, dass Beister nicht zu vermitteln sei. Nur eine Tag nach der Trennung unterschrieb Beister allerdings beim FSV Mainz 05.

Ein Abschied mit fadem Beigeschmack, denn sowohl das Verhalten Beisters, dem vom HSV sogar juristische Schritte angedroht wurden, als auch die Begründung der Vertragsauflösung aus der HSV-Führung waren alles andere als astrein. Die Unstimmigkeiten wurden letztendlich außergerichtlich geklärt, dennoch passte dieser Abgang zum damaligen Gesicht der Hamburger - unkoordiniert und naiv. Beister kassierte mit einer üppigen Abfindung ordentlich ab, um den Vertrag in der Hansestadt vorzeitig zu beenden und unterschrieb am nächsten Tag einen neuen Kontakt, obwohl er als nicht vermittelbar abgestempelt wurde.

Der missglückte Neustart - Flucht nach Down-Under

Beim FSV Mainz 05 wollte Beister zu alter Stärke finden. Vor allem von schweren Verletzungen blieb der Angreifer frei, allerdings mangelte es an Spielzeit. Seinen ersten und einzigen Bundesligaeinsatz für die Mainzer erhielt Beister ausgerechnet gegen seinen Ex-Verein, den HSV, gegen den er für fünf Minuten spielen durfte. Dies blieben jedoch die letzten Minuten für die erste Mannschaft von Mainz.
Aber auch für die Amateure des Teams aus der Karnevalshochburg spielte Beister keine Rolle. Auch in der 3. Liga konnte der Stürmer nur einen einzigen Einsatz verzeichnen.

Abhilfe sollte eine halbjährige Leihe zum TSV 1860 München schaffen, an den Beister in der Rückrunde 2015/2016 abgegeben wurde - aber auch in der bayrischen Landeshauptstadt ging sein Stern nicht mehr auf. Zwar durfte Beister immerhin acht mal für die Löwen auflaufen, einen Scorer-Punkt sammelte er allerdings nicht.

Das Kapitel Australien endete vorzeitig und mit eine Tor aus neun Spielen
Das Kapitel Australien endete vorzeitig und mit eine Tor aus neun Spielen / Quinn Rooney/Getty Images

In Rheinland-Pfalz hatte Beister auch nach der Leihe nach München keine Zukunft mehr, auch die Einstellung des Angreifers soll nicht mehr optimal gewesen sein.

Im Oktober 2016 kam ein Angebot aus Australien von Melbourne Victory, das Beister annahm. In der A-League sollte der Neustart gelingen, aber auch auf dem neuen Kontinent blieb das ehemalige Talent vom Pech verfolgt. Neun Spiele mit einem Tor konnte Beister in der australischen Liga für sich verbuchen. Im Februar 2017 endete aber auch das Kapitel Australien vorzeitig, denn Beister löste seinen Leihvertrag aus persönlichen Gründen auf und kehrte vorübergehend nach Mainz zurück.

Nach der Vereinslosigkeit die ersten Erfolgserlebnisse

Die Rückkehr nach Mainz mündete jedoch in einer vorübergehenden Vertragslosigkeit. Beister stand plötzlich ohne Vertrag da und musste um seine Karriere fürchten. Ein halbes Jahr lang hatte Beister, der sogar als kommender Nationalspieler gehandelt wurde, keinen Verein.

Erst im Januar 2018 kam das Angebot vom KFC Uerdingen aus der Regionalliga West, das Beister annahm. Uerdingen galt als einer der Aufstiegsfavoriten in der 4. Liga und Maximilian Beister fügte sich sofort gut in das Team ein. In 15 Begegnungen in der Rückrunde traf der Angreifer elfmal und bereitete vier weitere Tore vor. Auch dank ihm nahm der KFC an der Aufstiegsrunde zur 3. Liga teil, die sie gewannen und damit in den Profifußball aufstiegen.

Beim KFC Uerdingen gehörte Beister zu den absoluten Leistungsträgern
Beim KFC Uerdingen gehörte Beister zu den absoluten Leistungsträgern / TF-Images/Getty Images

Bei Maximilian Beister schien dieser Erfolg neue Energie freigesetzt zu haben, denn er entwickelte sich auch in der 3. Liga zum Leistungsträger seiner Mannschaft. In der Saison 2018/2019 avancierte der Offensiv-Allrounder zum besten Torschützen Uerdingens. Mit elf Treffern aus 31 Spielen drückte er der 3. Liga seinen Stempel auf, was auch der Konkurrenz nicht verborgen blieb.

Der Zweitligaabsteiger aus Ingolstadt ergriff die Chance und verpflichtete Beister dank einer Ausstiegsklausel zur neuen Saison für 250.000 Euro. Bei den Schanzern trägt der ehemalige Bundesligaspieler seitdem das Trikot des Spielmachers mit der Nummer 10. Grund für den schnellen Abgang von Uerdingen sollen Gerüchten zufolge Differenzen mit der Vereinsführung gewesen sein.

Ein Rückblick - was wäre, wenn?

Maximilian Beister hatte schon immer seinen ganz eigenen Kopf. Waren es Ehrgeiz oder zu hohe Ansprüche an sich selbst? In jungen Jahren gehörte der Angreifer zu den vielversprechendsten Talenten des deutschen Fußballs, was er auch einige Male bestätigen konnte.

Die Verletzung aus dem Januar 2014 warf Beister aber völlig aus der Bahn. Anschließend konnte er nur noch sehr selten an seine Glanzzeiten anknüpfen. Was wäre passiert, wenn sich Beister nicht schwer verletzt hätte? Wäre er die Rettung für den kriselnden HSV gewesen? Wäre er heute Nationalspieler? Würde er heute bei einem internationalen Topverein spielen?

Maximilian Beister bei seinem heutigen Verein, dem FC Ingolstadt
Maximilian Beister bei seinem heutigen Verein, dem FC Ingolstadt / TF-Images/Getty Images

Auf diese Fragen wird es keine Antwort geben. Die Fähigkeiten Beisters waren zu seiner Glanzzeit auf jeden Fall einmalig und er hatte definitiv das Potenzial, eine große Karriere einzuschlagen.

Heute spielt Beister bei seiner 7. Station als Profi, aber auch neben dem Fußballplatz hat sich "Maxi" ein zweites Standbein aufgebaut. Er ist Unternehmer und Teilhaber einiger Firmen und er hat in seiner Heimatstadt Lüneburg einen eigenen Verein, den SC Lüneburg gegründet.

Mit heute 29 Jahren könnte Beister noch einige Jahre Fußball spielen. Der große Sprung wird ihm jedoch wahrscheinlich nicht mehr gelingen. Zwar steht der FCI mit momentan 42 Punkten gut da und hat nur zwei Zähler Rückstand zum Aufstiegsrang zwei, die undurchsichtige Corona-Situation könnte aber alle Aufstiegs-Träume zerplatzen lassen. Die Geschichte des Angreifers ist ein weiterer Beweis dafür, wie verheerend schwere Verletzungen für einen jungen Spieler sein können.