Jobst als Streitfigur auf Schalke: Die Fan-Meinungen gehen weit auseinander

Alexander Jobst wird Schalke wegen Anfeindungen verlassen
Alexander Jobst wird Schalke wegen Anfeindungen verlassen / INA FASSBENDER/Getty Images
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Die Meldung vom Donnerstagvormittag, Alexander Jobst werde seinen Posten als Vorstand Marketing, Vertrieb und Organisation auf Schalke zum Saisonende vorzeitig niederlegen, überraschte die Fans. Die Reaktionen auf diese Meldung zeigen erneut: Jobst ist und bleibt eine Streitfigur bei Königsblau.


"Ich gehe sehr, sehr schweren Herzens und habe lange mit dieser Entscheidung gerungen." Das erklärte Alexander Jobst angesichts seines Beschlusses, Schalke 04 zum 30. Juni und damit drei Jahre vor seinem Vertragsende zu verlassen.

Anonyme Anfeindungen und Bedrohungen sollen den Ausschlag für diesen radikalen Schritt gegeben haben. Ein passender Anlass, um eine wichtige Tatsache erneut ins Gedächtnis zu rufen: Bei aller Kritik, bei aller Emotionalität und möglicherweise auch Wut - wer sich solchen Mustern bedient, hat sich aus dem Diskurs sofort und ohne jeden Zweifel verabschiedet. Derartige Vorgänge sind bei allem Unmut, den man gegenüber der Arbeit eines Vereinsfunktionärs haben kann, völlig inakzeptabel.

Alexander Jobst
Alexander Jobst wird Schalke nur noch die Rest-Saison erhalten bleiben / Pool/Getty Images

Und damit sind nicht einmal die Plakate und Banner gemeint, die sich beispielsweise gegen den oftmals prominenten Vorstoß Jobsts richteten, eine Ausgliederung des Vereins zu diskutieren. Laut WAZ kam es zu sehr derben Droh-Mails und -Briefen. Deren Inhalt schien so bedrohlich und gefährlich gewesen zu sein, dass er von der Polizei den Rat bekommen haben soll, die S04-Geschäftsstelle nur noch bei Tageslicht zu verlassen.

Auch gegen seine Familie richteten sich Bedrohungen. Unter anderem soll ihm geschrieben worden sein: "Wir wissen, wo ihre Kinder zur Schule gehen. Sind sie sicher, dass sie jeden Tag nach Hause kommen?"

Vorgänge also, die an Widerlichkeit kaum zu überbieten sind und sich auch völlig gegen dem Leitbild von Schalke widersetzen. Schon im fünften Punkt heißt es dort unmissverständlich: "Wir begegnen uns in der Schalker Vereinsfamilie [...] respektvoll und auf Augenhöhe. Auch bei kritischen Themen sind wir tolerant gegenüber anderen Meinungen und nehmen Rücksicht auf die Belange anderer."

Die Streitfigur Alexander Jobst: Marketing-Genie oder mehr Schein als Sein? Auch die Schalke-Fans diskutieren

Umso mehr sollte der Fokus auf vernünftige, sachliche Diskussionen und Meinungen gelegt werden. Dazu gibt es bei S04 mehr als genügend Ansätze, auch zur Personalie Alexander Jobst - besser noch: Zu seinem Tun im Verein. Immerhin war er satte zehn Jahre dabei, wenn er zum Saisonende geht.

Zur Streitfigur wurde er vor allem in den letzten Jahren. Einerseits aufgrund des stetigen sportlichen Abrutschens, an dem er als Vorstands-Mitglied unweigerlich auch einen Anteil trägt. Andererseits aufgrund mancher Kontroversen. Sei es eine angedachte Ausgliederung, das Vermarkten "eines Projekts", wie er es erst kürzlich formuliert hatte oder auch die Berichte und Gerüchte über ein intern enorm angespanntes Arbeitsklima.

Bei kaum einen Funktionär auf Schalke gehen die Meinungen unter den Fans so sehr auseinander, wie es bei Jobst der Fall ist. Die einen betonen seine Verdienste im Bereich Marketing und Sponsoring, sehen ihn als einen der wenigen fähigen Leute mit Kompetenz. Die anderen sehen keinen wirklichen Marketing-Erfolg, stellen stattdessen auch gescheiterte Projekte und die internen Probleme in den Vordergrund.

Schalke diskutiert die Arbeit von Jobst - die Meinungen gehen weit auseinander

Zwei glühende Schalke-Anhänger haben sich bereiterklärt, ihre gegenteilige Meinung angesichts dieser Debatte zur Verfügung zu stellen. Nochmals an dieser Stelle betont: Dabei geht es ausnahmslos um das Wirken von Jobst. Die Beleidigungen, Anfeindungen und Bedrohungen lehnen auch die beiden Fans vollumfänglich ab.

1. Tim bedauert das Ausscheiden von Alexander Jobst. Seine Ansicht:

Alexander Jobst
Alexander Jobst wird nach zehn Jahren gehen / INA FASSBENDER/Getty Images

"Ich halte den Abgang von Jobst für einen schweren Fehler. Ihn mit dem sportlichen Abstieg in Verbindung zu bringen, ist schlichtweg unfair. Er trägt Verantwortung für sein Ressort, welches nun mal Erlöse aus dem Marketing erzielen soll, was ihm im Laufe seiner Amtszeit immer unabhängig von der sportlichen Situation gelungen ist. Auch der kürzlich eingetütete, lukrative Deal mit Gazprom zeigt, dass er emanzipiert von Clemens Tönnies den FC Schalke 04 gut zu vermarkten vermochte. Er ist weltweit gut vernetzt und erkennt frühzeitig Potenzial, wie der Einstieg in den E-Sport eindrucksvoll belegt.

Die Kritik bezog sich häufig auf seinen menschlichen Umgang. Dahingehend erschien er mir aber keinesfalls beratungsresistent, er gab kommunikative Mängel im Rahmen des Formats "mitGEredet" offen zu und gelobte Besserung. Der Kampf um Sponsoren ist insbesondere bei ausbleibendem Erfolg und in der Pandemie ein Kraftakt. Es bedarf in diesem Zusammenhang mit Sicherheit des Öfteren unpopulärer Entscheidungen. Diese traf er jedoch stets im Sinne des Vereins, wie die guten Zahlen belegen.

Zudem hat der FC Schalke 04 auffallend loyale Sponsoren, die in der Krise ihre Unterstützung keinesfalls zurückzogen, sondern diese eher noch ausweiteten. Dies spricht für eine gesunde und vertrauensvolle Basis, was ebenfalls der Verdienst von Alex Jobst ist. Er verkörpert die Professionalität, die wir Fans uns innerhalb der Mannschaft schon lange wünschen. Ich glaube nicht, dass es jemanden gibt, der seinen Vorstandsposten derzeit mindestens ebenso ertragreich ausüben könnte."

- @become_tim


2. Fabian sieht das nahende Aus des Vorstandsmitglieds leistungsmäßig als gerechtfertigt und als eine Chance:

Alexander Jobst
Einigen S04-Fans bleiben eher seine Verfehlungen im Gedächtnis / Andreas Rentz/Getty Images

"Unter Alexander Jobst war sicherlich nicht alles schlecht auf Schalke. Aber ebenso wenig war auch alles super. Der Umbro-Deal ist sicherlich der bekannteste Fehlgriff von Jobst. Wirtschaftlich war der Deal noch in Ordnung, aber die Partnerschaft erwies sich als brachiales Missverständnis, nicht nur aufgrund der sportlichen Misere, woraufhin man den Vertrag vorzeitig beenden wird ("Schalke-Trikots in allen Kaufhäusern").

Weiterhin berichteten einige anonyme Mitarbeiter von einem "Klima der Angst und Einschüchterung", insbesondere unter Jobst und Peter Peters. Zudem soll sich Jobst enorm gegen die Gründung eines Betriebsrats gewehrt haben.

Das China-Projekt mit Hebei Fortune verlief extrem holprig. Zahlungen blieben aus und es gab sogar einen Rechtsstreit, woraufhin Jobst persönlich den Deal angeblich "rettete". Seitdem gibt es nichts Neues bezüglich der Partnerschaft. Ob der Deal wirklich "gerettet" wurde, wird sich erst in der Zukunft zeigen. Auch der Viagogo-Deal war ein kompletter Fehlgriff von Jobst (Ticket-Schwarzmarkt), der nur aufgrund lauten Protests der Mitglieder gestoppt werden konnte.

Viele Sponsorenverlängerungen werden Jobst zugeschrieben. Aber wer sich mit dem Verein auseinandersetzt, weiß, dass Partner wie Gazprom oder Böklunder aus Rheda gebunden wurden, von Clemens Tönnies, auch wenn er selber nicht mehr im Verein tätig ist. Auch Veltins ist als Namensgeber der Arena und langjähriger Partner kein reiner Verdienst von Jobst."

- @Kukoranyi