Jamal Musiala nach Gala-Vorstellung im Fokus: Sollte Löw den Bayern-Youngster mit zur EM nehmen?

Vor wenigen Wochen debütierte Jamal Musiala für das DFB-Team. Darf der Youngster auch mit zur EM?
Vor wenigen Wochen debütierte Jamal Musiala für das DFB-Team. Darf der Youngster auch mit zur EM? / Boris Streubel/Getty Images
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Mit seinem Doppelpack hat ausgerechnet Bayerns Top-Talent Jamal Musiala die Meisterschaft vorentschieden. Der 18-Jährige trumpfte beim 3:2-Erfolg gegen den VfL Wolfsburg mächtig auf und zeigte dabei neben seiner grandiosen Technik auch ganz ungeahnte Fähigkeiten. Seinen herrlichen Kopfballtreffer hätte mutmaßlich nicht mal Lehrmeister Hansi Flick voraussehen können. Die Chancen in Richtung eines EM-Platzes dürften sich nach dem grandiosen Auftritt weiter verbessert haben. Trotz allem muss man sich die Frage stellen, ob eine Teilnahme nicht etwas zu früh käme.


Jamal Musiala: Das spricht für eine DFB-Nominierung

Trotz seiner Jugend ist bereits jetzt offensichtlich, dass Jamal Musiala zu den absoluten Ausnahmeerscheinungen gehört. Seine enge Ballführung, sein Dribbling und seine Torgefahr stechen sogar im Bayern-Kader heraus. Wenngleich der Youngster mit Sicherheit noch längst kein fertiger Spieler ist, besitzt er das gewisse Etwas, das im Fußball häufig gesucht, aber nur selten gefunden wird.

Bei der WM 2018 hat dem Team genau ein solcher Akteur gefehlt, der zwar nicht nach Lehrbuch spielt, aber für besondere Momente sorgen kann. Musiala gehört nämlich zu den Spielern, die mit einem individuellen Glanzstück nahezu jedes Abwehrbollwerk durchdringen können. Nicht nur mit seinem ersten Tor gegen Wolfsburg hat er gezeigt, dass er auf engem Raum so brillant dribbeln kann, wie kaum ein anderer deutscher Fußballer.

Jamal Musiala
Gegen Wolfsburg brachte Jamal Musiala die Bayern nach einem tollen Dribbling in Führung. / Martin Rose/Getty Images

Wenngleich Musiala weitaus talentierter und ein anderer Spielertyp ist als David Odonkor, lassen sich zwischen den beiden dennoch Parallelen finden. Der frühere Dortmunder hat bei der WM 2006 nicht eine große Rolle gespielt, weil er zu den 14,15 besten Spielern des Landes gehört, sondern weil er mit seiner Schnelligkeit eine Fähigkeit hatte, über die sonst kein anderer Akteur verfügte. Bei einer Nominierung muss Löw eben genau wissen, welche Qualitäten er braucht und wer diese am besten erfüllen kann. Verlangt er nach Spielfreude, Unbekümmertheit und Eins-gegen-eins-Fähigkeiten, wäre eine Entscheidung für Musiala noch folgerichtig.

Für den 18-Jährigen spricht auch, dass er mit Leroy Sané, Serge Gnabry und womöglich Thomas Müller, bereits andere Offensivspieler kennt und sich nicht lange eingewöhnen müsste. Dies wäre bei einem Florian Wirtz beispielsweise ein wenig anders. Ein weiterer Trumpf für den Offensivspieler ist seine mentale Stärke und Bodenständigkeit. Für sein junges Alter wirkt Musiala reif genug, um ihn einen EM-Platz zutrauen zu können.

Jamal Musiala: Das spricht gegen eine DFB-Nominierung

Natürlich muss man darüber diskutieren, ob eine Nominierung von Musiala bereits jetzt Sinn macht. Der Offensivspieler hat schließlich erst eine Profisaison auf dem Buckel, in der er nicht mal Stammspieler war. Wenn man bedenkt, dass andere Spieler jahrelang Top-Leistungen liefern müssen, um berücksichtigt zu werden, wäre ein Kaderplatz für den Bayern-Star fast schon ungerecht.

Joachim Löw sollte bei seiner Kaderplanung auch nicht vergessen, dass die Saison für den 18-Jährigen durchaus kräftezehrend war. Der Senkrechtstarter ist es schließlich nicht gewohnt, ein volles Jahr mit den Profis zu trainieren. Selbst wenn seine Einsatzzeit mit 1234 Minuten nicht sonderlich hoch war, muss er sich erst mal an die spezielle Belastung auf oberstem Niveau gewöhnen. Da kann sich schon mal eine gewisse Müdigkeit einstellen. Wir reden dabei auch nicht nur vom körperlichen Aspekt, sondern vor allem vom mentalen Bereich. Schon häufig haben wir gesehen, dass Youngster nach einer starken Debüt-Saison ausgebrannt wirken. Ein Szenario, dass auch bei Musiala jederzeit einsetzen kann.

Ein weiteres Argument gegen Musiala ist die Tatsache, dass dem Bundestrainer deutlich mehr Spieler als Plätze zur Verfügung stehen. Im Offensivbereich ist Deutschland mit Leroy Sané, Serge Gnabry, Timo Werner und Kai Havertz, die ihre Plätze sicher haben, sehr gut aufgestellt. Hinzu kommen weitere große Namen, wie Thomas Müller, Marco Reus oder Julian Draxler. Der Kampf um einen Kaderplatz wird also ein Hauen und Stechen.

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Beim FC Bayern dürfen Müller und Musiala gemeinsam jubeln. Im DFB-Team könnte die Frage jedoch "Müller oder Musiala" lauten. / ANDREAS GEBERT/Getty Images

Man kann definitiv zweigeteilter Meinung sein, ob der Münchner schon jetzt zum elitären Kreis der deutschen Offensivkräfte gehört. Ein paar Schwächen schleppt der Perspektivspieler durchaus mit sich herum. Vor allem körperlich muss er noch ein paar Pfund drauflegen, weshalb sich Leon Goretzka schon als Personal Coach angeboten hat.

Letztendlich muss man auch aufpassen, dass bei Musiala nicht alles ein wenig zu schnell geht. Junge Spieler werden nun mal unglaublich schnell gehyped oder zu großem Druck ausgesetzt. Eine EM ist genau die Spielwiese, bei der beides passieren kann. Demnach wäre es durchaus stimmig, wenn der Mittelfeldspieler erstmal bei der U21 oder bei den olympischen Spielen Turniererfahrung sammelt. Für eine glorreiche Karriere in der A-Nationalmannschaft hat er schließlich immer noch etwa 15 Jahre Zeit

Fazit: Die Entscheidung liegt bei Joachim Löw

Alles in allem halten sich die Argumente für und gegen Musiala in etwa in der Wage. Der 18-Jährige kann aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten durchaus eine Hilfe sein. Allerdings muss man mit dem Juwel auch behutsam umgehen und es nicht vorschnell verheizen. Im Endeffekt liegt die Entscheidung beim Bundestrainer. Löw wäre weder bei einer Nominierung noch bei einer Nichtberücksichtigung ein Vorwurf zu machen.