Ist sogar die Meisterschaft möglich? Eintracht Frankfurt im Saison-Check 23/24

  • Eintracht hält sich auf dem Transfermarkt zurück
  • Saisonziel erneute Champions-League-Quali
  • Auch Meisterschaft nicht unmöglich

Laura Freigang und der Eintracht ist in dieser Saison einiges zuzutrauen
Laura Freigang und der Eintracht ist in dieser Saison einiges zuzutrauen / Christof Koepsel/GettyImages
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Kann Eintracht Frankfurt die Dominanz des FC Bayern und des VfL Wolfsburg brechen? In unserer Saisonvorschau nehmen wir die Hessinnen genau unter die Lupe. Das ist von der Eintracht in dieser Spielzeit zu erwarten:

So lief die letzte Saison

Die Saison 2022/23 begann für die Eintracht mit einem Nackenschlag. In der Qualifikation für die UEFA Women's Champions League (UWCL) scheiterten die Hessinnen an Ajax Amsterdam - trotz klarer Überlegenheit musste man sich mit 1:2 geschlagen geben. Unglücklicher hätte die Spielzeit kaum beginnen können.

Doch Laura Freigang und Co. ließen sich davon nicht beeindrucken. Im Bundesliga-Eröffnungsspiel empfingen die Frankfurterinnen niemand Geringeren als den FC Bayern und trotzten den Münchnerinnen ein 0:0-Unentschieden ab. In den folgenden sieben Spielen holte die Eintracht 19 von 21 möglichen Punkten - der ein oder andere Fan träumte da vielleicht schon davon, dass die Mannschaft ein Wörtchen im Rennen um die Meisterschaft mitreden könnte.

Diese Hoffnung wurde am 9. Spieltag beim 0:5 (!) in Wolfsburg jäh zerstört. Auch das Rückspiel bei den Bayern ging mit 1:2 verloren. In eine Krise geriet die Eintracht trotz dieser Rückschläge nicht. Auch in der Rückserie punktete die Arnautis-Truppe regelmäßig und landete letztlich souverän auf dem dritten Tabellenplatz.

Dabei sollte man das Highlight der zweiten Saisonhälfte auf keinen Fall vergessen: Im Rückspiel schoss die SGE den großen VfL Wolfsburg mit sage und schreibe 4:0 aus dem Stadion. Ein Vorgeschmack auf das, was in der neuen Spielzeit möglich ist?

Zu- und Abgänge 23/24

Zugänge

  • Lisanne Gräwe (Bayer Leverkusen)
  • Nadine Riesen (FC Zürich)
  • Pia Sophie Wolter (Leihe/VfL Wolfsburg)

Abgänge

  • Sjoeke Nüsken (FC Chelsea)
  • Laura Feiersinger (AS Rom)
  • Camilla Küver (VfL Wolfsburg)
  • Janina Hechler (1.FC Köln)
  • Madeleine Steck (1.FC Nürnberg)
  • Leonie Köster (FC Basel)

Wie schon im vergangenen Sommer übte sich die Eintracht auf dem Transfermarkt in Zurückhaltung - im positiven wie im negativen Sinne. Mit Sjoeke Nüsken verließ lediglich eine Stammspielerin den Verein. Gleichzeitig stießen mit Pia-Sophie Wolter (Leihe), Lisanne Gräwe und Nadine Riesen nur drei neue Spielerinnen zur Mannschaft.

Es wird spannend zu sehen sein, wie Trainer Niko Arnautis den Verlust von Nationalspielerin Nüsken kompensieren will. Der SGE-Coach hatte die Mittelfeldspielerin im letzten Jahr zur Innenverteidigerin umfunktioniert, wo sie im Verbund mit Sara Doorsoun maßgeblich zur starken Saison beitrug. Eine neue Innenverteidigerin hat Frankfurt trotzdem nicht verpflichtet. Vielmehr sieht es danach aus, als würde Rechtsverteidigerin Sophia Kleinherne ab sofort ins Zentrum rücken.

Am ehesten als Nüsken-Ersatz darf Lisanne Gräwe gelten. Die 20 Jahre alte Ex-Leverkusenerin ist im zentralen Mittelfeld beheimatet und könnte die Rolle einnehmen, die Nüsken in der Saison 21/22 bekleidete. Gräwe gilt als großes Talent, kam zuletzt in Leverkusen aber kaum mehr zum Zug. Bei der Eintracht will die Gewinnerin der Fritz-Walter-Medaille in Gold 2022 ihre Karriere wieder in Schwung bringen.

Lisanne Gräwe
Lisanne Gräwe / Gunnar Hoffsten/GettyImages

Dasselbe gilt für Pia-Sophie Wolter, die per Leihe aus Wolfsburg kam. Wolter hatte sich zu Beginn der neuen Saison nach einem Kreuzbandriss zurück auf den Platz gekämpft, kam im Anschluss bei den Niedersachsen aber nicht über die Reservistenrolle hinaus. In Frankfurt will die Ex-Nationalspielerin Spielpraxis sammeln und zu alter Stärke zurückfinden. Aller Voraussicht nach wird sie die rechte Seite von Kleinherne übernehmen.

Ebenfalls auf der Außenverteidigerposition ist die dritte Neuverpflichtung Nadine Riesen zu Hause. Die Schweizer Nationalspielerin kam aus Zürich und soll Druck auf Verena Hanshaw ausüben, die auf links wohl zunächst mit einem Vertrauensvorschuss in die neue Saison startet.

Neben dem Abgang von Sjoeke Nüsken beklagen die Fans vor allem den Verlust von Identifikationsfigur Laura Feiersinger, die in der Rückserie ihren Stammplatz verloren hatte und nun zur AS Rom wechselte. Feiersinger hatte seit 2018 das Adlertrikot getragen. Außerdem verließen Camila Küver (Wolfsburg), Janina Hechler (Köln), Madeleine Steck (Nürnberg) und Leonie Köster (Basel) den Klub.

Im Vergleich zum FC Bayern und zum VfL Wolfsburg hat die Eintracht kaum Neuzugänge präsentiert. Die Frage muss erlaubt sein: Reicht das, um den beiden Schwergewichten des deutschen Frauenfußballs gefährlich zu werden? Einerseits spricht der Verein mit dieser Transferpolitik den aktuellen Spielerinnen das Vertrauen aus und setzt genau auf jene Kontinuität, die in den vergangenen Jahren zum Erfolg geführt hat. Andererseits hätte gerade im Mittelfeld der ein oder andere neue Impuls sicher gutgetan. In diesem Mannschaftsteil fehlte der SGE zuletzt eindeutig die Kreativität und eine Akteurin, die das Spiel an sich reißen und den Rhythmus bestimmen kann. Auch ein weitere Alternative in der Innenverteidigung hätten sich wohl die meisten Fans gewünscht.

Die Vorbereitung

Ende Juli stieg die Eintracht wieder ins Training ein, kurz darauf stand das erste Testspiel auf dem Programm. Gegen Mainz 05 siegte die Arnautis-Elf souverän mit 7:0. Deutlich enger verliefen die weiteren Vorbereitungsspiele: Einem 0:0 gegen den 1.FC Nürnberg folgten zwei 3:1-Erfolge gegen Bayer Leverkusen und den SC Freiburg, ehe man sich 2:2-Unentschieden gegen den MSV Duisburg trennte.

Ernst wurde es am 6. September mit dem ersten Qualifikationsspiel für die UEFA Women's Champions League (UWCL) gegen den tschechischen Vertreter 1.FC Slovácko, den man mit 1:0 besiegen konnte. Wenige Tage später ging es gegen das große Juventus Turin. In einer engen Begegnung hatte die Eintracht das Glück auf ihrer Seite und setzte sich dank Torhüterin Stina Johannes im Elfmeterschießen durch. Besser hätte die Saison nicht beginnen können. In der letzten Qualifikationsrunde im Oktober wartet nun Sparta Prag.

Stina Johannes
Stina Johannes parierte gegen Juventus Turin zwei Elfmeter / Christian Kaspar-Bartke/GettyImages

Als deutlich entspannter erwies sich der Start in den DFB-Pokal. Beim Viertligisten Hegauer FV setzte sich die SGE problemlos mit 8:0 durch. In der Bundesliga treffen die Frankfurterinnen am ersten Spieltag auswärts auf die SGS Essen.

Die Vorbereitung und vor allem die Partien in der UWCL-Quali lieferten zwei Erkenntnisse. Zum einen wurde deutlich, dass Trainer Arnautis weiterhin auf das bewährte 4-4-2-System mit Raute setzt und auch personell weitgehend auf die Spielerinnen baut, die in der Vorsaison zum Stammpersonal zählten. Zum anderen hat gerade der Sieg über Juventus Turin gezeigt, dass die Eintracht durchaus mit den europäischen Spitzenteams mithalten kann. Bayern und Wolfsburg dürften gewarnt sein.

Stärken und Schwächen

Das Prunkstück der Mannschaft ist das Angriffstrio aus Laura Freigang, Nicole Anyomi und Lara Prašnikar. Dieses magische Dreieck hat bereits in der letzten Spielzeit zusammen 32 Tore erzielt und wird den Defensivreihen auch in der neuen Saison das Fürchten lehren. Während Freigang insbesondere mit ihrem großen Aktionsradius punkten kann, beeindruckt Anyomi mit ungeheurer Athletik und Prašnikar mit ihrer hervorragenden Technik. Alle drei Stürmerinnen (Freigang als Zehnerin bzw. hängende Spitze) sind vor dem Tor brandgefährlich und stellen zusammen eine Offensivreihe dar, die wohl keine Abwehr komplett unter Kontrolle bekommen kann.

Besonders zur Geltung kommt die Offensivstärke, wenn es der Eintracht gelingt, das Mittelfeld schnell zu überbrücken. Genau da liegt allerdings auch die große Schwäche der Mannschaft. Wenn es darum geht, abgesehen von Konterattacken und langen Bällen selbst das Spiel zu machen, bekommt das Arnautis-Team Probleme. Im Mittelfeld fehlt den Adlerträgerinnen eine Spielmacherin, die in diesen Situationen das Heft in die Hand nimmt.

Lara Prasnikar
Mit 14 Treffern war Lara Prašnikar in der vergangenen Saison die Top-Torjägerin der Eintracht / Christian Kaspar-Bartke/GettyImages

Prognose: Ist die Meisterschaft drin?

Wie in den vergangenen beiden Spielzeiten will die Eintracht auch diesmal in die Champions League. Der härteste Konkurrent im Kampf um Platz drei ist die TSG Hoffenheim. Frankfurt geht leicht favorisiert in das Duell mit den Kraichgauerinnen, darf sich aber keine Schwächeperiode erlauben. Die TSG wird jeden Fehler nutzen.

Es ist also durchaus realistisch, dass am Ende nur Platz vier herausspringt. Andererseits besitzt die Mannschaft auch das Potenzial, ganz oben anzuklopfen. Wenn Freigang und Co. noch etwas konstanter werden und die Entwicklung so weitergeht wie in den letzten Jahren, könnte es am Ende der Saison heißen: Eintracht Frankfurt ist Deutscher Meister!

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