Gianluigi Buffon: "Mit Cristiano Ronaldo hat Juve ihre DNA verloren!"

Kehrte im Sommer zu seinen Anfängen zurück: Buffon im Trikot von Parma Calcio
Kehrte im Sommer zu seinen Anfängen zurück: Buffon im Trikot von Parma Calcio / Giuseppe Bellini/GettyImages
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Etwas abseits von den ganz großen Scheinwerfern setzt Gianluigi Buffon auch noch im biblischen Alter von 43 Jahren seine großartige Karriere fort. Mittlerweile ist er in Italiens Serie B, bei seinem Heimatverein Parma Calcio (früher AC Parma), gelandet. Doch den Blick für die großen Zusammenhänge im Weltfußball hat er deswegen nicht verloren. Und überraschen kann er mit seinen Einschätzungen auch heute noch.


In einem Interview gegenüber TUDN (via as.com) konnte Buffons Meinung über die aktuell unbefriedigende Situation bei seinem langjährigen Arbeitgeber Juventus Turin natürlich nicht fehlen.

Neun italienische Meistertitel fuhr die Alte Dame allein im Zeitraum zwischen 2012 und 2020 ein (acht davon mit Buffon!) und stand im Mai 2017 (ebenfalls mit Buffon) sogar noch im Finale der Champions League. Von derartigen Erfolgen ist die aktuelle Generation ein gehöriges Stück entfernt.

Bereits im letzten Jahr ging der nationale Titel an Inter Mailand - mit satten 13 Punkten Vorsprung auf die Piemontesen, die mit dem vierten Platz so gerade eben die Qualifikation für die Königsklasse schafften.

Und auch in der laufenden Saison sieht es, angesichts von zwölf Punkten Rückstand auf die Nerazzurri, eher nicht nach dem 37. Scudetto der Vereinsgeschichte aus.

Für Buffon hat dieser sportliche Niederlage einen Namen: Cristiano Ronaldo. Natürlich stellt auch der Weltmeister von 2006 die sportliche Wertigkeit des Portugiesen nicht in Zweifel - doch dessen Ankunft im Juventus-Stadium im Sommer 2018 habe die Statik des Teams zu seinen Ungunsten verändert.

"Das ging mit Cristiano Ronaldos Ankunft verloren!"

"In seinem ersten Jahr, als ich in Paris war, hatte Juventus die Chance, die Champions League zu gewinnen. Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Als ich wieder zurück nach Turin kam, habe ich mit Cristiano zwei Jahre zusammengespielt. Und wir haben es auch eigentlich ganz gut zusammen hingekriegt."

Cristiano Ronaldo, Gianluigi Buffon
Teilten zwei Jahre die Kabine miteinander: Gianluigi Buffon und Cristiano Ronaldo / Soccrates Images/GettyImages

"Aber", so der Torhüter, "ich glaube, dass die Mannschaft damals ein bisschen ihre DNA als Gruppe verloren hat. Als wir 2017 ins Champions-League-Finale kamen, lag das daran, dass wir eine erfahrene Mannschaft waren und als Einheit funktionierten. Es gab innerhalb der Gruppe diesen Konkurrenzkampf um die Plätze in der Startelf. Das ging mit Cristiano Ronaldos Ankunft verloren."

Womit Buffon (übrigens nicht als einziger Ex-Juve-Spieler jener Jahre) nur ausspricht, was eigentlich ein Allgemeinplatz in Bezug auf Kaderplanung ist: nicht die besten Spieler garantieren dir den Erfolg, sondern die Spieler, die am besten miteinander harmonieren.

Im Falle von CR7 bei der Alten Dame war es offenbar so, dass einige der bis dato schon etablierten Spieler unbewusst ein paar Prozentpunkte weniger gegeben haben. Nach dem Motto: wir haben ja den größten Torjäger (neben Messi) der vergangenen eineinhalb Jahrzehnte in unseren Reihen - soll der mal schön die Tore machen.

In genau dieser Linie argumentierte jüngst auch Leonardo Bonucci. "Unterbewusst fingen die Spieler an zu denken, dass er [Cristiano Ronaldo] allein schon ausreichen würde, um die Spiele zu gewinnen", sagte der Abwehrspieler vor einigen Monaten gegenüber The Athletic.

Mittlerweile ist CR7 schon wieder Geschichte in Turin. Gewisse Parallelen zu seinem Aufenthalt in Turin sind jedoch während seines aktuellen Wirkens in Manchester nicht von der Hand zu weisen. Auf rein individueller Ebene liest sich die Leitungsbilanz des Portugiesen mit 15 Scorerpunkten in 18 Pflichtsspielen für die Red Devils immer noch überragend.

Der englische Meistertitel erscheint aber schon kurz vor dem Ende der Hinrunde illusorisch - und auch auf einen Triumph in der Champions League würden wohl nur die eingefleischtesten United-Fans wetten.

Dass ein anerkanntermaßen hochtalentierter Fußballer wie Jadon Sancho seit seinem Wechsel ins Old Trafford bislang noch so gar keine Rolle gespielt hat, könnte auch mit der Präsenz des Über-Spielers aus Madeira zu tun haben.

Buffons Traum vom Henkelpott

Doch die Probleme in Manchester fichten einen Gianluigi Buffon natürlich nicht an. Der plant übrigens weiterhin nicht, die Fußballschuhe zeitnah an den Nagel zu hängen. Denn noch immer hängt er einem großen Traum nach.

"Die Tatsache, nie die Champions League gewonnen zu haben, treibt mich in meinem Inneren weiter an. Ich bin in guter Form und respektiere meinen Beruf. Wer weiß - wenn ich die Champions League gewonnen hätte, hätte ich meine Karriere vielleicht schon beendet. Weil ich dann nichts mehr gehabt hätte, das zu verfolgen sich lohnt."

Aber so? Ohne Henkelpott? Will er auf jeden Fall noch eine unbestimmte Zeit als Aktiver dranhängen. Ob in Parma - oder gar außerhalb Europas. "Ich hätte Lust, nochmal in Mexiko oder in den USA zu spielen." Mit der Champions League dürfte es dann aber schwierig werden. Wobei - wenn schon Brasilien und Argentinien an der UEFA Nations League teilnehmen sollen....

Buffon setzt auf Donnarumma

Gianluigi Buffon, Gianluigi Donnarumma
Die zwei "Gigis" im Tor der Squadra Azzurra: Buffon und Donnarumma / Claudio Villa/GettyImages

Zum Schluss wurde Buffon noch zu dem in seinen Augen besten Torhüter im internationalen Panorama gefragt - und gab sich bei der Beantwortung, wenig überraschend, patriotisch. Zwar nannte er seinen Namensvetter Gianluigi Donnarumma in einer Reihe mit Jan Oblak, Marc André ter Stegen, Thibaut Courtois, Manuel Neuer und Keylor Navas.

Doch seinem Landsmann traut er am ehesten zu, in Zukunft die dominierende Figur unter den Torhütern werden zu können. "Er hat das Potenzial, im nächsten Jahr über den anderen zu stehen."