Garra Dembelé beschuldigt Freiburg wegen "riesigen Pillen": So reagiert der SC

Doping im Fußball? Garra Dembelé sorgt mit groben Anschuldigungen für Unruhe
Doping im Fußball? Garra Dembelé sorgt mit groben Anschuldigungen für Unruhe / VIRGINIE LEFOUR/GettyImages
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Welches Thema spielt Doping im Fußball? Eine Frage, die eigentlich nie so wirklich groß diskutiert wird. Schließlich gibt es auch nur sehr selten prominente Fälle wie beispielsweise Mutu, Nasri, Onana oder früher Maradonna. Im Vergleich zu anderen Sportarten drehen sich die Gespräche in der beliebtesten Sportart der Welt vorrangig um sportliche Erfolge, Spektakel und Geld. Trotz allem ist das Thema gewissermaßen ein schlafender Riese, der irgendwann erweckt werden könnte. Vor wenigen Tagen sorgte der Ex-Freiburger Garra Dembelé mit heftigen Anschuldigungen für Aufsehen. Nun hat der SC Stellung bezogen.


Dieser Tage liegt eine selten gesehene Unruhe über dem beschaulichen Freiburg. Sollte es einen Bundesliga-Klub geben, der praktisch nie wegen irgendwelchen Skandalen oder Beschuldigungen in den Medien steht, dann ist es wohl der SC. Dies hat sich aber durch die Anschuldigungen von Garra Dembelé geändert.

Der Name Garra Dembelé dürfte nur den eingefleischten Fußball-Fans noch ein Begriff sein. Der Angreifer kam im Jahr 2011 aus Sofia nach Freiburg, konnte dort aber sportlich nicht überzeugen. Der heute 35-Jährige absolvierte gerade mal 20 Spiele für die Breisgauer und erzielte darin nur einen Treffer. Im April 2014 endete seine erfolglose Zeit nach einer zwischenzeitlichen Leihe nach China vorzeitig, indem sein Vertrag aufgelöst wurde.

Vier Jahre nach seinem Karriereende erhob der siebenmalige Nationalspieler von Mali nun diffuse Vorwürfe, die seine Zeit bei Levia Sofia und beim SC Freiburg betreffen.

Dembelé über Wechsel von Sofia nach Freiburg: "War bei meiner Ankunft gedopt"

In der Doku-Reihe "Destins brisés" (zu Deutsch: gebrochene Schicksale) der französischen Sportzeitung "L'Equipe" sprach der Angreifer über seine Karriere, die aussichtsreich begonnen hatte, dann aber in eine gewaltige Schieflage geraten war.

"In Sofia habe ich nach Europa-League-Spielen Infusionen von einer Krankenschwester im weißen Kittel verabreicht bekommen, weil wir zwei Tage später schon wieder gespielt haben", erklärte er. Was genau in diesen Infusionen drin war, weiß er jedoch nicht.

"Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, ist, als ich in Deutschland unterschrieben habe, hatte ich Stoffe in meinem Körper, die in Deutschland nicht erlaubt waren. So kam es, dass ich bei meiner Ankunft in Deutschland gedopt war. Ich hatte Hormone und was weiß ich, was noch alles in den Infusionen war", erinnerte er sich.

Zu seiner Verblüffung hatte das bei Tests aber nie irgendwelche Auswirkungen. "Zur gleichen Zeit musste jedes Mal ich nach den Wochenendspielen zum Antidopingtest. Ich habe in den Becher uriniert und offensichtlich war gar nichts", erklärte er. Damit einher geht ja fast schon der unterschwellige Vorwurf, dass in der Bundesliga bewusst positive Testergebnisse verschleiert wurden.

Ein wenig seltsam klingt die Geschichte aber schon. Wie kann sich Dembelé so sicher gewesen sein, dass er bei seiner Ankunft in Deutschland gedopt gewesen war, ohne zu wissen, was er eingenommen hatte? Zudem stellt sich die Frage, warum der Spieler nie in Erfahrung bringen wollte, was er zu sich nehmen sollte. Alleine die Verantwortung gegenüber dem eigenen Körper sollte einem dazu schon veranlassen, vom sportlichen Wettbewerb und einer drohenden Sperre mal ganz zu schweigen.

Tablettenzwang in Freiburg? "Sind im Halse stecken geblieben"

Allerdings ging es mit der Einnahme von Medikamenten in Freiburg offenbar so weiter, wie es in Sofia aufgehört hatte. Dort habe es immer eine "kleine Schachtel gegeben mit meiner Nummer drauf, der Elf", erläuterte er und legte nach:

"Ich musste ungefähr zehn Pillen nach den Trainingseinheiten nehmen. Ich wusste nicht einmal, was das war. Manche Pillen waren riesig. Sie sind im Hals stecken geblieben. Ich wusste nicht, was das war. Wenn du sie nicht genommen hast, gab es in Deutschland zusätzlich eine Strafe," so Dembelé.

Freiburg reagiert auf Vorwürfe: "Es wurden prophylaktisch Vitamin-C- und Zinktabletten angeboten

Der SC Freiburg hat nach den Anschuldigungen nachgeforscht und mit folgender Stellungnahme reagiert:

"Nach Rücksprache mit dem damaligen medizinischen Personal können wir klarstellend mitteilen, dass prophylaktisch und während Phasen von Erkältungskrankheiten einzelner Spieler Vitamin-C- und Zinktabletten angeboten wurden. Ausgeteilt wurden diese aus hygienischen Gründen in handelsüblichen Schiebeschächtelchen. Es gab Kandidaten, die die Einnahme regelmäßig vergessen haben. In diesen Fällen wurde die Mannschaftskasse bemüht".

Interessant wäre es zu wissen, welche Vitamin C- und Zinktabletten angeboten wurden. Schließlich dürften nur wenige Menschen je in Berührung mit solchen Tabletten gekommen sein, die so groß sind, dass sie im Hals stecken bleiben. Schon hier passen die Geschichten nicht so ganz zueinander.

Ein wenig verwunderlich ist die Tatsache aber dennoch, dass es eine Mannschaftskasse für das Vergessen von Medikamenteneinnahmen gab. Schließlich kann man kaum einen Spieler dazu zwingen, irgendwelche Tabletten zu nehmen, die in ein Schächtelchen geworfen wurden. Zudem passt im Freiburger Statement die Textpassage "Tabletten angeboten wurden" nicht so ganz zu "wurde die Mannschaftskasse bemüht". Was denn nun: Wurden die Tabletten angeboten oder sozusagen verpflichtend vorgesetzt?

Aus dem Statement der Freiburger geht jetzt auch nicht heraus, dass man Dembelé wissen ließ, was er da zu sich nehmen sollte. Vielmehr klingt das so, als hätte einfach ein ärztlicher Betreuer die Tabletten kommentarlos in den Schachteln platziert, die der Spieler dann genauso vorgefunden hat.

Vertrauen in die Teamangehörigen zu haben ist die eine Sache, jedoch gehört es zu einer vernünftigen Kommunikation dazu, dass alle Beteiligten wissen, woran sie sind. Als Profisportler ist man dazu quasi in der Pflicht. Der Spieler hat das, warum auch immer, offenbar nie so wirklich infrage gestellt. Fraglich ist nur, ob der SC genügend Aufklärungsgespräche geführt hat.

Butscher entkräftet Vorwürfe: "Habe so etwas nicht mitbekommen"

Der damalige SC-Kapitän Heiko Butscher kann die Aussagen von Dembelé nicht nachvollziehen und hat eine gänzlich andere Erinnerung an die Geschehnisse.

"Ich habe von so etwas nichts mitbekommen. Es wurde regelmäßig und mit Nachdruck über die Gefahren von verbotenen Substanzen aufgeklärt. Darauf wurde enorm Wert gelegt. Wir wurden sogar immer davor gewarnt, Dinge wie Hustensaft oder ähnliches einfach so aus der Apotheke zu holen und einzunehmen", so Butscher gegenüber der Badischen Zeitung, der zudem auf die regelmäßigen Doping-Kontrollen im Profifußball verweist.

Der SC Freiburg wollte zu der Thematik ansonsten wenig sagen. "Zu allen weiteren Ausführungen von Garra Dembelé und dessen möglichen Beweggründen wollen wir uns, auch zum Schutz des ehemaligen Spielers und den Umständen der damaligen Zusammenarbeit und der vorzeitigen Vertragsauflösung, nicht weiter äußern. Die Äußerungen des Spielers entbehren jeglicher Grundlage, sofern sie in den medial verbreiteten Kontext gestellt werden", heißt es in der Stellungnahme.

Was an der Geschichte am meisten verwundert, ist die Tatsache, dass Dembelé diese jetzt breittritt, während seiner aktiven Karriere aber offenbar alles von den "bösen Vereinen" über sich ergehen ließ. Zwar kann man selbstverständlich argumentieren, dass der Spieler Angst um seine Karriere hatte und nicht anecken wollte, jedoch liegt sein Karriereende inzwischen mehr als vier Jahre zurück. Warum rückt der ehemalige Spieler also erst jetzt raus?

Dembelé in Freiburg gescheitert: Vertragsauflösung Grund für die Anschuldigungen?

Eine mögliche Erklärung ist natürlich, dass Dembelé immer noch Frust über seine eher gescheiterte Profi-Karriere in sich trägt und nun seinen angestauten Ärger irgendwo auslassen möchte. Gerade in Freiburg ist es für ihn schließlich alles andere als rund gelaufen. Der Angreifer kam als teuerster Einkauf der Vereinsgeschichte und verließ den Klub per Vertragsauflösung.

Zuvor hatte es Krach wegen einer Krankmeldung gegeben, als der Spieler mit der zweiten Mannschaft trainieren sollte. "Wir respektieren die Krankmeldung. Es ist niemandem geholfen, wenn er sich aktuell nervlich nicht in der Lage sieht, mitzumachen. Ich habe aber Garra immer wieder klar gemacht, dass er sich so ein Eigentor schießt. Er muss einfach auch an übermorgen denken", äußerte sich SC-Sportdirektor Klemens Hartenbach gegenüber der BILD.

Laut der Badischen Zeitung sei die Vertragsauflösung wenig später "auf Druck des Vereins" geschehen. Ein kleiner Racheakt vonseiten des Spielers kann also durchaus als wahrscheinlich betrachtet werden. Vermutlich handelt es sich also um bewusst überspitzte und verquere Aussagen von Dembelé. Wirklich glaubhaft ist er demnach nicht, wenngleich ein paar kleine Ungereimtheiten offenbleiben.

Dass das Thema Doping beim Fußball keine Rolle spielt, ist wohl ein utopischer Gedanke. Allerdings ist es ebenfalls völlig unrealistisch zu glauben, dass ausgerechnet Dembelé mit seinen Aussagen die Fußballwelt jetzt auf den Kopf stellt. Schließlich gibt es auch noch niemanden, der seine Geschichte bislang bestätigen wollte und konnte.