Aus Torflaute wird Torlaune: Füllkrug hat die Lücke gefunden
Von Marc Knieper
Niclas Füllkrug blitzt bei Werder Bremen endlich zum erwünschten Goalgetter auf. Dabei blickt der 28-Jährige auf einen mehr als bescheidenen Saisonstart zurück. Die Metamorphose des Angreifers im Überblick.
Erst Torflaute, dann Torlaune. Dazwischen der Krach mit Clemens Fritz samt Suspendierung. Wenige Wochen später hat Niclas Füllkrug die Lücke gefunden. Er harmoniert sowohl als Individualist als auch Herdentier im Bremer Kader. Aus Sorgenkind wird Leistungsträger.
Seine Annahmen und Ballverarbeitungen im und um den gegnerischen Strafraum sind brandgefährlich, sein Zuspiel und der Abschluss sitzen gut und gerne. Endlich, will man meinen. Denn zu Beginn der Saison hatte so manch ein Werder-Fan die Funktionalität des Bremer Mittelstürmers zu Recht hinterfragt.
Füllkrug traf alles, nur nicht den gegnerischen Kasten. Satte zehn Spiele blieb die Bremer Torhoffnung gen Start der 2. Bundesliga ohne Torerfolg. Stattdessen muckte der Miesepeter nach der 0:3-Klatsche in Darmstadt ordentlich auf, zoffte sich in der Kabine mit seinem Vorgesetzten Clemens Fritz und wurde für drei Tage suspendiert.
Füllkrugs Suspendierung als Schlüsselmoment
Die Hoffnung der Verantwortlichen: 'Fülle' denkt über sich und sein Verhalten nach, grübelt ganz generell und findet so zurück zu sich selbst. Mit Erfolg: Gegen Sandhausen (2:2) markierte er in der Nachspielzeit seinen ersten und äußerst wichtigen Saisontreffer. Es folgten vier weitere Treffer und vier Assists in den kommenden Spielen. Die Suspendierung fungierte klipp und klar als Schlüsselmoment in Füllkrugs Wandel zum Bremer Leistungsträger.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten und Bedenken funktioniert Füllkrug nun sogar in Kombination mit Marvin Ducksch. Die beiden bilden ein furchteinflößendes Duo in der Liga und können mit weiteren Toren sogar dem verletzten und erkrankten Schalke-Duo aus Simon Terodde und Marius Bülter (18 Tore) langsam, aber sicher auf die Pelle rücken. Gemeinsam kommen die beiden Bremer derzeit auf elf Treffer.
Füllkrug als Bremer (Meinungs-)Leader
Trotz seines wiederentdeckten Torinstinkts: Das Besondere bleibt Füllkrugs Art und Weise. Mit ihm haben die Hanseaten einen wahren Charakter im Team. Füllkrug ist kein PR-geleckter Profi, sondern jemand, der auch mal auf die Kacke haut. Ein Tim Wiese oder Jan Löhmannsröben eben.
Was 'Lücke' seit sechs Wochen auf das Feld zaubert, ist fußballerisch überragend, keine Frage. Aber auch abseits des Platzes tut er der Mannschaft ziemlich gut. Seine Einstellung, seine Präsenz und seine Mentalität sind einzigartig und enorm wichtig für das Team. Er erinnert mit seiner klaren Meinung ein wenig an Werders einstigen Leader Max Kruse.
Den Disput mit Fritz bereut er nicht einmal: "Es war vielleicht nicht ganz optimal, wie ich es gemacht habe. Aber manchmal ist es vielleicht auch ganz gut, einmal zu sagen, was man denkt und ein bisschen Frust herauszulassen", vermerkte Füllkrug via Weserkurier. Schon lange gilt Füllkrug als sehr direkter Profi. Nach dem 4:0-Erfolg gegen Erzgebirge Aue bemängelte er etwa, dass Werder in puncto Wiederaufstieg konkretere Ziele verfassen solle.
Nun jedenfalls läuft es für Füllkrug sowohl auf- als auch abseits des Platzes. Sein enormes Verletzungspech scheint vorerst überwunden. Auch, weil er während seines Sommerurlaubs in Kroatien gleich drei Mal täglich trainierte, um endlich zu alter Form zurückzukehren. Einsatz und Wille werden endlich belohnt. Eine Metamorphose, wie sie im Bilderbuch steht.