Bundesliga-Pressesprecher im 90min-Gespräch: Silke Bannick vom 1. FSV Mainz 05 über Emotionen und Verständnis

Silke Bannick, Pressesprecherin des 1. FSV Mainz 05
Silke Bannick, Pressesprecherin des 1. FSV Mainz 05 / Silke Bannick/Mainz 05
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Die Arbeit eines Pressesprechers ist vielseitiger, als man annehmen könnte. Auch die Profi-Klubs der Bundesliga profitieren von charismatischen und umtriebigen Gesichtern, die ihren Verein nach außen tragen. In einer kleinen Reihe widmet sich 90min den Personen, die ansonsten eher selten ein eigenständiges Sprachrohr bekommen.

Diesmal bekommen wir einen Einblick in die Ansichten der Pressesprecherin des 1. FSV Mainz 05, Silke Bannick.


Bereits seit 2005 hat sich Silke Bannick beruflich dem 1. FSV Mainz 05 verschrieben. Anfangs noch als studentische Hilfskraft und Online-Redakteurin aktiv, wurde sie 2009 zur stellvertretenden Pressesprecherin ernannt, bevor sie seit 2018 auch formell den Titel der Pressesprecherin trägt.

Schon zu Beginn ihrer Zeit in Mainz arbeitete sie im Tandem mit ihrem Vorgesetzten und Vorgänger Tobias Sparwasser, der mittlerweile als Mainzer Direktor Kommunikation & Medien tätig ist, im Bereich der Außendarstellung des Klubs. Doch Vergleiche mit der Vergangenheit sind nahezu unmöglich.

"Heutzutage bedarf es eines wesentlich höheren zeitlichen und personellen Aufwands, um alle zur Verfügung stehenden Kanäle zu bedienen. Als ich anfing, für Mainz zu arbeiten, waren wir nur zu 'anderthalbt'. Mittlerweile haben wir zwölf festangestellte Mitarbeiter, die sich um alle Facetten im medialen Bereich kümmern - und sind damit immer noch eine verhältnismäßig kleine Presseabteilung. Eine Vielzahl von Print- und Online-Medien, sowie TV- und Hörfunk-Rechteinhaber aus über 200 Ländern wollen mit Content und Interviews bedient werden", beschreibt die Mainzer Pressesprecherin den Wandel der Zeit anschaulich.

Natürlich trug der Siegeszug des Internets in hohem Maße zu diesen Entwicklungen bei. Doch die erhöhte Reichweite und Verfügbarkeit von Themen hat nicht nur positive Seiten, wie Silke Bannick ausführlich beleuchtet.

Respekt und Sachlichkeit stehen auf dem Spiel - Profis vermeiden Fehltritte

Die Auswirkungen des digitalen Überschwangs betreffen laut Silke Bannick alle Beteiligten und führen in der Folge zum Verlust von Idealen. Auch die Profis haben sich seit langer Zeit mit den herrschenden Umständen arrangiert und flüchten sich oft von Floskel zu Floskel.

"Natürlich achten die Spieler und Verantwortlichen heutzutage mehr darauf, was sie sagen. Früher standen Aussagen in der Zeitung, drei Tage später war sie Altpapier und vergessen. Das Internet jedoch konserviert alles, und damit auch jede Entgleisung, für die Ewigkeit. Durch das Aufkommen von Online-Portalen und sozialen Netzwerken hat sich die Geschwindigkeit der Nachrichtenverbreitung, aber auch der Tonfall im Dialog immens verändert", erklärt das Mainzer Sprachrohr einerseits die zumeist bedachten Aussagen der Spieler und verweist zum anderen auf grundlegend bedenkliche Tendenzen des Miteinanders.

Rouven Schroeder, Silke Bannick
Silke Bannick ist mit ihrem Telefon verheiratet / Pool/Getty Images

"Dass wir im Fußball in einem Spannungsfeld großer Emotionen arbeiten, macht unsere Arbeit spannend und schön. Dennoch wird der Tonfall insbesondere im Netz immer schärfer und harscher. Zum einen wirkt die Anonymität in den sozialen Netzwerken dabei als Verstärker – immerhin kann man weitgehend konsequenzlos pöbeln und traut sich mit der Tastatur zu schreiben, die man jemandem so bestimmt nicht persönlich ins Gesicht sagen würde. Zum anderen handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung – auch in der Politik und der Gesellschaft finden rüde Demagogen Applaus, der Tonfall wird insgesamt zunehmend respektloser und unsachlicher. Das merken wir auch im Fußball", spricht Silke Bannick die zu beobachtende Verrohung und den schwindenden Respekt voreinander an.

Dabei gibt es für sie, bei allem Verständnis der scheinbaren Unausweichlichkeit dieser Entwicklung, klare Grenzen, die es ihrer Meinung nach konkreter zu ziehen gilt.

"Wenn unsere Spieler im Internet rassistisch und auf das Übelste beleidigt werden, würde ich mir seitens der Plattformen wie Instagram und Co. bessere Möglichkeiten der juristischen Verfolgung wünschen, statt lediglich den Account zu sperren", hofft Silke Bannick zurecht auf eine längst überfällige Revolution der gelebten Verantwortung dieser Plattformen.

Dank ihrer eigenen journalistischen Ausbildung versteht sie zudem die Zwänge der derzeitigen Berichterstattung. Um den Spagat der Interessen zu meistern, vertraut sie in der Zusammenarbeit mit den Medien auf gegenseitigen Respekt.

Der Einzelfall entscheidet - auch die etablierten Medien haben keinen Freibrief

Im Umgang mit den Medienvertretern will man beim FSV darauf achten, keine pauschalen Urteile über die zahlreichen Anfragen zu fällen.

"Wir sind eine Schnittstelle zwischen dem Verein und den Medien, und auch wenn wir natürlich den Klub vertreten, versuchen wir auch immer die Interessen der Medienseite zu verstehen und ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen. Bei der Vielzahl der Anfragen können wir selbstredend nicht jede bedienen, doch bevorzugen wir pauschal niemanden, nur weil er einen großen Namen hat. Es kommt immer auf den Einzelfall an", lässt Silke Bannick erkennen, dass man in Mainz keine prinzipiellen Vorurteile etabliert wissen will.

Generell versuche man immer, auf das Ergebnis zu achten, anstatt sich von etablierten Marken und Namen blenden zu lassen. Dabei spielt ein hoffentlich gegenseitiges Verständnis die Hauptrolle.

"Viele Pressesprecher kommen aus dem journalistischen Bereich und verstehen, welchen Zwängen die Kollegen auf medialer Seite unterliegen. Man muss Verständnis haben für die Kollegen der Presse. Viele Medienhäuser stehen unter wirtschaftlichen Druck, die Zeit der hochdotierten Tarifverträge ist vorbei und der oft angespannten Personal- und Finanzsituation steht ein immer größerer Zeitdruck gegenüber", bringt Silke Bannick den Stand der Dinge auf den Punkt.

"Dieses 'Höher, Schneller, Weiter - ich muss es zuerst und exklusiv haben' führt dazu, dass grundlegende Dinge, wie ein Faktencheck oder eine simple Rücksprache mit dem Verein, leider immer häufiger ausbleiben. Lieber ist man der erste, als dass man die Chance auf Exklusivität mit ausgiebiger Recherche verspielt. In 120 Zeichen in Zeiten des Twitter-Journalismus kann man ohnehin keine umfassende Reportage machen", will die Mainzer Pressesprecherin jedoch nicht nur die reinen Online-Medien benannt wissen.

Silke Bannick
Eine Frau mit starker Meinung / Silke Bannick/Mainz 05

"Dass Überschriften reißerisch sind und wenig mit dem eigentlichen Text zu tun haben, ist kein Alleinstellungsmerkmal des Boulevards oder der Online-Portale mehr – auch große Agenturen und etablierte Medien bedienen sich dieses Mittels für Klicks und Aufmerksamkeit. Ich finde eine generelle Kategorisierung sehr schwierig. Renommierte Medien sind nicht pauschal besser als die Arbeit von kleinen und engagierten Portalen", stellt Silke Bannick klar und nennt in diesem Zusammenhang ein Beispiel.

Dabei lobt sie explizit den Anbieter sportausmainz.de, welcher trotz geringer Mittel immer auf Korrektheit und den nötigen respektvollen Umgang achte.

Letztlich sollte es auch genau darum gehen. "Es ist immer eine Sache des gegenseitigen Respekts, kein Journalist will aus reiner Boshaftigkeit einen Spieler abkanzeln, und auch Spieler dürfen mal einen schlechten Tag haben. Am Ende sind wir alle Menschen, die einen emotionalen Bezug zur Materie besitzen und dennoch einen respektvollen Umgang miteinander pflegen sollten", kann man Silke Bannick nur beipflichten.