FCB-Pressekonferenz - Die Aussagen von Tuchel, Kahn und Salihamidzic

Oliver Kahn, Thomas Tuchel und Hasan Salihamidzic stellten sich den Fragen der Journalisten.
Oliver Kahn, Thomas Tuchel und Hasan Salihamidzic stellten sich den Fragen der Journalisten. / Adam Pretty/GettyImages
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Am Samstagmittag hat sich der FC Bayern München den Fragen der Medienwelt zum überraschenden Trainerwechsel gestellt. In der ersten Pressekonferenz von Thomas Tuchel als Bayern-Trainer äußerten sich auch Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic noch einmal zu den Hintergründen der Entscheidung. Auch Thomas Tuchel sprach erstmals in der Position als Cheftrainer des Clubs. Alle Aussagen im Überblick:


Thomas Tuchel

über den Job beim FC Bayern...

"Ich bin überzeugt davon, dass es eine Ehre ist, von Bayern München angefragt zu werden. Es ist etwas sehr Außergewöhnliches. Mein ausdrücklicher Dank für das Vertrauen an Oli, Brazzo, Herbert Hainer und Uli Hoeneß. Wir sind seiner der erfolgreichsten Klubs der Welt. Die DNA ist eine Verpflichtung. Es geht ums Gewinnen. Der Kader ist dementsprechend zusammengestellt. Er ist einer der talentiertesten Kader Europas. Ich habe eine große Vorfreude, mit diesem Kader zu arbeiten. Man kann mit diesem Kader um jeden Titel spielen. Für mich ist es auch ein persönlicher Grund, in dem Bundesland zu arbeiten, in dem ich geboren bin und nahe an meiner Familie zu sein."

über Vorwürfe, bewusst Druck auf Bayern ausgeübt zu haben...

"Das ist nicht die Art der Kommunikation- das passt weder zu mir, noch zu meinem Management. Der Zeitpunkt am Dienstag war sehr überraschend für mich. Es gab keinen Kontakt davor. Ich bin davon ausgegangen, meine Karriere im Ausland fortzusetzen. Das als Druckmittel zu benutzen, liegt mir fern. Ich musste drüber nachdenken, was gerade passiert. Wir habend amit nicht gerechnet. Man kann das nur in zwei Tagen hinbekommen, wenn man sich sicher ist und nicht taktiert oder andere Optionen anführt. Es war schon mal sehr eng (2018). Der FC Bayern hatte damals jedes Recht, auf Jupps Entscheidung zu warten. Ich hätte es an Hoeneß Stelle auch gemacht. Ich konnte damals aber nicht warten, weil damals dazwischen eine reale Option kam. Ich wollte nicht Bayern oder Paris gegeneinander auszuspielen."

über die Taktik...

"Ich würde mir gerne ein paar Trainingseinheiten nehmen - aber die wird es nicht geben. Wir werden am Freitag zum ersten Mal trainieren. Es besteht die Möglichkeit, alle Titel zu holen. Es sind keine großen Wechsel nötig. In Details ja - es gibt Gründe, warum die Ergebnisse und Leistungen zu dieser Entscheidung geführt haben. Weniger ist jetzt mehr. Ich habe Ideen. Mal abwarten. Es gehört auch Feedback von den Spielern dazu."

über seinen Ansatz, um die Mannschaft in kurzer Zeit kennenzulernen...

"Ich bin ein Fan davon, das auf dem Trainingsplatz zu regeln und das nicht totzureden. Es werden nicht alle Spieler super happy sein. Es kann Unsicherheit entstehen, wenn de Cheftrainer geht. Auf dem Platz schafft man am allerschnellsten Vertrauen. Vielleicht quetschen wir am Samstag noch eine kleine Einheit für taktische Dinge rein. Ich möchte niemanden überfrachten, auch mich nicht. Es steht ein Riesenspiel an in dieser Konstellation. Es gilt, Vertrauen zu schaffen und Vorfreude zu wecken."

"Wenn wir miteinander sprechen, bevorzuge ich das persönliche Gespräch. Es geht nicht darum, die Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern ein Gespür füreinander zu finden. Egal, wie es sich anfühlt. Es gilt, am Samstag das erste Ausrufzeichen zu setzen."

über sein Trainerteam...

"Weder ich, noch mein Trainerteam waren darauf vorbereitet. Ein großer Dank an die Flexibilität und Verrücktheit der Familien meiner Co-Trainer. Zsolt Löw und Arno Michels werden dabei sein."

über Nagelsmann...

"Ich kann mich reinversetzen, dass es sich für Julian sehr bescheiden anfühlt. Das ist nicht meine Verantwortung. Ich erlaube mir trotzdem, mit voller Vorfreude den Job anzutreten."

über Austausch mit Nagelsmann...

"Mit Sicherheit nicht gleich. Ich möchte nicht respektlos sein. Es hilft mir auch nicht, jetzt seine Sichtweise haben. Irgendwann werden sich die Wege kreuzen, dann werden wir darüber sprechen."

über das Spiel gegen den BVB...

"Ich war in den ersten 30 Sekunden des Gesprächs (mit Salihamdizic) naiv - ich wusste nicht, worum es geht. Dann ist der Groschen gefallen. Die Herausforderung kann nicht höher sein. Meine Konstellation ist nicht so wichtig. Das (Zeit in Dortmund) ist eine Weile her. Ich habe ein zwei Nachrichten bekommen von Leuten aus dem Staff. Es ist DAS Spiel im deutschen Fußball. Es hat eine ganz neue Brisanz bekommen durch unseren Rückstand."

über den FC Bayern...

"Ich kenne den Kader. Ich schaue CL, auch wenn ich keinen Job habe. Es ist meine Leidenschaft und macht meinen Tag schöner. Die K.o.-Spiele in der CL waren herausragend gut. Ich habe keine Sekunde darüber nachgedacht, was sein kann. Man kann es als Trainer nicht beeinflussen, ob man von einem Verein kontaktiert wird. Man muss warten und geduldig sein. Dienstagabends habe ich mir als erstes Gedanken über Spielsysteme gemacht."

über den Vergleich zwischen Bundesliga und Premier League...

"Die Liga in England ist extrem außergewöhnlich, mit der größten Herausforderung Europas. Diese Meinung von mir hat sich nicht geändert. Aber Bayern hat einen Kader in der Breite und Spitze, der in der PL um den Titel spielen würde."

über die Vertragslaufzeit bis 2025...

"Das ist ein Fortschritt, bei Chelsea hatte ich nur 18 Monate. Ich fühle mich wohl mit der Laufzeit. Es gab kurz Diskussionen über zwei oder drei Jahre. Wenn sich alle wohlfühlt, werden wir das verlängern. Ich finde die Laufzeit perfekt."


Oliver Kahn

über die letzten Tage...

"Die letzten Tagen waren für uns alle schwierig. Es waren keine einfachen Tage. Gehen sie davon aus, dass es die eine oder andere Nacht gab, in der ich nicht wirklich gut geschlafen haben. Das gehört dazu, wenn man einen Trainer freistellt. Dahinter steht auch ein Mensch. Julian ist ein exzellenter, ein sehr, sehr guter Trainer. Auch menschlich haben wir uns immer gut verstanden und auch gut zusammengearbeitet. Wir haben die Pflicht für den sportlichen Erfolg zu sorgen. Wir haben uns die Frage gestellt: Wo kommt das her, dass es bei den Leistungen der Mannschaft so große Schwankungen gibt?"

über den Vorwurf einer Panikreaktion...

"Das hat mit Panik nichts zu tun. Wenn das aus der Emotion heraus passiert wäre, hätten wir die Entscheidung am Montag getroffen. Die Schwankungen haben schon in der letzten Saison begonnen - Villarreal und das Pokalspiel in Gladbach. Diese Mannschaft ist in der Lage, Highlights zu setzen - aber auch unverständliche Schwächen. Wir haben den Kader nochmal verstärkt vor Beginn der Saison. Wir haben einen der besten Kader Europas. Trotzdem ist die Kontinuität nicht wirklich besser geworden. Mit Beginn der Rückrunde können wir mit den Leistungen und den Ergebnissen nicht zufrieden sein. Wenn man sich alles anschaut haben wir von zehn Spielen in der Bundesliga nur fünf gewonnen - das ist nicht unser Anspruch. Irgendwann mussten wir eine Entscheidung treffen. Die Ziele beim FC Bayern sind immer die höchsten. Wir hätten es uns einfach machen können und es weiterlaufen lassen können und hoffen, dass wir endlich die Konstanz bringen. Gegen PSG hat die Mannschaft gezeigt, was sie kann. Wir haben unsere Ziele für diese und die nächste Saison als gefährdet angesehen. Deshalb sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir Julian freistellen. Das war sehr wohlüberlegt. Das war ein Prozess und ganz bestimmt keine emotionale Reaktion."

über die Verpflichtung von Tuchel...

"Über seine Qualitäten müssen wir nicht diskutieren, die sind überragend. Sein Werdegang ist beeindruckend. So eine Truppe wie bei PSG zu führen - da gibt es einfacheres auf der Welt. Er hat Paris ins CL-Finale geführt. Bei Chelsea war er vom ersten Tag an sehr erfolgreich, ist CL-Sieger geworden. Das ist eine beeindruckende Vita. Da steckt eine persönliche Entwicklung dahinter. Wir sind froh, dass er jetzt unser Trainer ist."

über Bekenntnisse zu Nagelsmann...

"Es war unsere Verpflichtung, den Trainer in allen Situationen zu stützen. Wir hatten einen offenen Austausch. Wir waren immer überzeugt, dass sich das irgendwann auf dem Platz zeigt. Aber das hat es nicht mehr getan. Dann muss man diese Verantwortung wahrnehmen und unpopuläre Entscheidungen treffen."

über das Verhältnis zu Nagelsmann...

"Zur Corona-Zeit gab es eine Phase, als Julian in der Kommunikation sehr im Fokus stand. Das ist normal, weil er ein-, zweimal zur Pressekonferenz muss. Er hat über vieles gesprochen. Damals wurde diskutiert, ob wir uns nicht mehr involvieren sollen. Daraufhin bin ich in mich gegangen und bin dann mehr nach Außen gegangen. Ab diesem Zeitpunkt waren wir ständig im Austausch. Da hatte ich auch die Möglichkeit, die eine oder andere Erfahrung aus meiner Zeit weitergegeben. Die Zusammenarbeit mit Julian hat sich aufgebaut. Wir haben alles getan, ihn zu unterstützen."

über den Austausch mit Nagelsmann...

"Es hatte für uns Priorität, zuerst mit Julian zu sprechen und ihm unsere Entscheidung mitzuteilen. Das haben wir gestern getan. Das war ein sehr offenes Gespräch. Julian war sehr, sehr offen. Wir haben ihm die Situation genau so erklärt, wie wir sie hier gerade erklären. Er hat das aufgenommen und verstanden. In vielen Bereichen haben wir ähnliche Gedanken. Unterm Strich war das so, wie wir uns das vorgestellt haben nachdem wir eindreiviertel Jahre offen und ehrlich zusammengearbeitet haben."

über den Austausch mit den Spielern...

"Ich habe ein breites Aufgabenspektrum. Es ist auch mein Aufgabenbereich, nahe an der Mannschaft zu sein. Ich versuche, mal mit Spielern einen Kaffee zu trinken. Das ist eine Stärke des Vereins. Dass der Sportvorstand aus dem Sport kommt ist ein gewolltes Modell. Das gibt es so sonst nur bei Ajax mit Edwin van der Sar. Ich versuche mit den Spielern zu sprechen, Einfluss zu nehmen. Das ist uns sehr gut gelungen. Wir hatten ein klares Bild, wie die Spieler denken und fühlen."


Hasan Salihamidzic

über die Entlassung von Julian Nagelsmann...

"Ihr könnt euch vorstellen wie schwierig das für mich emotional ist. Wir haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gehabt. Es ist keine populäre Entscheidung, das weiß ich. Wir haben - wie Oliver gesagt hat - wohl überlegt. Wir haben für den FC Bayern unserer Meinung nach die beste Entscheidung getroffen. Wir haben seit März letzten Jahres wellenhafte Leistungskurven gehabt. Wir haben unverständlich Spiele aus der Hand gegeben. Im September hatten wir auch eine Phase, in der wir uns schwergetan haben. Vor der WM haben wir es sehr gut gemacht. Wenn man sich den zweiten Part der Saison anschaut muss man sagen: Das ist keine Phase mehr, die Konstellation hat nicht mehr gepasst. Auch bei den fünf Spielen, die wir gewonnen haben, haben wir uns schwer getan. Wenn diese Leistungskurve ständig nach unten geht und die Entwicklung in die andere Richtung geht ... Beim Spiel gegen Leverkusen waren wir in der ersten Halbzeit überhaupt nicht da. Wir mussten uns am Montag hinsetzen und Spiel für Spiel, Phase für Phase anschauen, analysieren. Wir haben gesehen, dass das keine Phase war, sondern dass die Konstellation zwischen Mannschaft und Trainer nicht mehr gepasst hat."

über die Verpflichtung von Tuchel...

"Am Sonntagabend waren wir super enttäuscht, am Montag haben wir uns zusammengesetzt. Dienstagmittag habe ich Thomas angerufen. Dann meinte er: Was willst du? Dann habe ich gesagt: Wenn du keinen Bock hast, dann lege auf. Wir sind der Überzeugung gewesen, so einen Topmann zu brauchen. Dienstagabend haben wir uns getroffen und hatten ein sehr gutes Gespräch. Er war von der ersten Sekunde an sehr heiß. Wir haben über alles gesprochen. Über die Probleme, über Fußball. Mittwoch und Donnerstag haben Marco und ich verhandelt und versucht, schnell eine Lösung zu finden. In zwei Tagen so ein Ergebnis zu erzielen, wart schnell. Wir kennen uns von früher. Wir haben vor vier Jahren schon einmal gesprochen. Damals hat es nicht geklappt. Diesmal haben wir es hinbekommen. Wir waren total überzeugt, Thomas an die Säbener zu bringen. Als die Zusage kam war der erste, den wir angerufen haben, Julian."

über Bekenntnisse zu Nagelsmann...

"Wir haben bis 23 Uhr am Sonntag an Julian geglaubt. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, viel diskutiert über Trainingseinheiten und Spiele. Der Julian ist ein Top-Trainer. Wir haben von der ersten bis zur letzten Sekunde hinter Julian gestanden."

über den Zeitdruck bei Tuchel...

"Nach dem Spiel in Leverkusen haben wir uns am Montag zusammengesetzt. Fußball ist ehrlich, wenn man sich Daten und Ergebnisse anschaut. Wenn die Leistungskurve nach unten geht ist man gezwungen zu reagieren. Wenn man nicht mehr überzeugt ist, muss man reagieren. Glücklicherweise war eine Top-Option am markt. Dann ging es schnell."

über Probleme zwischen Mannschaft und Trainer...

"Das Abbild von allem sieht man auf dem Platz. Man hat gesehen, dass wir es nicht schaffen, eine homogene Leistung auf den Platz zu bringen - vielleicht mal punktuell. Normalerweise müssen Trainer und Mannschaft eins sein, bei uns war es 0,5. Wir müssen immer viel aufbringen, die Spiele zu gewinnen. In der Analyse sind wir zu den Ergebnis gekommen, dass wir reagiren müssen. Wir waren in Leverkusen nicht in der Lage, die Zweikämpfe richtig zu führen."

"Wir sind im ständigen Austausch mit Spielern. Wir haben ehrliche Spieler. Das sind super Jungs. Leider sieht man, dass sie die Top-Form nicht auf den Platz kriegen. Warum kriegen wir nicht diese Disziplin und Energie auf den Platz. Darüber haben wir oft gesprochen."

über die Reaktion von Nagelsmann...

"Es war eine emotional schwere Entscheidung, besonders für mich, der jeden Tag mit Julian in der Kabine saß. Wir haben diesen Prozess erst am Montag angefangen, nachdem wir alles analysiert haben. In keiner Sekunde gab es vorher einen Gedanken, einen anderen zu kontaktieren. Wir wollen bis zur letzten Sekunde hinter Julian stehen. Als wir die Entscheidung getroffen haben, haben wir Tuchel kontaktiert. Dienstag das erste mal getroffen, dann ging der Prozess ganz schnell. Natürlich war das für Julian - als er davon mitbekommen hat - schwer. Als Thomas Tuchel zugesagt hat, haben wir als erstes Julian angerufen. Wir haben gar nichts damit zu tun, was passiert ist. Das ist von einer dritten Person geleakt worden. Wir haben als erstes Julian angerufen. Gestern haben wir diese Gespräche geführt - nicht nur mit Julian, auch mit den Co-Trainern. Bis zum letzten Moment war die Zusammenarbeit gut, verständnisvoll. Wir haben uns sehr, sehr korrekt und fair verhalten."

über die Zukunft von Torwart-Trainer Michael Rechner...

"Er macht weiter. Er ist ein absoluter Top-Mann."