Droht der Abstiegskampf? Das Sommer-Transferzeugnis von Borussia Mönchengladbach

Tomas Cvancara und Robin Hack kamen als Verstärkung für die Offensive.
Tomas Cvancara und Robin Hack kamen als Verstärkung für die Offensive. / CHRISTOF STACHE/GettyImages
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Borussia Mönchengladbach stand im Sommer vor einem großen Umbruch. Die vier wichtigsten Spieler der vergangenen Saison haben den Verein allesamt verlassen und auch auf der Trainerposition gab es Bewegung. Die Bilanz nach den ersten drei Spielen ist ernüchternd: ein Punkt, neun Gegentore. Wir werfen einen Blick auf die abgelaufene Transferphase und ziehen ein Gesamtfazit.

Zugänge

Spieler

Ablöse

Abgebender Verein

Tomas Cvancara

10.500.000 Euro

Sparta Prag

Franck Honorat

8.000.000 Euro

Stade Brest 29

Julian Weigl

7.180.000 Euro

Benfica

Fabio Chiarodia

2.000.000 Euro

Werder Bremen

Robin Hack

1.100.000 Euro

Arminia Bielefeld

Lukas Ullrich

ablösefrei

Hertha BSC II

Grant-Leon Ranos

ablösefrei

Bayern München II

Maximilian Wöber

Leihe

Leeds United

Jordan

Leihe

Union Berlin

Gladbachs Transfer-Boss Roland Virkus stand im zurückliegenden Transferfenster vor einer Mammut-Aufgabe. Auf allen Positionsteilen - bis auf den Torwart - brauchte es neue Spieler. Zudem waren die neuen Transfers nicht für die Breite vorgesehen, sondern sollten idealerweise als neue Stützen kommen. Dabei war der finanzielle Handlungsspielraum für Virkus eingeschränkt.

Drei neue Stürmer sollen für Tore sorgen

Die größte Baustelle bestand wohl auf der Stürmerposition. Dort gab es im Kader nur noch Alassane Plea (30), der sich selbst lieber auf dem linken Flügel sieht. Als neuen Top-Transfer holte Virkus Tomas Cvancara (23) für 10,5 Millionen Euro von Sparta Prag - der höchste gezahlte Summe des Gladbacher Transferfensters. Der groß gewachsene Tscheche ist kein allzu prominenter Name, hinterlässt bislang aber einen durchaus soliden Eindruck - erzielte auch schon seine ersten zwei Tore.

Daneben hatte Virkus mit Grant-Leon Ranos noch einen Perspektivspieler für den Sturm geholt. Der 20-Jährige hatte in der Regionalliga für die Reserve des FC Bayern München ordentlich aufgedreht. Ob Ranos langfristig auf Bundesliga-Niveau kommen kann, ist aktuell noch unklar. Aufgrund dieser Unsicherheit sicherten sich die Fohlen am Deadline Day noch eine Leihe von Union-Stürmer Jordan. Der 27-Jährige kennt Trainer Seoane aus seiner Zeit bei den Young Boys Bern.

Flanken von Honorat als Waffe

Eine weitere große Baustelle waren die Außenpositionen. Dort suchte Virkus auf beiden Seiten noch Verstärkung. Frühzeitig machten die Fohlen einen Deal mit Robin Hack klar, der aufgrund des Abstiegs von Arminia Bielefeld für günstige 1,1 Millionen Euro zu haben war. Hack hatte in der Abstiegssaison der Arminia starke zehn Tore und fünf Assists geliefert. Es ist aber fraglich, ob der 25-Jährige auf Anhieb Bundesliga-Niveau abrufen kann.

Der Königstransfer auf den Außen ist aber Franck Honorat. Der 27-Jährige kam für satte acht Millionen Euro vom französischen Erstligisten Stade Brest. In den ersten Spielen hinterließ Honorat einen durchweg positiven Eindruck. Die Flanken des Rechtsfußes könnten im Laufe der Saison noch zu einer echten Waffe werden - sowohl aus dem Spiel heraus als auch nach Standards.

Nur Wöber bringt auf Anhieb defensive Qualität

Großen Handlungsbedarf sah Virkus zudem in der Verteidigung. Dort kamen mit Maximilian Wöber und Fabio Chiarodia gleich zwei Innenverteidiger. Während Chiarodia zunächst wohl als Perspektivspieler vorgesehen ist, bringt Wöber auf Anhieb Qualität ins Team. Der Österreicher spielte mit Leeds in der Premier League und mit Salzburg in der Champions League. Dabei ist Wöber gerade einmal 25 Jahre alt. Ein später, aber wichtiger Transfer für Gladbach.

Für den defensiven Part im Mittelfeld wurde Julian Weigl fest verpflichtet. Der 28-Jährige hatte schon letztes Jahr immer wieder aufblitzen lassen, zu was er im Stande ist. Eine Ablöse von 7,18 Millionen Euro von Benfica lässt sich als gutes Geschäft einordnen. Kritischer wird es dagegen auf den defensiven Außen. Dort kam nur Lukas Ullrich aus der Reserve von Hertha BSC. Der Linksverteidiger ist zwar ein Top-Talent, vom Bundesliga-Spieler aber noch weit entfernt.

Welche Spieler hätten noch kommen sollen?

Es fehlt ohne Zweifel ein gestandener Linksverteidiger. Luca Netz und Lukas Ullrich sind beide noch nicht so weit, dass sie eine Stammrolle in der Bundesliga bekleiden könnten. So wird es darauf hinauslaufen, dass häufig Innenverteidiger die linke Seite bespielen - keine ideale Situation. Zudem ist die Zehn quasi unbesetzt. Auch, wenn es den Anschein macht, als würde Seoane in seinem System auf einen klassischen Zehner verzichten, wäre es zumindest hilfreich, wenn man diese Option hätte. Ein direkter Ersatz für Stindl kam allerdings nicht.


Abgänge:

Spieler

Ablöse

Aufnehmender Verein

Jordan Beyer

15.000.000 Euro

FC Burnley

Jonas Hofmann

10.000.000 Euro

Bayer Leverkusen

Marcus Thuram

ablösefrei

Inter Mailand

Ramy Bensebaini

ablösefrei

Borussia Dortmund

Lars Stindl

ablösefrei

Karlsruher SC

Oscar Fraulo

Leihe

FC Utrecht

Jonas Kersken

Leihe

Arminia Bielefeld

Conor Noß

unbekannt

Blau-Weiß Linz

Semir Telalovic

unbekannt

Blackburn Rovers

Die Abgänge von Gladbach schmerzen enorm. Mit Marcus Thuram, Ramy Bensebaini, Lars Stindl und Jonas Hofmann sind die vier Spieler gegangen, von denen Fans wohl behaupten würden, dass sie die wichtigsten Spieler in den letzten Jahren waren. Bei Stindl und Hofmann ist es nicht nur sportlich ein großer Verlust, sondern auch charakterlich. Beide galten als große Persönlichkeiten, die die Mannschaft anführten. Damit brachen gleich zwei Stützen weg.

Bitter ist nicht nur, dass die vier Stars gegangen sind, sondern allen voran, dass drei von ihnen nicht einmal eine Ablösesumme einbrachten. Thuram, Bensebaini und Stindl gingen allesamt ablösefrei. Das hat es Virkus enorm erschwert, adäquaten Ersatz zu finden. Deutlich einfacher war es zum Beispiel im Fall von Hofmann, der zumindest noch zehn Millionen einbrachte. Das eröffnete für Virkus größere Möglichkeiten als in den anderen Fällen.

Ein guter Deal ist sicherlich Jordan Beyer. Der Innenverteidiger brachte 15 Millionen Euro ein, obwohl er in Zeiten bei Gladbach nie den Eindruck hinterließ, dass er sich durchsetzen könnte. Klar kann man argumentieren, dass Beyer nach einer derart starken Saison in Englands zweiter Liga bestimmt geholfen hätte, in Anbetracht des hohen Angebots ist die Entscheidung von Virkus, ihn zu verkaufen, aber völlig nachvollziehbar.

Welche Spieler hätten noch gehen sollen?

Im Gesamtkontext müssen hier Manu Koné und Nico Elvedi genannt werden. Koné wäre sportlich ein schwerer Abgang gewesen, hätte vermutlich aber eine Ablösesumme von 40-50 Millionen Euro einspielen können. Geld, das Gladbach in mehrere Positionsteile hätte investieren können. Gleiches gilt für Elvedi. Der Schweizer hätte noch einmal eine ordentliche Ablöse einspielen können. Jetzt hat man bei ihm die Situation, die man unbedingt vermeiden wollte. Es sieht so als, als würde Elvedi im nächsten Jahr ablösefrei gehen.

Darüber hinaus wären die Fohlen wohl auch gern Mamadou Doucouré und Hannes Wolf losgeworden. Beide haben nur noch ein Jahr Vertrag, erhalten ein vergleichsweise hohes Jahresgehalt und haben kaum Aussicht auf Spielzeit. Doucouré ist in der Innenverteidigung quasi chancenlos, Wolf hat in seiner Gladbacher Zeit selten gezeigt, dass er in der Offensive konkurrenzfähig ist.


Fazit:

Ein schwieriger Transfersommer für Borussia Mönchengladbach. Für Virkus war es eine Mammut-Aufgabe, die sich schließlich als quasi unlösbar herausstellte. Transfers wie Tomas Cvancara, Franck Honorat und Maximilian Wöber sind für das Team und in Anbetracht der finanziellen Möglichkeiten sicherlich große Gewinne, im Vergleich zu ihren Vorgängern aber wohl Downgrades.

Für Thuram kam Cvancara, für Hofmann kam Honorat. Das ist jeweils (erstmal) ein Qualitätsverlust. Dazu kommt, dass für Bensebaini und Stindl kein adäquater oder sogar überhaupt kein Nachfolger geholt wurde. Die einzige Position, auf der sich die Fohlen verbessert haben, ist die Innenverteidigung, wo es keinen wichtigen Abgang gab, mit Wöber aber ein Qualitätsspieler hinzukam.

So bleibt am Ende das Gefühl: Gladbach hat sich sportlich verschlechtert, Virkus hat im Rahmen seiner Möglichkeiten aber fast noch das Beste herausgeholt. Wenn man für Stindl, Bensebaini und Thuram keinerlei Ablöse erhält, ist es logischerweise schwierig, Ersatz zu erhalten. So sind das nun die Auswirkungen von schlechtem Management aus den vergangenen Jahren.

Bewertung: 4/10


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