Die Coman-Krise: Zahlen, Gründe, Probleme und Prognose

  • Bayerns Tempo-Dribbler im Formloch
  • Tuchel hält bislang weiter am Franzosen fest
  • Die Auswirkungen der Coman-Krise auf das Bayern-Spiel

Kingsley Coman spielt bislang eine schwache Saison
Kingsley Coman spielt bislang eine schwache Saison / Soccrates Images/GettyImages
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Kingsley Coman war zwar noch nie der beste Scorer, angesichts seiner Ballsicherheit, seinen Dribblings und seiner Gabe, in großen Spielen voll da zu sein, in der Hierarchie aber meist vor Leroy Sané und Serge Gnabry. Gegenwärtig ist der Franzose angesichts der Gnabry-Verletzung auch Stammspieler. Seine Leistungen lassen es aber eigentlich nicht mehr zu. Wir nehmen die Coman-Krise genauer unter die Lupe.

Noch im Vorjahr war Kingsley Coman der Flügelstürmer Nummer eins beim FC Bayern und mit seinem Treffer gegen Köln auch entscheidend im Meisterschaftskampf. Nun durchläuft der 27-Jährige jedoch eine etwas längere Talsohle, die gewisse Fragen aufwirft.

Die Krise von Coman in Zahlen

In der laufenden Saison steht Kingsley Coman bislang ganz klar im Schatten anderer Bayern-Offensivspieler wie Leroy Sané, Jamal Musiala oder Harry Kane. Der Franzose durfte zwar fast alle Spiele machen, zeigte dabei aber nur mäßige Leistungen. Vonm kicker erhielt er wettbewerbsübergreifend lediglich einmal eine bessere Note als 3,0. Dies war beim 7:0 der Münchner gegen Bochum der Fall. An diesem Nachmittag gelang Coman auch sein bislang einziger Scorer-Punkt. Damit befindet er sich nicht auf einer Ebene mit Musiala oder Sané, sondern mit Krätzig und Sarr.

Es sind jedoch nicht nur die fehlenden Scorer, die gegen Coman sprechen. Der Außenbahnspieler lässt gute Flanken und Ideen fast in Gänze vermissen. Selbst seine größte Stärke, das Tempo-Dribbling findet kaum mal erfolgreich Anwendung. Lediglich 39 Prozent seiner Dribblings führen zum Erfolg. Zum Vergleich: Sané (56,1%), Davies (55 %) und Musiala (52,4%) weisen wesentlich stärkere Zahlen vor. Selbst Spieler wie Laimer, Kane oder Mazraoui verbuchen klar bessere Werte, wobei man anmerken muss, dass ein Coman natürlich auch in schwierigere Duelle geht. Trotzdem kann man sagen, dass er in seinen Dribblings gerade kaum Erfolge verzeichnet.

Unter den vielen gescheiterten Duellen leidet auch seine Ballsicherheit, die ihn in den letzten Jahren von Sané und Gnabry abgehoben hat. Mit 4,55 verlorenen Bällen pro 90 Minuten findet er sich in dieser Kategorie in den "Flop-20" der Bundesliga wieder, wobei angemerkt werden muss, dass Musiala und Sané noch schwächere Werte vorweisen.

Die Gründe der Coman-Krise

Eine Problematik bei Coman war oft seine Verletzungsanfälligkeit. In der laufenden Saison blieb er davon aber abgesehen vom Spiel gegen Leverkusen gänzlich verschont. Demnach kann man sich auch kaum einen Reim darauf machen, warum es aktuell nicht so läuft. Der Franzose darf schließlich auch regelmäßig auf seiner bevorzugten Position auf dem linken Flügel ran.

Anzumerken ist aber sicherlich, dass das Zusammenspiel mit Davies aktuell nicht so rund läuft und beide Spieler in ihrer Art womöglich auch etwas zu ähnlich sind. Darüber hinaus scheint es zwischen Coman und Kane anders als zwischen Sané und Kane (noch) keine wirkliche Verbindung zu geben. Tempo-Dribbler wie Coman sind zudem auch sehr abhängig von ihrem Selbstvertrauen, was dazu führt, dass ein paar misslungene Aktionen direkt recht große Auswirkungen haben können.

Die Probleme mit der Coman-Krise

Der FC Bayern hat angesichts von Verlusten von Spielern wie Ribery, Robben, Scheinsteiger, Thiago und Alaba in den letzten zehn Jahren an technischer Qualität und Ballsicherheit verloren. Coman war aber eigentlich immer einer der Spieler, die auch mit viel Gegnerdruck und in engen Räumen eine gewinnbringende Lösung gefunden haben und Spielstärke ausstrahlten. Deswegen hat er auch gut zu den sogenannten Scoring-Maschinen wie Müller oder Gnabry gepasst, die ihrerseits gewisse Defizite verbuchen und bei Weitem nicht so ballsicher agieren. Aktuell kann Coman diese Stärke aber nicht einbringen, was sich auf das gesamte Offensivspiel auswirkt. Zwar hat der Flügelspieler häufiger Phasen gehabt, in denen er kaum gescort hat, jedoch hat er regelmäßig mit schnellen und klugen Aktionen die Räume geöffnet.

Besonders problematisch ist die Tatsache, dass Coman trotz seiner aktuellen Formschwäche absolut gesetzt zu sein scheint. Zwar profitiert er von der Gnabry-Verletzung, jedoch müssen sich Spieler wie Tel und Müller regelmäig mit einem Bankplatz begnügen. Insbesondere mit Blick auf Tel lässt es sich eigentlich nicht mehr rechtfertigen, Coman regelmäßig vorzuziehen.

Dessen jüngerer Landsmann hat trotz deutlich geringerer Spielzeit wettbewerbsübergreifend bereits sechs Tore und eine Vorlage auf dem Konto und bringt schlichtweg deutlich mehr Gefahr und Engagement ins Spiel. Tuchel wirft mit seinem Festhalten an Coman das Leistungsprinzip über Bord. Völlig unverständlich war zum Beispiel, dass Coman gegen Kopenhagen trotz seiner schwachen Leistung bis zur 87. Minute auf dem Platz stehen durfte, während Sané und Musiala schon längst beim Duschen waren. Das Spiel haben mit Thomas Müller und Mathys Tel letztlich auch wieder andere Offensivspieler entschieden und im Gegensatz zu Coman war auch Kane am 2:1 beteiligt.

So könnte es mit Coman weitergehen

Thomas Tuchel dürfte sich nun allerdings eher wieder darin bestätigt sehen, dass er ja gute Joker habe und an Coman in der Startelf festhalten. Angesichts dessen bisheriger Leistungen wäre ein Bankplatz aber längst mal an der Zeit. Bei einem Top-Klub wie dem FC Bayern muss es eigentlich Konsequenzen haben, wenn man über einen inzwischen schon recht langen Zeitraum nicht abliefert. Insbesondere wenn es die Konkurrenz klar besser macht. Es ist einfach für alle Beteiligten ein bedenkliches Zeichen, wenn so gar nicht nach Leistung aufgestellt wird.

Langfristig betrachtet wird Coman sicherlich zulegen müssen. Gnabry wird wohl im November zurückkehren und auch an Tel und/oder Müller kommt Tuchel nicht ewig vorbei, wenn die Leistungen bei den beiden stimmen. Aktuell gibt es ohnehin viele Stimmen, wonach Musiala links besser aufgehoben wäre, als im Zentrum. Dies würde für Tel und vor allem für Müller sprechen, weil dann der Platz auf der Zehn bzw. jener als hängende Spitze frei werden würde. Coman könnte dem wiederum zum Opfer fallen.

Dabei gilt es jedoch anzumerken, dass Coman keineswegs wehrlos ist. Früher oder später wird er wieder in die Spur finden und sich womöglich auch wieder seinen Stammplatz verdienen.


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