Deutschland schleppt sich zu einem 1:0 gegen den Oman: Ein Hauch von Protest

Ilkay Gündogan
Ilkay Gündogan / Markus Gilliar - GES Sportfoto/GettyImages
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Puh. Die Deutsche Nationalmannschaft hat ihre Generalprobe für die WM im Oman absolviert und eindrucksvoll gezeigt, wie ein sportlicher Protest gegen das umstrittene Turnier in Katar aussehen kann. Obzwar ein Testspiel nie überinterpretiert werden soll, hatte dieses Spiel gegen den Oman doch etwas von einer Bankrotterklärung.

Tore: 1:0 Füllkrug (80.)


Wofür ist so ein Testspiel unmittelbar vor der WM gut? Für Spielzeit, ganz bestimmt. Die beiden Debütanten Youssoufa Moukoko (jüngster Debütant seit 70 Jahren) und Niclas Füllkrug (ältester Debütant seit 20 Jahren) durften Nationalmannschafts-Luft schnuppern. Der lange verletzte Lukas Klostermann, der nach 30 Minuten angeschlagen ausgewechselt werden musste - welch Ironie! - sollte Spielpraxis sammeln.

Dieses Testspiel war sicher auch eine Angewöhnung an die Hitze im Nahen Osten. Wie das in den klimatisierten Stadien in Katar aussehen wird, bleibt abzuwarten. Im Oman floss aber mächtig der Schweiß und der deutschen Nationalmannschaft war anzumerken, dass diese Temperaturen Tribut fordern.

Darüber hinaus sollte das Testspiel im Oman auch eine Bühne für Spieler sein, die ihren Stammplatz für die Endrunde nicht sicher haben und nun die Möglichkeit hatten, sich für einen solchen zu bewerben.

Und schließlich ist so ein Testspiel auch ein Warmmacher für das anstehende Turnier. Ein Aufgalopp, ein Anglühen für das immerhin größte Sportevent der Welt. Es geht darum, zu zeigen, dass mit Deutschland zu rechnen ist.

Nun hätte man ein solches Testspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit abhalten können. Dann hätte sich jegliche Diskussion um die Leistung auch irgendwo erübrigt. So aber wurde die Generalprobe im Oman, gegen den 75. der Weltrangliste, zur Bühne, zur Wasserstandsmessung für die WM. Und bei Gott: schlechter hätte es nicht laufen können.

DFB-Elf ist nicht bereit, sich die Hände schmutzig zu machen

Dieser Kick war an Unkreativität kaum zu übertreffen. Die Mannschaft von Hansi Flick, in dieser Konstellation natürlich auch nicht eingespielt, vermittelte tatsächlich einen Eindruck davon, wie ein sportlicher Protest gegen die WM der Schande in Katar aussehen könnte.

Herauszunehmen ist hier kein Spieler. Die eingesetzten Spieler vermittelten den Eindruck, sich hier, in der Hitze des Oman, nicht die Hände schmutzig machen zu wollen. Und so trat die Deutsche Nationalmannschaft am Mittwochabend auf: im ersten Gang, zurückhaltend, desinteressiert.

Optisch erinnerte dieses Spiel an einen Kick am Sonntagnachmittag in der Kreisliga, vielleicht schon nach dem ein oder anderen Bierchen. Technische Fehler, wenig Spielwitz und zwischendurch ein Tunnler oder eine Halbchance: so kennen wir unseren Fußball von den Ascheplätzen der Nation. Und daran - so deutlich muss dies gesagt werden - erinnerte dieses Aufeinandertreffen zwischen der Deutschen Nationalmannschaft und der Auswahl des Oman.

Nun kann das Argument ins Feld geführt werden, dass sich so kurz vor dem Turnier kein Spieler mehr verletzen möchte. Fair enough! Auch in diesem Punkt ist die DFB-Elf herrlich gescheitert, musste doch Lukas Klostermann nach nur 30 Minuten verletzt ausgewechselt werden.

"Ich habe nicht so ein gutes Gefühl", sagte RTL-Experte Steffen Freund irgendwann rund um die 80. Minute und schob dann, fast schon panisch nach: "Darf ich das so sagen?"

Du darfst, Steffen. Denn wenn dieser Test als ein Vorgeschmack auf die WM verstanden werden darf - und als was sonst?! - dann ist diese Analyse sogar noch harmlos. Wenn es gegen Japan und Spanien geht, darf Deutschland-Fans Angst und Bange werden, wenn sie diese Leistung sehen. Denn der knappe 1:0-Sieg ist schlussendlich ein schmeichelhafter. Einfach, direkt und gefährlich spielte nämlich vor allem der Oman.

Mit dieser Leistung fliegt die DFB-Elf in der Vorrunde!

Was also fängt man mit diesem ernüchternden Testspiel an? Wenn sich die Deutsche Nationalmannschaft tatsächlich vorgenommen hat, einen sportlichen Protest in Katar zu veranstalten, dann sage ich: Heureka! Dann war dies eine vollkommen gelungene Generalprobe.

Davon ist allerdings nicht auszugehen. Und nach dieser Leistung geht es auch nicht um Stellschrauben, an denen gedreht werden muss. Sollte die Deutsche Nationalmannschaft in einer Woche auch nur ansatzweise so auftreten, wie heute im Oman, dann wird das Turnier wie in Russland laufen: mit einem beschämenden Vorrunden-Aus.

"Das (Oman, Anm.) ist schon keine schlechte Mannschaft", versuchte Steffen Freund kurz vor Anpfiff die Wogen zu glätten. Und damit ist dann wohl alles gesagt.


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