Daniel Brosinski im Interview: "In Mainz geht es nur über den Zusammenhalt in allen Bereichen!"

Daniel Brosinski lebt die Mainzer Einstellung
Daniel Brosinski lebt die Mainzer Einstellung / Alex Grimm/Getty Images
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Seit mittlerweile sieben Jahren spielt Daniel Brosinski nun schon ununterbrochen für den 1. FSV Mainz 05, wie kaum ein anderer Profi hat der 32-Jährige die Mainzer Mentalität verinnerlicht. Im Interview mit 90min sprach der Rechtsverteidiger über die anstehenden Aufgaben im Abstiegskampf und seine persönliche Situation im Bezug auf die Pandemie.


Daniel Brosinski wurde in seiner Heimatstadt Karlsruhe beim KSC ausgebildet und landete nach Stationen in Köln, Wiesbaden, Fürth und Duisburg 2014 in Mainz. Seitdem ist er für den FSV aktiv und sammelte bislang bereits 210 Einsätze für den "Karnevalsklub". Damit ist er neben Torwart Robin Zentner und nach Stefan Bell der aktuell dienstälteste Spieler der Mainzer.

Umso weniger verwundert es, dass Brosinski die Mentalität und Atmosphäre des Bundesligisten bestens verinnerlicht hat. Immerhin war der Rechtsverteidiger sowohl im Abstiegskampf als auch in der Europa League schon mit seinem Verein vertreten.

Dass er nunmehr seit sieben Jahren für den FSV aktiv ist, stellt heutzutage eher eine Seltenheit dar. "Ja, es ist schon ein wenig schade, dass viele Spieler nur eher kurzfristig bei einem Verein bleiben, dass es mehr in Richtung "Wandervogel" geht. Ich wollte immer so hoch wie möglich spielen und habe mich hier seit dem ersten Tag pudelwohl gefühlt. Und das ist auch noch heute so. Meine Familie wohnt in unmittelbarer Nähe und mittlerweile habe ich mir hier auch einen tollen Freundeskreis aufgebaut", benannte Brosinski die Vorzüge seiner Entscheidung.

Momentan muss sich der 32-Jährige voll auf den Klassenerhalt fokussieren. Der FSV hat zwar drei Spieltage vor dem Ende fünf Punkte Vorsprung vor dem Relegationsplatz, doch erreicht sei noch lange nichts.

"Sonst war es immer so, dass wir in der Rückrunde abbauen, aber diesmal ist dies nicht der Fall. Wir haben zwar noch nichts erreicht, doch können wir auf die gezeigten Leistungen in den letzten Spielen aufbauen. Wir wissen, dass wir sowohl die Großen, als auch direkte Konkurrenten schlagen können. Das sollte uns Mut für die letzten Spiele geben. Wir müssen weiterhin von der ersten bis zur letzten Minute konzentriert bleiben", denn warten mit Frankfurt, Dortmund und Wolfsburg noch drei Mannschaften, die es in sich haben, auf die Mainzer.

Doch nicht nur der 2:1-Erfolg vor einer Woche gegen den FC Bayern soll als Indiz für die aktuelle Formstärke der 05er dienen. Denn immerhin ist man seit satten acht Spielen in der Liga ungeschlagen, fünf Partien konnte man dabei gewinnen.

Besonders der Trainerwechsel zu Jahresbeginn, als Bo Svensson das Team übernahm, scheint Früchte getragen zu haben. Doch Brosinski will den momentanen Lauf nicht nur am Übungsleiter festmachen, obwohl dieser natürlich einen großen Teil dazu beiträgt.

Vielmehr sei es der aktuell wieder aufblühende Zusammenhalt, der den Mainzern zuletzt gefehlt habe.

Svensson als Faktor - Heidel bringt die nötige Distanz mit

Denn beim FSV kann nur erfolgreich gearbeitet werden, wenn alle Beteiligten die begrenzten Mittel effektiv und ohne Egoismus nutzen. Mit Trainer Bo Svensson, Sportdirektor Martin Schmidt und Vorstandsmitglied Christian Heidel übernahmen drei Akteure, die selbst eine Mainzer Vergangenheit haben, zum Jahreswechsel extrem wichtige Positionen.

Nachdem man beim FSV zu Saisonbeginn noch Trainer Beierlorzer nach Unstimmigkeiten mit der Mannschaft beurlauben musste und die Mainzer in der Folge bis auf Rang 17 der Bundesliga-Tabelle durchgereicht wurden, kann man derzeit von einer Renaissance der früheren Spiel- und Spaßkultur sprechen.

"Bo Svensson hat selbst lange hier gespielt. Er weiß, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten und an einem Strang zu ziehen. Er weiß, wie der Verein tickt. Anfangs wollte er in erster Linie nur, dass wir uns wieder als Mannschaft verstehen, Sieg oder Niederlage waren dabei zweitrangig. Wir sollten uns für den anderen zerreißen und das nicht nur im Spiel. Bei jedem Training weist er immer wieder darauf hin, er lässt uns damit nicht in Ruhe. Wir sollen als Einheit auf dem Platz stehen", beschreibt Brosinski den Trainer als akribischen Verfechter der Mainzer Grundtugenden.

Der Erfolg gibt dem Klub Recht. Seitdem Svensson das Ruder übernahm verlor der FSV in 17 Partien nur viermal. In der "Svensson-Tabelle" steht Mainz in Reichweite des internationalen Wettbewerbs, auch wenn man sich davon (noch) nichts kaufen kann.

Bo Svensson
Kann Bo Svensson die Mainzer in der Liga halten? / Martin Rose/Getty Images

Auch Heidel und Schmidt verrichten ihre Aufgaben mit der nötigen Einigkeit. "Christian Heidel und Martin Schmidt machen einen tollen Job im Hintergrund. Sie reden dem Trainer nicht rein und nehmen viel Druck von der Mannschaft", kommt Brosinski erneut auf das Thema "Zusammenhalt" zu sprechen.

Für den Spieler selbst soll auch mit 32 Jahren noch lange nicht Schluss sein. Seinen Stammplatz aus der Hinrunde musste er aufgrund zweier Verletzungspausen teilweise abgeben und auch die Leihe von Danny da Costa sorgte in der jüngeren Vergangenheit für weniger Spielzeit.

Bis 2022 steht Brosinski noch in Mainz unter Vertrag, allerdings sieht er sich auch in der kommenden Saison als Bewerber um die Startelf-Plätze - unabhängig der Konkurrenz.

"Klar bin ich nicht mehr der jüngste Spieler und sicherlich wird der Verein auf meiner Position auch in der nächsten Saison für Konkurrenz sorgen. Doch ist es nicht mein Anspruch, auf der Bank zu sitzen. Ich will meine Spiele machen, wie ich es auch in der laufenden Rückrunde tat", verweist Brosinski darauf, dass er in den letzten sieben Partien auch dreimal von Beginn an auflief.

Hoffentlich kann man dann auch wieder vor Zuschauern aufspielen, denn nicht nur die leeren Stadien wirken sich auf das Gemüt des Spielers aus.

Pandemie nagt an der Geduld - "Playstation ist der beste Freund"

Seit über einem Jahr müssen die Menschen mit den Auswirkungen der Pandemie leben. Ungewiss ist weiterhin, wann man wieder eigentlich alltägliche Dinge wie Freundesbesuche oder Einkäufe für sich beanspruchen kann.

"Die Monotonie nehmen wir auch wahr. Ich fahre morgens zum Training und danach wieder nach Hause, dazwischen passiert nichts. Die Playstation ist mittlerweile mein bester Freund und die Couch hat schon eine schöne Kuhle", scherzt Brosinski, der sich selbstredend der Ernsthaftigkeit des Themas bewusst ist.

Daniel Brosinski
Auch an Daniel Brosinski nagt die Eintönigkeit der Pandemie / Martin Rose/Getty Images

"Aber das ist für uns Fußballer natürlich Jammern auf sehr hohem Niveau. Wir dürfen immerhin weiterhin das ausüben, was wir lieben und worauf wir immer hingearbeitet haben. Da geht es anderen wesentlich schlechter als mir. Menschen, die derzeit nicht arbeiten können oder Kinder, die nicht in die Kita oder Schule gehen und ihre Freunde treffen dürfen. Dennoch hoffe ich, dass ich bald wieder ganz normale Dinge tun kann, wie einen Kaffee trinken gehen oder mich mit Freunden treffen", spricht Brosinski den Menschen aus der Seele.

Auch das Mainzer Urgestein freut sich auf ein baldiges Wiedersehen mit den Anhängern im Stadion - möglichst in der Bundesliga. "Wir werden da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Dann wird es gut ausgehen", macht er den Fans Mut.