Volle Stadien, geschmeidiger Fußball: Der australische Fußball im Überblick

Der aktive Support von Traditionsklub Melbourne Victory
Der aktive Support von Traditionsklub Melbourne Victory / Quinn Rooney/Getty Images
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Die Australier haben das Coronavirus gut im Griff. Für alle Freunde des runden Leders bedeutet das: volle Stadien und geschmeidiger Fußball. Die A-League wird zunehmend populärer - und gerät durch die kürzlichen Wechsel von Sebastian Langkamp und Alou Kuol auch bei uns in Deutschland vermehrt auf die Bildfläche. 90min hat mit A-League-Fan James aus Perth gesprochen und klärt die spannendsten Fragen rundum den Fußball am anderen Ende der Welt.


Doch bevor es ans Eingemachte geht, einige Informationen vorab: Die A-League wurde 2004 gegründet und zur Saison 2005/06 von ihren acht Gründungsmitgliedern erstmalig ausgespielt. Derzeit messen sich zwölf Teams in der höchsten Spielklasse Australiens - darunter mit Wellington Phoenix sogar ein Team aus Neuseeland. Bereits vor ihrer Gründung gab es eine professionelle Liga Down Under; die 1977 gegründete National Soccer League (NSL) musste wegen finanzieller Schwierigkeiten schließlich weichen.


Die Daten zur A-League im Überblick:

  • Name: Hyundai A-League
  • Erstaustragung: 26. August 2005
  • Mannschaften: 12
  • Aktueller Meister: Sydney FC
  • Rekordmeister: Melbourne Victory & Sydney FC (je vier Meisterschaften)

Die Entwicklung der A-League

Um den Fußball in Australien bekannter zu machen, leiteten die Verantwortlichen eine millionenschwere Marketingkampagne in die Wege. Der Werbespruch der neu gegründeten A-League lautete "Football, but not as you know it" ("Fußball, aber nicht wie du ihn kennst"). Denn in Australien wurde Football hauptsächlich mit Australian Football, dem Nationalsport des Landes, assoziiert. Die geläufige Bezeichnung für Fußball lautet auch weiterhin "Soccer". Lediglich innerhalb der Fußball-Community sprechen die Fans von "Football".

Für den blitzartigen Durchbruch der Liga sorgten schließlich einige national bekannte Fußball-Rückkehrer und weitere international renommierte Fußball-Stars wie etwa Dwight Yorke, der 2005 als afrikanische Legende der englischen Premier League zu Sydney FC wechselte. Als deutscher Pionier der A-League gilt Thomas Broich. Der Offensiv-Allrounder wechselte 2010 aus Nürnberg nach Brisbane und wurde vier Jahre später sogar zu Australiens Fußballer des Jahrzehnts (!) gekürt.

Thomas Broich im Trikot von Brisbane Roar FC
Thomas Broich brachte den australischen Fußball auf die deutsche Bildfläche / Bradley Kanaris/Getty Images

Der gute Auftritt der australischen Nationalmannschaft bei der WM 2006 in Deutschland, als man im Achtelfinale spät und ärgerlich mit 0:1 gegen den späteren Weltmeister aus Italien ausschied, sorgte für einen regelrechten Fußball-Boom Down Under. Mit der Teilnahme an der asiatischen Champions League wurde die A-League zuletzt auch in Asien immer bekannter. 2014 sicherten sich die Western Sydney Wanderers den Henkelpott.

Der australische Spielmodus - ohne Absteiger!

Die sogenannte "Regular Season" umfasst 33 Spiele pro Klub. Jedes Team trifft drei Mal auf jedes andere, je nach Konstellation zwei Mal heim und einmal auswärts - oder umgekehrt. In der Folgesaison werden die Paarungen entsprechend verändert, sodass jedes Team in zwei Saisons drei Heimspiele und drei Auswärtsspiele gegen den jeweiligen Gegner bestreitet. Die Tabellenführung am Ende der Saison wird "A-League-Premiership" genannt und der entsprechende Verein darf im nächsten Jahr an der AFC Champions League teilnehmen.

Die sechs bestplatzierten Mannschaften erreichen die Play-offs - "Final Series" genannt. Hier trifft zunächst der Drittplatzierte auf den Sechstplatzierten und der Viertplatzierte auf den Fünftplatzierten. Die Sieger dieser Spiele qualifizieren sich für die Halbfinals. Der Meister und der Vizemeister der "Regular Season" haben in den Halbfinals jeweils Heimrecht. Die Sieger der Halbfinals spielen im Grand Final. Der Sieger des Finals ist A-League-Meister und erhält den zweiten verfügbaren Champions-League-Platz. Für den Fall, dass der Premiership-Sieger im Finale steht, wird automatisch der andere Verein im Finale zum zweiten Champions-League-Teilnehmer.

Im Gegensatz zu europäischen Profiligen gibt es keine Absteiger!


Alle Klubs der A-League im Überblick:

  1. Adelaide United - seit 2005 - Coopers Stadium (17.000)
  2. Brisbane Roar - seit 2005 - Suncorp Stadium (52.500)
  3. Central Coast Mariners - seit 2005 - Central Coast Stadium (20.119)
  4. Melbourne Victory - seit 2005 - Marvel Stadium (56.347)
  5. Newcastle United - seit 2005 - McDonald Jones Stadium (33.000)
  6. Perth Glory - seit 2005 - HBF Park (17.288)
  7. Sydney FC - seit 2005 - Netstrata Jubilee Stadium (20.500)
  8. Wellington Phoenix - seit 2007 - Sky Stadium (34.500)
  9. Melbourne City - seit 2010 - AAMI Park (31.500)
  10. Western Sydney Wanderers - seit 2012 - Bankwest Stadium (30.000)
  11. Western United FC - seit 2019 - kein festes Stadion
  12. Macarthur FC - seit 2020 - Campbelltown Stadium (20.000)

Melbourne Victory ist Zuschauer-Primus

In der ersten A-League-Saison besuchten im Schnitt 10.956 Fans die Stadien der acht Gründungsmitglieder - Finalspiele und der Pre-Season-Cup exklusive. 2008/09 erreichte die A-League einen Zuschauer-Peak von 14.610 durchschnittlichen Zuschauern. Die letzte Erhebung stammt aus der Saison 2018/19 und zählt 10.411 gesamte Durchschnittszuschauer auf den Rängen. Mit 20.604 durchschnittlichen Fans war das Marvel Stadium von Melbourne Victory in dieser - so wie jeder Spielzeit - am besten besucht. Die wenigsten Zuschauer (5.562 im Schnitt) hatten die Central Coast Mariners trotz ihrer wahrlich malerischen Spielstätte in Gosford.

Die ewige Torjägerliste führt weiterhin Ex-Bundesliga-Profi Besart Berisha an. Für Brisbane Roar, Melbourne Victory und Western United traf der jugoslawische Mittelstürmer schon 133 Mal. Thomas Broich erhielt zwei Mal die Johnny Warren Medal und wurde somit zum Spieler der Saison gekürt. Den Golden Boot, die Auszeichnung zum Torschützenkönig der "Regular Season", erhielt zuletzt ebenfalls ein alter Bekannter: Jamie Maclaren kickte einst für Darmstadt in der 2. Bundesliga. Auch dieses Mal ist er mit 24 Buden auf dem allerbesten Weg, Torschützenkönig der A-League zu werden.


A-League Experteninterview

90min: Wie wichtig ist der Fußball in Australien?
James: In Australien wächst der Fußball definitiv, und ich würde sagen, seit Ende 2013 wird er langsam zu einer der beliebtesten Sportarten des Landes. Der aktive Fansupport war für viele Menschen definitiv ein Anziehungspunkt, da Fans unterschiedlichster Sportarten immer wieder von der steigenden Atmosphäre während der A-League-Spiele schwärmten.

90min: Welche Sportarten sind (noch immer) populärer als Fußball?
James: Der australische Fußball konkurriert natürlich noch immer mit dem Nummer-1-Sport Australian Football. Ansonsten hat der Fußball hierzulande das Glück, dass Rugby immer mehr ausstirbt und Cricket nur im Sommer gespielt wird. Da die AFL (Australian Football League) lange Zeit so beliebt war, ist und bleibt es natürlich schwierig, ihr in Bezug auf Zuschauerzahlen und Beliebtheit Konkurrenz zu machen. Aktuell wird Fußball besonders bei Jugendlichen immer beliebter - vor allem in den Schulen, da viele Kinder keinen Reiz in dem sehr rauen und aggressiven Australian Football sehen.

90min: Mit welcher europäischen Liga kann man den Fußball Down Under vergleichen?
James: Ich würde sagen, er liegt etwas unter dem Niveau der zweiten englischen Liga. Wie der niederländische Verteidiger Darryl Lachman sagte, "sind die Spiele eher physisch als taktisch. Es geht oft mehr ums Laufen, besonders am Ende der Spiele".

90min: Ist es nicht langweilig ohne Abstiegsmannschaften?
James: 100%! Seit langem fordern wir eine zweite Liga, um ein stärkeres Gefühl des Wettbewerbs zu schaffen, da die Final-Series das einzige Ziel der Mannschaften ist. Wenn es für die Teams Auf- und Abstieg gäbe, hätten vor allem die Kellermannschaften einen größeren Anreiz, sich weiterhin zu behaupten und nicht einfach die aktuelle Tabellenposition zu akzeptieren.

90min: Wie sieht es mit der Ultraszene in Australien aus?
James: Die Ultraszene war besonders im Jahr 2015 sehr groß. Viele Gruppierungen wie etwa RBB (Western Sydney), Melbourne Terrace (Melbourne Victory) und Sydney Cove (Sydney FC) generierten immer größer werdendes Interesse. In dieser Saison gab es wegen der Corona-Situation einen kleinen Rückgang, der sich in der kommenden Saison sicher wieder legen wird.

90min: Was hältst du von den deutschen Spielern in Australien?
James: Sie sind ziemlich gut. Trotz ihres Alters war und ist die Mehrheit der deutschen Akteure eine Bereicherung für die Liga. Nicolai Müller zum Beispiel spielt für die Western Sydney Wanderers seither sehr konstant. Auch Alexander Baumjohann war während seiner Zeit bei den Wanderers ein guter Spieler. Von Sebastian Langkamp habe ich noch nicht viel gesehen, aber bisher war er hinten sehr solide, ruhig am Ball und konkurrenzfähig in der Luft - Dinge, die man von einem guten Innenverteidiger sehen möchte.


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