90min-Nostalgie: Als der Club und der HSV keinen Meister ermitteln konnten!

Beim letzten Vergleich beider Teams in Hamburg (5:2) traf Simon Terodde zweimal für den HSV
Beim letzten Vergleich beider Teams in Hamburg (5:2) traf Simon Terodde zweimal für den HSV / Martin Rose/Getty Images
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Wenn am kommenden Sonntag der Hamburger SV den 1.FC Nürnberg zum 83. Duell beider Klubs im heimischen Volksparkstadion empfängt (So., 13.30 Uhr), ist wieder einmal auch jede Menge Nostalgie im Spiel.


82 Mal gab es diese Paarung nun schon. Die meisten Spiele (64) fanden im Rahmen der 1963 gegründeten Bundesliga statt. Doch ein ganz berühmtes Aufeinandertreffen gab es schon viele Jahrzehnte zuvor: nämlich im Sommer 1922.

Beide Klubs hatten sich für das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft qualifiziert. Im Grunewald-Stadion zu Berlin stieg am 18. Juni das Finale. Es endete mit einem 2:2. Heute würden wir sagen: nach Verlängerung.

Gespielt bis es dunkel wurde

Doch eine konkrete Zeitvorgabe für den Nachschlag nach neunzig Minuten gab es damals noch nicht (geschweige denn ein Elfmeterschießen!). Und so spielten Franken und Nordlichter solange bis die Sonne unterging - und man kaum noch etwas sehen konnte.

Nach mehr als drei Stunden Fußballkampf (!) pfiff Schiedsrichter Peco Bauwens die Partie schließlich gezwungenermaßen ab. Ein Wiederholungsspiel musste her. Das wurde auf den 6. August terminiert. Schauplatz diesmal: Leipzig.

Und wieder waren beide Teams absolut auf Augenhöhe. Und dementsprechend stand es am Ende der regulären Spielzeit erneut remis (1:1). Also musste wieder verlängert werden. Der Club war zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer Hinausstellung und einer Verletzung bereits in doppelter numerischer Unterzahl.

Bauwens brach die Partie wegen der vierfachen Unterzahl der Nürnberger ab

Und verlor in der Verlängerung durch den zweiten Platzverweis und eine weitere schwere Verletzung noch zwei Spieler. Bauwens, erneut als Schiedsrichter abgestellt, entschied deshalb in der Pause der Zusatzspielzeit, das Spiel abzubrechen, da die Franken nur noch sieben Spieler auf dem Feld hatten.

Das war zwar im Kern richtig, formal jedoch hätte Bauwens die Partie nicht in der Pause abbrechen dürfen. Die Spieler des HSV, die sich ob der Überzahl in der Favoritenrolle wähnten, waren mit dieser Entscheidung sowieso alles andere als einverstanden, mussten sich aber schließlich beugen.

Hamburger SV "verzichtete" auf den Titel

Als Meister wurde zunächst tatsächlich der Hamburger SV ernannt, der diese "Ehrung" aber ablehnte. Ob aus eigenen Stücken oder, wie später gemunkelt wurde, auf sanften Druck des Fußball-Bundes, ist bis heute nicht geklärt.

Jahrzehnte später wurden schließlich die Namen beider Klubs als Meister 1922 in die Meisterschale, wie wir sie heute kennen, eingraviert. Ein bis heute einmaliger Vorgang im deutschen Liga-Fußball.

Bayern Muenchen v SC Freiburg - Bundesliga
Auf der Meisterschale (1948 von der Goldschmiedin Elisabeth Treskow entworfen) sind alle deutschen Meister seit 1903 eingraviert / Boris Streubel/Getty Images

An den jedes Mal, wenn Hamburger und Nürnberger fußballerisch aufeinandertreffen, neu erinnert wird. Beim Rückrundenspiel im kommenden März feiert dieses ewige Finale von 1922 fast schon seinen hundertjährigen Geburtstag.

Die Statistik spricht übrigens klar für den HSV: von den bisherigen 82 Partien gewannen die Rothosen genau die Hälfte (41) und verloren 22, bei 19 Unentschieden.