Spielerberater-Star Fazeli: "Markt wird wegen Covid-19 nicht gelöscht!"

facebooktwitterreddit

​Reza Fazeli gehört zu den bekanntesten Spielerberatern im Profi-Fußball. Zu seinen Klienten gehören unter anderen Emre Can, Mo Dahoud und Mario Götze. Gegenüber dem kicker äußerte Fazeli nun seine Einschätzungen rund um die ​Coronakrise und ihre möglichen Folgen für das Fußballgeschäft.

Einnahmeverluste, Gehaltskürzungen, gravierende Einschnitte in das Transfersystem - viele haben für den Fußball einschneidende Veränderungen im Zuge der Pandemie prophezeit. Fazeli sieht das ganze jedoch etwas weniger dramatisch. Vor allem um die Stellung des Fußballsports an sich macht er sich trotz der aktuellen Lage keine Sorgen. 

"Das Virus wird nicht spurlos an ihm vorübergehen. Allerdings bin ich sicher, dass das Interesse am Fußball ungebrochen bestehen bleibt. Es wird - das kann ich garantieren - nach dieser Pandemie eher steigen als sinken. Das System Fußball ist nicht bedroht." 

Effekte wird der Lockdown natürlich dennoch haben. "Es werden auch in diesem Sommer Transfers zustande kommen", ist sich Fazeli sicher, "aber womöglich nicht in der hohen Anzahl wie sonst. Der Markt wird später öffnen. Bislang hatten wir ein offizielles Sommertransferfenster, die Gespräche liefen in der Regel schon ab Februar. Da wurde alles vorbereitet. Zurzeit ist der Transfermarkt geschlossen." 

Transferfenster bis Ende Oktober geöffnet halten

Beim Thema Erweiterung der Transferphase spricht sich Fazeli für eine Verlängerung in den Herbst hinein aus. "In vielen Ligen wird die Saison erst Mitte oder Ende Juli beendet, daran muss man die Transferzeit anpassen und bis Mitte oder Ende Oktober erweitern. Bisher ging sie bis zum 31. August." Diese Deadline dürfte jedoch in diesem Jahr schwerlich einzuhalten sein. Zumal immer noch nicht feststeht, ob und bis wann die einzelnen Ligen in Europa den Spielbetrieb wieder aufnehmen. Fazeli sei aber gegen eine Öffnung des Marktes bis in den Januar 2021 hinein. 

Dass es nun zwangsläufig zu vermehrten Leih- und Tauschgeschäften kommen wird, sieht Fazeli nicht als automatisch gegeben an. Diese Art Geschäfte habe es schon immer gegeben. Vielmehr kann sich der Berater eine Veränderung in den Zahlungsmodalitäten vorstellen. "(...) Die Laufzeiten für die Zahlungen werden künftig großzügiger gehandhabt werden. Bei einer Ausleihe könnte bei den Kauf- oder Rückholoptionen ebenfalls die Praxis gelockert werden. Und es dürfte mehr Bereitschaft zu Kompromissen geben."

Die ​Bundesliga sieht Fazeli in der Krise recht gut aufgestellt. "Die Bundesliga ist eine der bestorganisierten Ligen der Welt. Sie wird wohl als eine der ersten die Saison fortsetzen, somit einen Vorteil haben. Das heißt nicht, dass alle Stars in die Bundesliga wechseln. Und die Abhängigkeit von den großen Ligen ist stets da, sollte etwa ein Sancho nach England oder Spanien wechseln. Generell gilt: Die DFL hat gute Strukturen geschaffen, deshalb wird der Transfermarkt hier gesund sein. Es wird Wechsel geben, aber nur solche, die nötig sind."

Einen Preisverfall kann Fazeli ebenfalls nicht ausmachen. Und spricht in diesem Zusammenhang die beiden Super-Talente Jadon Sancho und Kai Havertz an, deren Klubs in diesem Sommer eigentlich mit dreistelligen Millionenbeträgen als Ablösesummen geplant hatten. "Beide Klubs sind auf keinen Spielerverkauf angewiesen. Also wird Dortmund nur zustimmen, wenn der Preis für Sancho stimmt. Die Erwartung ist eine dreistellige Millionensumme. Und Leverkusen wird Havertz, für den vorige Saison eine dreistellige Millionensumme möglich war, nicht für 60 oder 70 Millionen abgeben." 

Keine sechs, sieben Transfers über 100 Millionen in diesem Sommer

Keine Chance also für Schnäppchenjäger. Was für Fazeli übrigens generell für die Topspieler dieser Welt gilt. "Ich kann garantieren, dass es für die Weltklassespieler immer eine Markt geben wird, in dem sie entsprechend bezahlt werden. So ist es in der freien Marktwirtschaft, weil mit diesen Spielern auch am meisten Geld verdient wird. Sechs, sieben Transfers über 100 Millionen Euro wird es in diesem Sommer jedoch nicht geben."

Auf die Frage, ob er angesichts der geplanten Lockerung des Financial Fair-Play (und dem damit verbundenen unkontrollierten Geldzufluss) eine generelle Gefahr für das System sehe, sagt Fazeli: "Der Fußball lebt nicht von den Transfers, sie sind ein Teil davon. Solche Zuwendungen sollten jedoch der Schaffung oder dem Erhalt gesunder Strukturen dienen, nicht Transfers für Unsummen." 

Eine Verarmung der breiten Masse der Profi-Fußballer befürchtet Fazeli jedenfalls nicht. "Bundes- und Zweitliga-Profis verdienen gutes Geld. Eine Phase wie zurzeit bedeutet für sie nicht den Ruin, wenn sie strukturiert sind in ihrem Leben." Um die Geringverdiener in unserer Gesellschaft mache er sich jedenfalls mehr Sorgen. 

Verlängerung der Verträge kein Problem

Zum Thema der eventuell notwendigen Verlängerung der Spielerverträge, die in diesem Juni auslaufen werden, hat der Berater eine dezidierte Meinung: "Ich kenne keinen einzigen Spieler, der nicht bereit wäre, die Saison im bisherigen Klub zu Ende zu spielen. Da gäbe es immer eine Einigung. Der Vertrag muss dann halt um ein paar Wochen verlängert werden. Verträge sind da, damit man sich verträgt." Dass die Krise im konkreten Fall auch für Gehaltseinbußen sorgt, ist für Fazeli ebenfalls kein schwerwiegendes Problem. "Alle", so der Manager, "würden das Ganze wohlwollend unterstützen." 

Ob die Pandemie zu einem generellen Orientierungswandel in seiner, der Beraterbranche, sorgen werde, beantwortet Fazeli auf sich bezogen: "Bei mir hat sich kaum etwas verändert, ich habe immer längerfristige Planungen im Blick. Wer den schnellen Transfer anstrebt, trifft jetzt wahrscheinlich auf andere Begebenheiten. Doch der Markt wird wegen Covid-19 nicht gelöscht, es gibt jetzt neue Faktoren. Darauf müssen sich ein Berater und die Spieler einstellen."