Das All-Star-Team des Hamburger SV
Von Guido Müller
In diesen fußballlosen Zeiten kann man ja ruhig mal wieder das beliebte Spiel "Beste Elf aller Zeiten" herauskramen. Nachdem wir in der jüngeren Vergangenheit vor allem die Best-of-Teams der an der EM teilnehmenden Nationen vorgestellt haben, widmen wir uns heute mal dem Hamburger SV.
Tor: Uli Stein
Viele gute Torhüter haben den Kasten der Rothosen bewacht. Der beste von ihnen war Uli Stein. Seine sieben Jahre währende Karriere beim HSV fällt fast deckungsgleich in die erfolgreichste Phase der Vereinsgeschichte. Deutscher Meister, Deutscher Pokalsieger, Europapokalsieger der Landesmeister - Uli und seine Kollegen räumten damals sowohl national als auch international alles ab. Ein Faustschlag gegen Jürgen Wegmann im deutschen Supercup-Spiel 1987 beendete dann das Kapitel abrupt. Zwar kam Stein 1994 noch einmal für ein Jahr zurück an die Elbe - doch da war der Klub schon nicht mehr der, der er Anfang und Mitte der Achtziger war.
Abwehr: Kaltz - Beckenbauer - Jakobs - Sorín
In einem 4-3-3-System haben wir uns für Manfred Kaltz auf der rechten defensiven Außenbahn entschieden. Seine punktgenauen Flanken ("Bananenflanken") wurden zu seinem Markenzeichen - neben seiner Bierruhe bei Elfmetern. Der "Schwätzer" wie Kaltz ob seiner nicht gerade überbordenden Beredtsamkeit ironisch genannt wurde, war Mr. HSV. Sieben Titel gewann der HSV zwischen 1971 und 1989 - allesamt mit Manfred Kaltz. Drei Meisterschalen, zwei DFB-Pokalsiege, zwei Triumphe im Europacup (1977 und 1983) - ohne Kaltz wäre die Trophäenvitrine im HSV-Museum verwaist.
Als Kopf und Lenker der Abwehr lassen wir Franz Beckenbauer auflaufen. Der spielte zwischen 1980 und 1982 zwar insgesamt nur 28 Mal für die Rothosen, holte in dieser Zeit aber seinen insgesamt fünften Meistertitel (und den sechsten von sieben für den HSV) und konnte spielerisch immer noch mehr als nur mithalten.
Ihm zur Seite stellen wir den wohl kompromisslosesten Verteidiger, der je für den HSV gespielt hat: Dietmar Jakobs. Der eisenharte Innenverteidiger legte regelmäßig die gegnerischen Stürmer an die Kette. Für das Ende seiner Laufbahn war dann ein Karabinerhaken verantwortlich, der sich anlässlich des Bundesliga-Spiels gegen den SV Werder Bremen im September 1989 in einer unglücklichen Verkettung von widrigen Umständen in seinen Rücken bohrte und mehrere Nervenstränge zerfetzte.
Auf der linken Abwehrseite haben wir uns ebenfalls für eine flüchtige Erscheinung entschieden. Zwei Jahre lang spielte Juan Pablo Sorín, der zuvor bei Klubs wie Juventus Turin, Lazio Rom, FC Barcelona oder PSG gekickt hatte, in Hamburg.
Doch wiederholtes Verletzungspech ließ den langjährigen Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft nicht wirklich in Hamburg ankommen.
Mittelfeld: Groh - Doll - Magath
Im defensiven Mittelfeld stellen wir Jürgen "Joschi" Groh auf. Die Lunge des HSV. Groh war eigentlich über die gesamten neunzig Minuten eines Spiels damit beschäftigt, im Mittelfeld die Löcher zu stopfen. Dies machte er derart effizient, dass er den Künstlern in der Mannschaft (wie z.B. Felix Magath) den Rücken freihielt.
Das offensive Mittelfeld bestücken wir mit Thomas Doll und Felix Magath. Während "Dolli" über nimmermüde Laufbereitschaft kam, und mit seinen Dribblings ganze Abwehrriegel auszuhebeln vermochte, war Magath mehr der kühle Stratege, der das Spiel mit klugen Pässen auf die Stürmer ankurbelte. Zum HSV-Star mit Heldenstatus wurden beide, doch jeweils auf ganz unterschiedliche Art: Thomas Doll war 1991, nach nur einem Jahr in Hamburg (aber was für eins!), der einzige Spieler, der dem von einem hohen Schuldenberg fast erdrückten HSV noch Geld einbringen konnte.
Und so verkauften die Hanseaten im Sommer dieses Jahres ihren Superstar an Lazio Rom - und waren über Nacht alle Schulden los. Allerdings machte sich der Abgang auch sportlich bemerkbar: der HSV verschwand danach immer mehr in der Bedeutungslosigkeit.
Felix Magath hingegen ist der Mann von Athen. Sein Treffer in der 9. Spielminute im Europapokal-Endspiel 1983 gegen Juventus Turin katapultierte den HSV erstmalig in den ganz großen Ehrensaal des Vereinsfußballs. Beide Legenden kamen später nochmal als Trainer zum HSV zurück.
Sturm: Keegan - Seeler - Mahdavikia
Zwei Außenstürmer und ein Knipser. Statt des Abnehmers der Kaltz'schen Bananenflanken, Horst Hrubesch, haben wir uns als zentrale Spitze für die HSV-Ikone schlechthin entschieden: "Uns Uwe" Seeler kann in einer solchen Aufstellung nämlich nicht fehlen. Sein Einsatz, auf und neben dem Platz, stand sinnbildlich für einen Geist, wie er heute nicht mehr leicht zu finden ist. Als Inter Mailand ihn zu Beginn der Sechzigerjahre mit immer astronomischeren Gehaltsvorschlägen davon überzeugen wollte, in die lombardische Metropole zu wechseln, musste Seeler nicht allzu lange nachdenken. Nach ein paar Tagen Bedenkzeit, und der Erkenntnis, dass er auch in Mailand "nicht mehr als ein Schnitzel am Tag" essen könne, stieß er den eigens aus Italien angereisten Star-Trainer der Mailänder, den Argentinier Helenio Herrera, mit seinem: "Nein. Ich bleibe beim HSV!" förmlich vor den Kopf. Und machte eine ganze Stadt froh, die Seelers Bleiben tagelang feierte.
Als Ikone der neueren Zeit (die aber mittlerweile auch schon gefühlt im Mittelalter liegt) gilt der Engländer Kevin Keegan. "Mighty Mouse" kam mit der Empfehlung eines Europapokalsieges (mit dem FC Liverpool) nach Hamburg. Nach einem diskreten ersten Jahr, in dem er bereits als Fehleinkauf tituliert wurde, explodierte der kleine wendige Außenstürmer im Jahr 1978/79 förmlich und führte den HSV in vorher nicht gekannte Höhen.
Dem Meistertitel 1979 folgte der Einzug ins Finale des Europapokals (das mit 0:1 gegen Nottingham verloren ging), und die Vizemeisterschaft im selben Jahr. Leider gelang ihm der große Wurf auf europäischer Bühne nicht. Nach nur drei Spielzeiten an der Elbe kehrte Keegan 1980 in seine englische Heimat zurück.
Wer hat sie nicht im Ohr, die langhaltenden "Meeeeeeehdi"-Rufe, die im Volksparkstadion einsetzten, wenn Mehdi Mahdavikia mal wieder zu einem seiner herzerfrischenden Flankenläufe ansetzte?
Acht Jahre lang war die rechte Seite beim HSV sein Revier. Und das Vorlagengeben sein Metier. In seiner stärksten Spielzeit für den HSV (2002/03) gelangen dem Iraner in 26 Spielen 14 Torvorlagen.