Klinsmanns Abrechnung mit Preetz und Hertha: "Katastrophale Versäumnisse" - "Verein am Boden"

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Der Abgang von Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC hinterließ deutliche Spuren. Wochen später ist die große Posse noch immer nicht abgekühlt. Ein nun aufgetauchtes Protokoll des Übungsleiters zeigt seine Sicht auf die Dinge.

Der Krach beim Hauptstadtklub ist noch immer nicht abgeklungen. Der große Bruch zwischen Jürgen Klinsmann und der Hertha sorgte für Wut, Ärger und Enttäuschung. Noch immer waren nicht alle Gründe für den überraschenden, aber sich auch irgendwie ankündigenden Abgang des Trainers bekannt.

Nun soll ein Dokument mehr Aufschluss geben. In Tagebuch-Form ließ Klinsmann alle Vorgänge seiner zehnwöchigen Amtszeit protokollieren. Der genauere Einblick soll die Reaktion des 55-Jährigen nachvollziehbar machen. Die Sport Bild druckte Teile dieser großen Zusammenfassung, dessen Echtheit von Klinsmanns Management gegenüber dem SID bestätigt wurde, ab.

Schon Klinsmanns Ankunft war chaotisch

Auf insgesamt 22 Seiten will Klinsmann die neutrale Sicht auf die Dinge abbilden. Was sofort klar wird: Bereits vor und während der Anstellung des Trainers lief es bei der Hertha chaotisch zu. 

"Man spürt, dass der Verein komplett am Boden ist. Hektisch und nervös. Ohne Perspektive, was das​ Traineramt und die Zukunft anbelangt", so das Dokument kurz vor der Amtsübernahme.

Vor seinem ersten Spiel konnte Klinsmann die Folgen noch nicht absehen

Seine ursprüngliche Rolle als Aufsichtsratsmitglied wurde nur unter Vorbehalten angeboten. Schnell machten ihm die Verantwortlichen klar, dass die Pläne ganz andere waren. "Es wird nachhaltig von allen Beteiligten die Bitte geäußert, dass Klinsmann bis zum Sommer Cheftrainer ist." 

Doch damit begann das Drama beim BSC erst. Der Übungsleiter fand den gesamten Klub in einer desolaten Situation vor: "Die Mannschaft ist in einem katastrophalen körperlichen, wie mentalen Zustand." Auch Mannschaftsärzte, die Medienabteilung und die Planungen für die Rückrunde seine untragbar gewesen. Trotzdem nahm Klinsmann die Herausforderung an. 

Die Probleme waren allerdings riesig. Vor allem die Tatsache, dass es für Trainer und Mannschaft keinen Rückzugsort gebe, sei nicht zu verantworten gewesen.

Klinsmann bekommt nur Gegenwind

Trotz guter Ergebnisse zum Ende der Hinrunde muss der 55-Jährige mit vielen Diskussionen kämpfen. Seinen Sohn Jonathan durfte er als dritten Torhüter nicht zurückholen, auch wenn kaum Kadertiefe im Tor vorhanden war. Der Umgang mit Klinsmann war meist negativ und abwertend.

Das Verhältnis zwischen Michael Preetz und Jürgen Klinsmann war stets angespannt

"Jürgen Klinsmann fliegt für sechs Tage über Weihnachten nach Kalifornien. Erste Gedanken, ob eine Rückkehr überhaupt Sinn macht", so heißt es weiter. Die Winterpause war ebenfalls ein großer Rückschlag, der vor allem mit dem Trainingslager in den USA zu tun hatte. Die Organisation war ebenso schlecht wie der Zustand der Mannschaft und das Klima im Verein.

Trotzdem verzeichnete Klinsmann Fortschritte mit der Mannschaft. Von Investor Lars Windhorst bekam er das Angebot, seinen Trainervertrag um zwei Jahre zu verlängern. Der Übungsleiter willigte ein, doch schlussendlich kam es nie zu einer Unterzeichnung. "Wenn wir hier nicht weiterkommen, kann ich auch von hier aus nach Los Angeles fliegen anstatt nach Berlin", so der schon deutlich gereizte Klinsmann.

Herthas Trainer sieht nur eine Lösung

Die nachfolgenden Wochen zogen ihn und den Klub weiter in die Abwärtsspirale. Alle Umstände kamen zusammen und so platzte Klinsmann letztendlich der Kragen. Er wirft Michael Preetz "jahrelange katastrophale Versäumnisse in allen Bereichen" und eine "katastrophale aktuelle Kaderplanung" vor. "Der Klub hat keine Leistungskultur, nur Besitzstandsdenken und es fehlt jegliches Charisma in der Geschäftsleitung." 

Klinsmann bemängelte auch, dass es "kein Vertrauensverhältnis zwischen der Geschäftsleitung und der technischen Leitung, sprich Trainern und Team-Betreuern" gebe, weshalb er nur zu einem Schluss kam: "Die Geschäftsführung muss sofort komplett ausgetauscht werden." 

Aufgrund der nicht enden wollenden Vormachungen, Lügen und neuen Erkenntnissen kam es zum unvermeidlichen Bruch. Klinsmann zeigt in einer radikalen Art und Weise, in welch katastrophalem Zustand die Hertha aus Berlin wirklich steckt.