1. FC Köln: So läuft das Scouting bei den Geißböcken ab

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Seit jeher ist der 1. FC Köln ein wichtiger Bestandteil der deutschen Fußballkultur. Doch der Verein besticht immer wieder durch eine besondere Art, die sich mehr und mehr von den Konkurrenten abhebt. So trifft es ebenfalls auf das Scouting des Bundesligisten zu. Einen großen Anteil daran hat Sportdirektor Armin Veh, der die Nachwuchsbeobachtung revolutionierte.

Mit einigen namhaften Talenten schafft es der 1. FC Köln immer wieder, auf dem internationalen Markt für Aufsehen zu sorgen. Dabei hat der Verein und seine Struktur einen kompletten Wandel durchzogen, was das Scouting von Nachwuchsspielern betrifft. Denn vor einigen Jahren hofften noch Sportstudenten als eine Art Talentsucher auf einen Glückstreffer. Heute sind die Methoden beim Effzeh ganz andere.

Veh setzt auf erfahrenen Chef-Scout

Eine bedeutende Rolle in der Entwicklung spielt ​dabei Armin Veh, der den Verein seit seiner Ankunft neu ausrichten wollte. Für seine Scoutingabteilung konzipierte er viele Maßnahmen, um eine deutliche Verbesserung der Chancen zu schaffen. Ein Teil dieses Plans war es, einen Chef-Scout zu instruieren, der sich bestens mit dem Profifußball auskennt und enorme Erfahrung mit sich bringt.

"Bei der Neuausrichtung unserer Scouting-Abteilung war uns ganz wichtig, dass wir die Fachkompetenz steigern. Mit einem Mann, der nicht nur ein breites Netzwerk und Erfahrung als Scout hat, sondern auch als Trainer tätig war. Ausgebildete Fußball-Lehrer, die noch dazu im Job waren, haben einen ganz anderen Blick auf Spieler, die uns weiterhelfen können", so Veh in der Bild

Die Rede ist dabei von Willi Kronhardt, der seit einem halben Jahr die Geschicke der Kölner Spielerbeobachtung übernimmt. Sein Stand bei den Geißböcken könnte kaum größer sein, denn neben der Beobachtung und Leitung des Scoutings, darf er eigene Transfervorschläge machen, die bei Veh auf offene Ohren treffen. Kronhardt war selbst als Profi und Trainer aktiv und zuletzt als Chef-Scout beim russischen Topklub Lokomotive Moskau tätig.

Als so ausgeprägter Fachmann hat Kronhardt in jedem Fall ein Alleinstellungsmerkmal. Für ihn ist es von enormer Bedeutung, seinen Beruf von allen Seiten nachvollziehen zu können. "Es macht auf jeden Fall Sinn, wenn du selbst Trainer warst. Du kannst Spieler ganz anders einordnen und selbst einschätzen, welchen Bedarf der Profi-Trainer hat.“

Neuanfang zahlt sich früh aus

Der Sommer war für Veh und Kronhardt also die erste Härteprobe, im Bezug auf Neuzugänge hätte es allerdings kaum besser laufen können. Die fünf namhaften Verpflichtungen fanden sich am ersten Spieltag alle in der Startelf wieder, die Transfers sind ebenfalls noch entwicklungsfähig und bringen enormes Potential mit sich. "Wir haben auf Qualität statt Quantität gesetzt, wenn die Jungs auf dem Platz stehen, macht uns das natürlich stolz", so Kronhardt.

Dass die Kölner noch im Tabellenkeller verweilen, liegt eher an einem schweren Auftaktprogramm und üblichen Startproblemen, als an der Enttäuschung der Neuzugänge. Im gesamten haben sich die neuen Spieler gut eingefunden und passen wie gehofft ins System der Geißböcke. Das liegt daran, dass Kronhardt gemeinsam mit vier weiteren Scouts viel Zeit investiert hat, um die neuen Spieler zu beobachten. Weltweit sucht das Team unentwegt nach neuer Qualität, die zum Effzeh passt.

"Wir scouten auch im Ausland selbst, schicken da keine externen Leute hin. Wir müssen uns immer selbst ein Bild vom Spieler machen, sehen, wie er sich bewegt. Im Vorfeld erfolgt die Video-Analyse des Spielers. Im zweiten Schritt bewerten wir ihn dann im Stadion, um zu schauen, ob er für uns interessant wird.“ Sollte ein Profi in das Raster der Scouts fallen, kommt der nächste Schritt. 

Das Gesamtpaket entscheidet

Die​ jährlichen Ausgaben der Scoutingabteilung beläuft sich auf etwa eine Millionen Euro, was vor allem durch den Aufwand und die lange Beschäftigung mit einem Spieler zu tun hat. Dazu werden die potentiellen Neuzugänge in einer Art Filtersystem analysiert: "Es gibt immer eine Zweit- oder auch Drittmeinung. Wir achten auch auf Körpersprache", so der Chef-Scout. Ein Spieler kann also nur durch sein Gesamtpaket überzeugen, denn auch seine öffentlichen Auftritte werden genauestens beobachtet.

Bis zu einer Verhandlung weiß der beobachtete Spieler zudem nichts von seinem Glück. "Persönlichen Kontakt haben wir nicht zum Spieler. Bei uns ist das eine reine Qualitätsfrage. Dann werfen wir unsere Meinungen zusammen und schauen, ob er es auf unsere Liste schafft, die wir der sportlichen Leitung vorschlagen.“ Doch genau dieses Rezept zahlt sich immer wieder aus und führte zuletzt zum Erfolg.

Dabei ist es zudem keine Überraschung, dass die Kölner vermehrt auf internationale Talente setzen. Spieler wie Kingsley Ehizibue oder Elllyes Skhiri waren vorher nur wenigen ein Begriff. Doch Kronhardt achtet vor allem auf diese Spieler. "Wir konzentrieren uns vor allem auf Spieler, die ein Stück weit unter dem Radar laufen und auf die sich nicht alle Klubs werfen. Dafür müssen wir alle Märkte kennen. Wir grenzen nichts aus. In Jedem Land gibt es immer einen Top-Mann, der für uns interessant sein könnte, selbst in eher exotischen Fußball-Ländern. Spieler aus der Premier League sind nicht bezahlbar für uns. Natürlich bekommen wir auch Vorschläge von Agenten, die wir abarbeiten."

Es herrscht also eine besondere Philosophie in Köln, die durch einige Aussagen von Kronhradt noch bestätigt werden: "Wir machen nicht alles anders als die Konkurrenz. Aber es gibt Dinge, über die spreche ich nicht." Doch sollte der FC die Kurve bekommen und eine solide Saison spielen, wird keiner an den Methoden zweifeln. Die Mischung aus Erfolgsorientierung und einer gewissen Besonderheit, macht das Scouting des 1. FC Köln also ganz speziell.