Warum sich der BVB bei Hummels an Liverpool orientiert hat
Von Guido Müller
Eine alte Fußballweisheit besagt: die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften. Mit Blick auf die vergangene Saison kann man konstatieren: Borussia Dortmund hat die Meisterschaft nicht wegen mangelnder Offensivqualitäten verspielt, sondern wegen der nicht immer ganz sattelfesten Abwehr. Mit der Verpflichtung von Mats Hummels (30) will der BVB dem in der kommenden Spielzeit entgegensteuern - und orientiert sich dabei am amtierenden Champions-League-Sieger.
Ein Aufschrei ging durch Europa und natürlich auch durch England, als der FC Liverpool im Winter 2018 den holländischen Abwehrrecken Virgil van Dijk (27) vom FC Southampton verpflichtete: für die unerhörte Summe von 84,5 Millionen Euro! Über Nacht wurde der Holländer zum teuersten Abwehrspieler aller Zeiten, und nicht wenige Experten (und die, die sich dafür halten) hegten gewisse Zweifel an der Richtig- und Zweckmäßigkeit dieses Transfers.
Heute, kaum eineinhalb Jahre später, stellt keiner mehr die Qualitäten von van Dijk in Frage - und auch der LFC wird für seine Weitsichtigkeit gerühmt. Offensive gewinnt Spiele, Defensive gewinnt Meisterschaften.
Zwar mussten die Reds den heiß ersehnten englischen Meistertitel, dem sie seit 1990 hinterherjagen, den Skyblues von Manchester City überlassen - doch mit dem Triumph in der Champions League haben Klopp und seine Männer diese Spielzeit zu einer der glorreichsten der Vereinsgeschichte werden lassen.
Holte im Mai mit Liverpool den Henkelpott: Virgil van Dijk (links Wijnaldum)
Wie die Sportbild berichtet, hat der BVB wohl genau hingeguckt, was ihr einstiger leitender Angestellter da so treibt, am Mersey River - und jetzt für einen ähnlich aufsehenerregenden Transfer innerhalb der Bundesliga gesorgt. Zwar flossen keine 84,5 Millionen, sondern "nur" 38 (inklusive aller eventuellen Boni-Zahlungen), doch auch damit hat sich die Borussia von hergebrachten Aktionsmustern verabschiedet. Jung, gut, ambitioniert - das war in den vergangenen Jahren das Beuteschema der Westfalen. Bis auf das "jung" passen alle Attribute auch auf Mats Hummels. In der Liga zwar mit ausbaufähigen Leistungsdaten (kicker-Durchschnittsnote: 3,05 in 21 Liga-Spielen), doch gerade in den internationalen Auftritten der Bayern konnte Hummels der Mannschaft mit seiner Erfahrung und Übersicht entscheidend helfen. Sein kicker-Notenschnitt in K.o.-Spielen währen seiner dreijährigen Wirkungszeit in München (2,7 in 5 Einsätzen) spricht eine klare Sprache.
Entsprechend will BVB-Manager Zorc auch gar nichts von einem Abweichen von der bisherigen Strategie wissen: "Ich mag es nicht, dogmatisch zu sein. Wir werden immer Toptalente suchen und entwickeln." Nur halt nicht ständig und ausnahmslos. Als sich die Tür für eine Hummels-Verpflichtung auftat, zögerten die Dortmunder Bosse nicht, hindurchzugehen.
Klar ist: ein Hummels in guter körperlicher Verfassung ist für jede Mannschaft (auch für die von Jogi Löw) eine Verstärkung. Ob es am Ende, wie in Liverpool, auch für Zählbares, sprich Titel, reicht, wird die Zukunft zeigen.