Ungewohnte Kommunikationsschwächen: Der FC Bayern macht sich lächerlich

facebooktwitterreddit

Seit fast einem Jahr wirkt der ​FC Bayern München ungewohnt unsouverän. Auf sportlicher Ebene feierte die Mannschaft trotz einiger Dellen zwar das Double, doch neben dem Platz leistete sich die Führungsriege inklusive Sportdirektor Hasan Salihamidzic sowohl intern als auch gegenüber den Pressevertretern einige Ausrutscher. Sei es die denkwürdige Pressekonferenz im Oktober, die ungewohnt offensive Herangehensweise bei Transfers oder der fragwürdige Umgang mit Jerome Boateng. Was ist mit den Verantwortlichen los?

Zugegeben, in der Causa Boateng bleibt auch Trainer Niko Kovac nicht unschuldig. Der Innenverteidiger wollte im vergangenen Sommer zu Paris St. Germain wechseln, doch neben dem vermeintlich unzureichenden Angebot​ aus der französischen Hauptstadt war es Kovac, der sich für Boateng einsetzte und ihn unbedingt halten wollte. Aus dem Ja-Wort wurde plötzlich ein Nein. Das Resultat: Nach schwankenden Leistungen in der Hinrunde entwickelte er sich im neuen Jahr zu Innenverteidiger Nummer drei. Boateng wirkte zunehmend lustlos, feierte die beiden Titel nicht mit seinen Mannschaftskollegen.

​Plötzlich legt ihm Präsident Uli Hoen​eß in der Öffentlichkeit einen Wechsel nahe. Boateng sei "kein Spieler für die Bank", wirke aufgrund seiner Haltung "wie ein Fremdkörper" in der Mannschaft. Zwar könne sich der 30-Jährige weiterhin einen Verbleib beim FC Bayern vorstellen - zumal Berater Christian Nerlinger entgegen Hoeneß' Aussage behauptet, keinen neuen Verein für seinen Klienten zu suchen - doch nach der Wechsel-Posse im vergangenen Jahr dürfte das Tischtuch endgültig zerschnitten sein.

Naivität auf dem Transfermarkt

Transfers sind ohnehin nicht mehr die Stärke des Rekordmeisters. Zu Jahresbeginn bekundete Sportdirektor Hasan Salihamidzic in aller Öffentlichkeit das Interesse am 18-jährigen Flügelspieler Callum Hudson-Odoi vom FC Chelsea - angekommen ist er bis heute nicht. Stattdessen wird er aufgrund der verhängten Transfersperre bei den Londonern bleiben, könnte nun sogar nach dem Abgang von Eden Hazard der Schlüsselspieler der Zukunft werden. Eine Vertragsverlängerung ist nicht ausgeschlossen, trotz Achillessehnenverletzung kämpft Salihamidzic noch immer um das Nachwuchs-Juwel der 'Blues'. 

Offensiv wie naiv ist ebenfalls die Haltung bei dem Versuch, ​Leroy Sané an die Isar zu locken. Man wisse um die Schwierigkeit des Transfers, dennoch erklärte Hoeneß unisono mit Karl-Heinz Rummenigge, dass man sich bemühen werde, den Nationalspieler zurück in die Bundesliga zu lotsen. Die Chancen seien gering, dennoch wolle man sein Glück versuchen. Warum aber verhält man sich dann nicht defensiver?

   Sportdirektor Hasan Salihamidzic soll sein Profil schärfen, scheitert allerdings an seinen rhetorischen Mängeln

Auch die Verkündung, dass Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart verpflichtet wurde, sorgte für Aufsehen. Der Grund: Laut einem Bericht der Sport Bild habe 'Brazzo' dem Ex-Sportvorstand der Schwaben, Michael Reschke, telefonisch mitgeteilt, Pavard bereits im Winter verpflichten zu wollen. Reschke habe abgelehnt, Salihamidzic daraufhin erklärt, man werde die Ausstiegsklausel aktivieren - vertraglich wurde zwischen beiden Vereinen aber noch keine Vereinbarung getroffen. 

Umso mehr sorgten die darauffolgenden Aussagen Salihamidzic', nach denen Pavard im Sommer kommen werde, für Aufsehen. ​Reschke: "Da es noch keine Transfer-Vereinbarung zwischen dem VfB Stuttgart und dem FC Bayern gibt, können wir einen Wechsel von Benjamin Pavard für den nächsten Sommer auch nicht bestätigen." Erst Mitte April, drei Monate nach der plötzlichen Bekanntgabe, absolvierte der Weltmeister den Medizincheck in München.

     Gaben zuletzt kein gutes Bild ab: Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge (v.l.)

Apropos Neuzugänge: Wie sagte Uli Hoeneß Ende Februar beim Doppelpass? "Wenn Sie wüssten, was wir alles schon sicher haben für die kommende Saison …" Doch außer den Transfers von Jann-Fiete Arp, Benjamin Pavard und Lucas Hernández, die schon zuvor kein Geheimnis waren, wurde noch kein weiterer Neuzugang vermeldet. Konkrete Pläne sind bis auf die Bemühungen um Sané nicht bekannt, der Rest bleibt Spekulation.

Grundgesetz, Widersprüche, schwammige Aussagen

Unvergessen bleibt auch die Pressekonferenz im Oktober. Nach den schwachen Leistungen der eigenen Mannschaft holte das Führungstrio Hoeneß, Rummenigge und Salihamidzic zu einer Medienschelte aus und sollte damit ein mächtiges Eigentor schießen. Hoeneß, der sich spürbar in Rage redete, attackierte Ex-Spieler Juan Bernat nachdem Rummenigge zuvor das Grundgesetz zitierte und man den Pressevertretern fast schon drohte, die angeblich "respektlose Berichterstattung" (via tagesspiegel) über den FC Bayern sein zu lassen, wolle man keine juristischen Konsequenzen zu spüren bekommen. 

Weitere Beispiele wären die merkwürdige Trainersuche vor einem Jahr, der unfaire Umgang mit Kovac oder die bestenfalls belustigenden Auftritte von Salihamidzic, dem es in Interviews regelmäßig schwerfällt, nicht um den heißen Brei herumzureden oder direkt auf den Punkt zu kommen. Seine Außendarstellung ist ebenso fragwürdig wie die von Uli Hoeneß, der seit dem vorzeitigen Ende seiner Haftstrafe einige Risse in seinem eigenen Denkmal erhielt. Teile der Fans stemmen sich gegen eine Wiederwahl des Präsidenten, der erst dann aufhören will, wenn die Nachfolge wie im Fall von Rummenigge fest geregelt ist.

Die Bayern schaden nur sich selbst

Über Jahre hat sich der FC Bayern neben dem sportlichen Erfolg ein gewisses Standing erarbeitet. Doch ob bei öffentlichen Auseinandersetzungen mit der Konkurrenz, beim Umgang mit Transfers oder internen Streitigkeiten - selten strahlte der Verein eine solche Unsouveränität aus wie in den vergangenen Monaten. Die fast schon typische Arroganz, die aus dem Anspruch, der beste Fußballklub Deutschlands zu sein, stammt, verwässert in den naiven und widersprüchlichen Aussagen, mit denen sich die Beteiligten letzten Endes nur selbst schädigen.