Bundesliga-Relegation: Was der VfB ändern muss, um in Berlin zu bestehen

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Die Ausgangslage für den VfB Stuttgart vor dem ​Relegations-Rückspiel in Berlin ist nicht die beste. Vor dem Aufeinandertreffen lohnt ein Blick auf das Hinspiel.

​Nach dem enttäuschenden Remis in der Mercedes-Benz-Arena verdichten sich die Zeichen auf einen erneuten Bundesliga-Abstieg des ​VfB Stuttgart. Noch vor der Partie attestierte Interimscoach Nico Willig seiner Mannschaft den nötigen Kampfgeist und unbändigen Willen. Dieser war zunächst auch zu spüren: Gerade Anastasios Donis lieferte in der Offensive eine grandiose erste Hälfte ab und gipfelte diese mit einer Torvorlage, die seines Gleichen sucht.

Doch die eiserne Antwort ließ gleich zweimal nicht lange auf sich warten und so blieben am Ende eben doch wieder nur lange Gesichter auf Seiten der Stuttgarter. Einmal mehr blieb den Fans und Verantwortlichen nichts anderes übrig, als einzuräumen, dass man vor allem wegen Torwart Ron-Robert Zieler überhaupt noch im Rennen sei. Doch warum tat man sich gegen den Zweitligisten im heimischen Stadion überhaupt so schwer? Eine Analyse:

Stellungsfehler im Abwehrverhalten

Um ehrlich zu sein, überraschte Nico Willig die Beteiligten schon etwas, als auf der linken Abwehrseite der erfahrene Emiliano Insua auflief und nicht der in den letzten Wochen aufstrebende Borna Sosa. Denn wie zu erwarten, fiel Insua mehr durch sein leidenschaftliches und kampforientiertes Spiel auf, als durch konzentriertes und souveränes Abwehrverhalten. Wie so oft schaltete er sich löblich in die Stuttgarter Offensive ein und versuchte mit seinen Flanken für Furore zu sorgen. Leider vergebens.

Anstatt dessen vernachlässigte er einmal mehr die Defensive, wodurch auch Abdullahis Ausgleichstreffer auf seine und Marc-Oliver Kempfs Kappe ging. Auch dieser stand bei beiden Toren zu weit weg vom Gegner und fand keinen Weg, den Berliner Angriff ruhigzustellen. In Kopfballduellen zeigte er sich zudem nicht durchschlagkräftig genug, weshalb zum einen Manuel Friedrich erneut ausgleichen konnte und zum anderen Kempfs und Insuas Personalien im heutigen Rückspiel überdacht werden sollten.

Kontrolle und Abgeklärtheit

Der Großteil der Stuttgarter Mannschaft befindet sich mit den Relegationsspielen zum ersten Mal in einer derartigen sportlichen Ausnahmesituation, in welcher man den berühmten „Alles-oder-Nichts-Charakter“ verspürt. Gerade für die jungen Wilden ist dies also eine neue, zusätzliche Drucksituation, mit welcher klarzukommen kein leichtes Unterfangen ist.

Anmerken lassen sollte man sich dies dennoch nicht, denn schlussendlich wird im Profifußball nichts schneller ausgenutzt als Unsicherheit. Dem ist nun allerdings der junge Ozan Kabak zum Opfer gefallen, der sonst durch mutige und unkonventionelle Aktionen aufgefallen ist. Gegen Eisern Union wirkte er im Zweikampfverhalten oft fahrig und konnte wichtige Bälle nicht entscheidend klären. Gerade zum Ende der Partie schlug er beispielsweise bei einer brenzligen Situation ein Luftloch und konnte sich dann schlussendlich bei Keeper Zieler bedanken, nicht für ein weiteres Gegentor verantwortlich zu sein.

Doch auch Weltmeister Pavard und der später ausgewechselte Daniel Didavi wirkten im Spiel gegen den Ball oft unsicher und ließen die gewünschte gallige Spielweise zuhauf vermissen. Pavard wirkte in seinem letzten Heimspiel mit dem Ball als Stabilisator, konnte im Zweikampfverhalten dennoch nicht überzeugen und musste sich so mit weniger Applaus als gewünscht aus der Mercedes-Benz-Arena verabschieden.

Schlüsselpässe und Torabschlüsse

Gerade zwischenzeitlich aussortierte Gonzalo Castro zeigte in den vergangenen Wochen wichtige, mannschaftsdienliche Leistungen im VfB-Dress. So auch am vergangenen Donnerstag, als er laufbereit und zweikampfbereit Bälle zurückholte, festmachte und oft auch erfolgreich weiterspielte.

Bälle in die Tiefe blieben allerdings sowohl bei ihm, als auch bei seinen Kollegen Mangelware, weswegen die beiden Tore folglich eher den herausragenden Soli von Mario Gomez und Anastasios Donis geschuldet waren. Auch Daniel Didavi, zu dessen Spezialitäten gerade die vertikalen Pässe gehören, konnte diese nicht an den Mann bringen und ließ so im Spiel kaum seine Fähigkeiten aufblitzen, weshalb ein Einsatz im Rückspiel als fraglich erscheint.

Doch auch wenn Bälle an den Mann kamen und die Spieler vor dem Tor den Ball behaupten konnten, versagten die schwäbischen Nerven im Abschluss einmal mehr. Der seit Saisonbeginn vom Unglück verfolgte Nicolas Gonzalez traf den Ball gleich zweimal nicht voll und verzog kläglich. Auch Christian Gentner versuchte viel nach vorne, blieb allerdings abgesehen von seinem Tor, unter seinen Möglichkeiten im Abschluss. Selbst Mario Gomez konnte sich bei seinem Treffer auch beim Berliner Marvin Friedrich bedanken, welcher den Ball letztlich unhaltbar abfälschte. Das entscheidende Quäntchen Glück blieb den Stuttgartern somit leider wieder einmal verwehrt.

Was den Schwaben Mut machen kann

Die Rolle des Gonzalo Castro wird im Rückspiel für die Stuttgarter entscheidend sein. So könnte es sogar sein, dass er nach der Rückkehr des gesperrten Ascacibars auf die Zehnerposition rutscht um seine Qualitäten in der Übersicht mehr zum Zug zu bringen. Darüber hinaus können die Schwaben neben dem zuletzt starken Anastasios Donis wohl auch wieder auf Verletzungs-Rückkehrer Steven Zuber bauen, der im Hinspiel noch nicht wirklich fit war.

Was den Stuttgartern allerdings sicher sein kann, ist, dass auch im Auswärtsspiel unter der Woche sich erneut außerordentlich viele Fans im roten Brustring auf den Weg nach Berlin machen werden, um die Mannschaft in der Alten Försterei zum Sieg zu peitschen. Denn egal in welche Liga der Weg der Schwaben letztlich gehen wird: Die „Signalspieler auf der Tribüne“ werden ihn mitgehen.