Warum der FC Bayern dem BVB perfekt in die Karten spielte
Von Stefan Janssen
Der FC Bayern München zeigte im Topspiel bei Borussia Dortmund eine gute Leistung, Trainer Niko Kovac sprach sogar von der besten Leistung seit dem Auswärtssieg auf Schalke. Dennoch reichte es nicht zum Sieg - weil die Bayern dem BVB erlaubten, seine Stärken auszuspielen.
In der ersten Halbzeit des Topspiels war es offenbar ein extrem dominanter Auftritt des FC Bayern München. Der Rekordmeister hatte weit mehr als 60 % Ballbesitz und die klare Dominanz im Mittelfeld. Lucien Favres Idee, mit Julian Weigl neben Axel Witsel zu starten, erwies sich als Fehler, wie der Schweizer nach dem Spiel ehrlich zugab. Die Münchener setzten die Abwehrreihe des BVB ständig unter Druck und führten zur Pause durch einen Treffer von Robert Lewandowski folgerichtig mit 1:0.
Doch auch schon in den ersten 45 Minuten war offenkundig, wie die Dortmunder die Bayern würden schlagen können: mit schnellen Kontern. In der Anfangsphase gelang es dem BVB, das Pressing der Bayern zu nutzen und teilweise in Überzahl die Mittellinie zu überqueren, meistens wurden diese Konter aber nicht gut ausgespielt und vergeben. Einmal jedoch klappte es und so hätten die Hausherren früh in Führung gehen können: Marco Reus tauchte nach zehn Minuten frei vor Manuel Neuer auf, scheiterte mit seinem Flachschuss aber am Nationaltorhüter.
Mit zunehmender Dauer aber wurde die Überlegenheit der Bayern doch immer größer und so handelte Lucien Favre in der Halbzeit, indem er Mahmoud Dahoud für Julian Weigl einwechselte. Zudem versicherte er seiner Mannschaft, dass der FCB dieses Tempo nicht über 90 Minuten gehen könnte - der BVB aber schon. Die Mannschaft hat bereits in einigen Spielen in der laufenden Saison gezeigt, dass in der Halbzeitpause die richtigen Anpassungen vorgenommen werden und sie im zweiten Durchgang deutlich besser ist.
Wie intensiv die Partie war, wird mit einem Blick auf die Sprint-Statistik deutlich: Die Bayern zogen im ersten Durchgang 136 schnelle Läufe an (Bundesliga-Normalwert sind knapp über 100). Selbst nach der Pause lag der Rekordmeister mit 124 Sprint klar über diesem Wert. Dass das dennoch die Paradedisziplin des BVB ist, zeigte der Kapitän eindrucksvoll: Marco Reus zog 41 Sprints an und lief insgesamt 12,5 Kilometer - jeweils Höchstwert aller Spieler auf dem Platz. Der FC Bayern wollte also das BVB-Tempo mitgehen. Spätestens in den zweiten 45 Minuten spielte das dem BVB in die Karten.
Das lag auch an der Einwechslung von Dahoud, der offensiv stärker ist als der ebenfalls auf der Bank sitzende Delaney und deutlich häufiger als Weigl den (risikoreichen) Pass in die Tiefe sucht. Der 22-Jährige brachte mehr Dynamik ins Mittelfeld des BVB, der nun selbst offensiver agierte und zum Ausgleich kam. Auch das zwischenzeitliche 1:2 konnte nichts daran ändern, dass die Dortmunder im zweiten Durchgang klar überlegen waren und dem FC Bayern nur noch wenig einfiel. Mit Paco Alcacer wechselte Favre dann seinen Edeljoker ein. Alcacer und Marco Reus vergaben erst noch zwei hundertprozentige Chancen, ehe Reus schließlich sehenswert das 2:2 erzielte.
Der Siegtreffer des eingewechselten Alcacer war dann wieder ein Sinnbild für die Stärken des BVB, die der FC Bayern nicht in den Griff bekam: Ballgewinn tief in der eigenen Hälfte und mit nur ganz wenigen Stationen wurden die sich bietenden Räume der Bayern ausgenutzt, sodass der Spanier alleine auf Manuel Neuer zu lief. Alcacer blieb vor dem wie üblich lange stehen bleibenden Bayern-Torwart ganz cool und wartete mit seinem Abschluss ebenso lange.
Doch auch nach dem Rückstand konnte der FC Bayern nicht mehr zur Überlegenheit aus der ersten Hälfte zurückfinden und war offensiv relativ harmlos. Nach dem Seitenwechsel stand es nach Torschüssen 10:3 für den BVB, nachdem die Dortmunder vor der Pause lediglich einen einzigen Torschuss abgegeben hatten. Die Schwarz-Gelben haben wieder einmal ihre Stärke in der zweiten Halbzeit bewiesen, das Team von Niko Kovac hatte darauf keine Antwort und so gewann die Borussia letztlich verdient mit 3:2.